Zwei Hofzwerge aus dem Königtum Benin, Nigeria, im Weltmuseum Wien

Kolonial-Kunst in Österreich: Ministerium stellt Experten-Gremium zusammen

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Während weltweit tausende Kunstgegenstände aus dem Königreich Benin derzeit an Nigeria zurückgegeben werden, geht man in Österreich einen anderen Weg. Das Ministerium bereitet gerade die Einsetzung eines Experten-Gremiums vor, um konkrete Empfehlungen zu erarbeiten.

Museen in Deutschland stehen an der Schwelle zu einem neuen Umgang mit Raubgut und Kulturobjekten aus kolonialer Vergangenheit, wie Verantwortiche in den Häusern und politische Entscheidungsträger deutlich machten. Im Zentrum steht zunächst die für 2022 geplante Rückübertragung der Eigentumsrechte an den berühmten Benin-Bronzen. Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth will alle deutschen Museen mit solchen Objekten im Jänner zusammenbringen.

Etwa 1.100 der kunstvollen Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897. Ziel der Bundesregierung sind substanzielle Rückgaben in diesem Jahr, zunächst aus den fünf größten Beständen.

Österreichs Politik "sollte das in Angriff nehmen"

Auch im Weltmuseum Wien gibt es umfangreiche Benin-Bestände. "Es ist eine allgemeine europäische Diskussion, man sollte sich in Österreich da nicht zurücklehnen. Ich glaube, die Politik sollte das in Angriff nehmen und die Chance nutzen, eine österreichische Position zu entwickeln und die Diskussion darüber anzuregen", hatte der neue Museumsdirektor Jonathan Fine bekräftigt. 

Ministerium: Experten-Gremium wird zusammengestellt

Im Kulturministerium arbeitet man laut PULS 24 Anfrage bereits daran. Man bereite die Einsetzung eines Gremiums mit hochkarätigen Experten und Expertinnen vor. Dabei wolle man eng mit dem Weltmuseums-Direktor zusammenarbeiten. Fine steht seit 1. Juni dem Haus vor, ist Kunst- und Kulturhistoriker, hat in Princeton promoviert und studierte in Chicago, Cambridge und in Yale. Er war Sammlungsleiter des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Kunst aus Afrika und Provenienzforschung, vor allem zu Kamerun und Benin. 

Noch vor Ende Jänner will man im Ministerium die bestellten Experten bekanntgeben. Bis dahin soll auch ihr exakter Auftrag definiert werden. Es ist vorgesehen, dass das Gremium etwa ein Jahr lang "konkrete Empfehlungen zum Umgang mit Objekten und Artefakten aus kolonialen Erwerbskontexten" erarbeitet. 

Frankreich: 26 von rund 90.000 Objekten zurückgegeben

Frankreich hat 26 Objekte, darunter hölzerne Statuen, mit Schnitzereien verzierte Thronsitze, Palasttore mit Reliefs und religiöse Gegenstände, die französische Kolonialsoldaten Ende des 19. Jahrhundert bei der Eroberung des Königreichs Dahomey gestohlen hatten, bereits im November nach Benin ausgeflogen. Nach der Ankunft in Cotonou wurden die drei Lkws, von einer Pferde-Eskorte begleitet, in den Präsidentenpalast gebracht.

Ankunft in Benin: Menschen warfen sich vor Heiligtümern zu Boden

Auf den Straßen drängten sich deshalb Hunderte Menschen, die aus dem ganzen Land angereist waren, um einen Blick auf die teilweise als heilig geltenden Kulturgüter zu erhaschen. Einige Menschen warfen sich zu Boden, andere waren zu Tränen gerührt und kreuzten ihre Hände als Zeichen des Respekts. "Ich bin erschüttert von den Emotionen", sagte auch der sichtlich gerührte Präsident Patrice Talon. "Dies ist das Symbol für die Rückkehr unserer Seele, unserer Identität nach Benin."

In französischen Museen befinden sich etwa 90.000 Kunstgegenstände aus afrikanischen Ländern. Viele von ihnen wurden während der Kolonialzeit entwendet. Nach Schätzungen von Experten befinden sich bis zu 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes außerhalb des Kontinents. Sechs afrikanische Länder haben seit 2019 Rückgabeforderungen an Frankreich gestellt.

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  • Während weltweit tausende Kunstgegenstände aus dem Königreich Benin derzeit an Nigeria zurückgegeben werden, geht man in Österreich einen anderen Weg. Das Ministerium bereitet gerade die Einsetzung eines Experten-Gremiums vor, um konkrete Empfehlungen zu erarbeiten.

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