Fahndungsfotos von Jan MarsalekAPA

Jan Marsalek war Chef von russischer Spionagezelle im BVT

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Eine internationale Recherche deckte neue Details zum flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek auf. Der Verdacht: Marsalek spionierte für Russland und half mit, den österreichischen Geheimdienst auszuhöhlen.

Zum flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek wurden neue Details bekannt. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der internationalen Recherche von "Standard", "Spiegel" und weiteren Medien:

  1. Der russische Geheimdienst gab Marsalek 2020 die Identität eines russischen Priesters
  2. Laut österreichischem Geheimdienst richtete Marsalek mit zwei Ex-BVT-Beamten eine "nachrichtendienstliche Zelle" für Russland ein
  3. Marsalek soll über eine russische Beraterin zum russischen Militärgeheimdienst GRU gekommen sein

Das BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) wurde 2021 nach einer Reihe von Skandalen umbenannt und umstrukturiert. 

Zelle im BVT?

Jan Marsaleks Connection zu russischen Geheimdiensten habe 2013 begonnen, schreibt "Der Standard", der der gemeinsam mit "Spiegel", ZDF und "The Insider" recherchiert hat.

Das damalige Vorstandsmitglied von Wirecard habe seinerzeit in Russland über einen Deal mit dem Verkehrsbetrieb der Moskauer Metro verhandelt und ein russischer Geschäftsmann habe ihm als Unterstützerin eine junge Frau mit bewegter Vergangenheit sowie angeblich gutem Draht zur Verwaltung der russischen Hauptstadt vermittelt.

Natalja S. soll zuvor in einem "Sexfilm" eine Agentin gespielt haben, die Opfer mit Nervengas tötete. Gemeinsam mit S. sei Marsalek dann auch 2013 nach Tschetschenien gereist, um Verwandte des dortigen Potentaten Ramsan Kadyrow zu treffen. Möglich wurden diese Recherchen laut APA-Informationen, insbesondere durch ein großes Leak russischer Flugdaten.

Video: Im Juli 2023 hatte sich Marsalek gemeldet

Kooperation mit russischem Militärgeheimdienst

2014 habe Marsalek schließlich bei den Feiern zum 30. Geburtstag von S. in Nizza einen Ex-Elitesoldaten namens Stanislaw P. getroffen, der Marsalek an den russischen Militärgemeindienst GRU übergeben habe.

Nach Marsaleks Flucht in den Osten im Sommer 2020 habe Natalija S. dann im Herbst 2020 mit einem russisch-orthodoxen Priester, der Marsalek "verblüffend ähnlich" sehe, in einem Wellnesshotel auf der von Russland okkupierten Krim geurlaubt. Der Ex-Bankier soll anschließend zudem einen Spionagering geleitet haben, der mutmaßlich sogar Entführungen bis hin zu Attentaten in Europa geplant habe, schreibt die Zeitung.

Problem-Geheimdienst

Bisher unbekannt war aber auch, dass österreichische Ermittler zwei ehemalige BVT-Beamte mittlerweile einer "Zelle" zuordnen, die im Auftrag von Marsalek Geheimnisse nach außen getragen und den eigenen Arbeitgeber sabotiert haben sollen. Nachrichtendienstliche Informationen des BVT sowie jene von westlichen Partnerdiensten seien derart am Tisch des Bankiers gelandet, heißt es im Bericht. Beide Ex-Beamte haben in der Vergangenheit diesbezügliche Vorwürfe abstreiten lassen.

Die Verbindung von Marsalek zum russischen Geheimdiensten ist nicht neu: Verschiedene Medien haben bereits 2023 über Marsaleks Verbindungen zu den russischen Geheimdiensten berichtet.

Hauptverdächtiger im Wirecard-Skandal

Marsalek war früher Vertriebsvorstand des Finanzdienstleisters Wirecard, ist seit Längerem abgetaucht und wird in Russland vermutet. Er gilt als Hauptverdächtiger im Wirecard-Skandal.

Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen. Marsalek hatte sich daraufhin ins Ausland abgesetzt, als sich der Kollaps des Konzerns abzeichnete. Vorgeworfen wird ihm Bilanz-Fälschung - so sollen für den rasanten Aufstieg von Wirecard zum DAX-Wunderkonzern zwei Milliarden Euro erfunden worden sein.

ribbon Zusammenfassung
  • Der russische Geheimdienst gab Marsalek 2020 die Identität eines russischen Priester
  • Laut österreichischem Geheimdienst richtete Marsalek mit zwei Ex-BVT-Beamten eine "nachrichtendienstliche Zelle" für Russland ein
  • Marsalek soll über eine russische Beraterin zum russischen Militärgeheimdienst GRU gekommen sein