Nehammer: Sozial kalter Kanzler "bin ich nicht" 

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Armutsgefährdete Österreicher:innen und vor allem Kinder waren ein zentrales Thema beim PULS 24 Bürgerforum mit Bundeskanzler Karl Nehammer. Eine Vierfachmutter fiel dem Kanzler dabei mehrmals vehement ins Wort. Ihr fehlt bei Nehammer soziale Verantwortung, er sah hingegen "ideologische Unterschiede".

Das Video des Kanzlers, der erklärt "A Hamburger bei McDonald's" sei die billigste Mahlzeit in Österreich, auch wenn sie nicht gesund sei, schlug hohe Wellen. Anna Schiff, vierfache Mutter aus Wien, empfindet das Video als "Hohn", wenn Nehammer sage "die Leute sollen mehr arbeiten gehen, wenn sie mehr Geld wollen". Der Vater dreier ihrer vier Kinder sei tot, sie könne nicht mehr als 20 Stunden arbeiten, das gehe sich nicht aus. 

Habe "Gegenteil von dem gesagt"

"Ich habe genau das Gegenteil von dem gesagt", rechtfertigt sich der Kanzler. Er habe größten Respekt vor Alleinerziehenden. "Worum es mir gegangen ist, dass, wenn Frauen oder Männer sich freiwillig für die Teilzeit entscheiden, nachher sich nicht beklagen können, dass zu wenig Geld da ist", denn "der Staat kann nicht alles richten". Das treffe auch auf Pensionen zu, aber "Kindererziehungszeiten werden ja dementsprechend angerechnet."

Er wolle Kindererziehungszeiten ausweiten. Das ließ die Wienerin nicht gelten und unterbrach: "Ihre Partei und der Herr Kurz, die haben die Kinderbetreuung gestoppt." Sie wolle einen Bundeskanzler, "der wirklich soziale Verantwortung übernimmt". Zu sagen "das billigste ist a Burger", sei kein Zeichen von sozialer Verantwortung.

Nehammer sieht zwischen sich und der Wienerin große ideologische Unterschiede. "Wir sind auch finanziell weit auseinander", kontert die vierfache Mutter. Er sei als Bundeskanzler nicht geboren, erklärt Nehammer. Auch er und seine Frau hätten in der Vergangenheit "Kuverts vorbereitet, wie wir die Lebenserhaltungskosten teilen".

ÖVP und die Kindergarten-Milliarde

Nehammer sieht in der Diskussion "viel Polemik und sehr viel Instrumentalisierung". Die Volkspartei habe die Kindergarten-Milliarde – auf die die Frau anspielte – nicht blockiert. Das werde nur behauptet. Man sei dabei, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Leise Reue für den Burger-Sager

Zum Burger-Sager meinte der Kanzler, es sei ein Unterschied, "ob man am Fußballplatz miteinander redet oder ob man am Elternabend für seine Kinder auftritt. So ist es auch bei mir." Er habe vor "einer kleinen Funktionärs-Runde" gesprochen. "Ich hätte ein besseres Beispiel finden können als den Burger, selbstverständlich."

Sozial kalter Bundeskanzler "bin ich nicht" 

"Das Video wurde bewusst herausgespielt, betonte der Bundeskanzler. Es habe abgelenkt vom SORA-Skandal der SPÖ, die Freiheitlichen haben sich auch noch gefreut, weil ihre Taliban-Reise verschwunden ist", aber tatsächlich sei es darum gegangen "in einem kleinen Kreis leidenschaftlich zu diskutieren". Es sei das Bild "eines sozial kalten Bundeskanzlers" gezeichnet worden. "Das bin ich nicht." Nehammer sieht sich als "christlich-sozialer Politiker", es sei aber Aufgabe der Eltern für ihre Kinder zu sorgen. Eigenverantwortlichkeit sei ein Kernprinzip der Demokratie.

Staat muss Kindern helfen "nicht die Caritas"

"Armut und soziales Leid ist immer individuell", meint der Kanzler. "Nein, ist es nicht", fiel ihm das Anna Schiff erneut ins Wort.  "Der Staat ist dafür verantwortlich, die Ärmsten zu schützen und zu unterstützen", ist sie komplett anderer Meinung. 350.000 armutsgefährdete Kinder habe es in Österreich bereits vor zwei Jahren gegeben, "das ist jetzt deutlich höher". Der Staat habe die Verpflichtung, die Kinder zu unterstützen "nicht die Caritas".

"Österreich ist eines der Länder, das am meisten Verantwortung übernimmt", widersprach der Kanzler. Frau Schiff habe "eine andere politische Einstellung" als er, aber "man kann das Land nicht schlechtreden, für das, was es tut". Sie beharrte: Es gehe ihr nicht um politische Einstellung, sondern um Verantwortung.  

ribbon Zusammenfassung
  • Armutsgefährdete Österreicher:innen und vor allem Kinder waren ein zentrales Thema beim PULS 24 Bürgerforum mit Bundeskanzler Karl Nehammer.
  • Eine Vierfachmutter fiel dem Kanzler dabei mehrmals vehement ins Wort.
  • Ihr fehlt bei Nehammer soziale Verantwortung, er sah hingegen "ideologische Unterschiede" und versuchte das Burger-Video auf mehrere Arten zu relativieren.