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Kickl will Kanzler: Bin der einzige "Normalo"

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Der FPÖ-Parteichef will der einzige "Normalo" sein. Beim Neujahrstreffen bei Graz schwor er seine Fans ein - es sei entscheidend, dass diese - seine - Normalität ins Bundeskanzleramt einziehe. Darauf folgte ein Rundumschlag gegen alle anderen, die "Systemparteien", von denen "Niederträchtigkeiten" zu erwarten seien.

Die Freiheitlichen sind am Samstagvormittag mit dem Neujahrstreffen vor 2.000 Menschen in der Schwarzlhalle in Premstätten bei Graz ins Superwahljahr 2024 gestartet. Das hörte man auch bei der Rede von Parteichef Herbert Kickl. Er wetterte in einem Rundumschlag gegen die üblichen Verdächtigen: alle anderen Parteien, die Medien, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Maßnahmen gegen den Klimawandel. Nach wie vor ein Thema: Die Corona-Maßnahmen. Diese letzte Kritik scheint zwar aus der Zeit gefallen, brachte der FPÖ aber schon in der Vergangenheit viele neue Stimmen. 

"Bewahrer der Demokratie" aus Hilflosigkeit

Kickl inszenierte sich als "Bewahrer der Demokratie". Das sei eine Strategie aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus, sagt "Standard"-Innenpolitik-Redakeurin Katharina Mittelstaedt im PULS 24 Interview. Diese Strategie müsse er fahren, weil die FPÖ einerseits in allen Umfragen vorne liege, keiner aber mit Kickl koalieren wolle. 

Mittelstaedt: Kickl "Bewahrer der Demokratie" aus Hilflosigkeit

Bei PULS 24 Anchorwoman Marie Sievers spricht Katharina Mittelstaedt, Innenpolitik-Journalistin bei "Der Standard" über die Rede Kickls.

"Toleranter" als alle anderen

Kickl sieht seine Partei "fit, austrainiert und bereit, den entscheidenden Schlag zu führen", peitschte er die jubelnde Menge ein. "Ich bin viel, viel toleranter", sagte er über sich selbst, als die politischen Gegner. Er sei sogar bereit, Wahlergebnisse anzuerkennen. Er, Kickl, sei der "einzige Normalo" und es sei "entscheidend, dass diese Normalität ins Bundeskanzleramt einzieht"

Man werde den Stier bei den Hörnern packen und zu Boden ringen, in Innsbruck, Salzburg, in Vorarlberg und der Steiermark, im Bund und bei den EU-Wahlen. In den Geschichtsbüchern werde einmal stehen, das "Abstreifen der Ketten" habe am 13. Jänner in Graz in der Schwarzlhalle begonnen.

"Erlösung" a la Kickl

Der Wahnsinn habe bald ein Ende, versprach Kickl. "Die Erlösung ist nahe." In Bezug auf die EU heiße das Zauberwort Veto - Veto gegen Umverteilung von Flüchtlingen und gegen Milliarden Euro für die Ukraine und Veto gegen Russland-Sanktionen.

Was sich FPÖ-Fans erhoffen: "Österreichern Österreich zurückgeben"

Beim FPÖ-Neujahrstreffen fragte PULS 24 die Anwesenden, was sie sich von der FPÖ erwarten.

"Mitte der Gesellschaft"

"Im Denken derer, die es nicht gut mit euch meinen", sprich, der anderen Parteien, sei alles, was ihnen nicht ins Konzept passe "rechts". Dann sorgte er mit einer bunten Mischung an Aufzählungen für Zwischenapplaus. "Kurzhaarfrisuren bei Burschen" und Mädels seien rechts, genau wie Menschen, die einen Griller im Garten haben, ungezogene Kinder, Familien mit Vater und Mutter, der Radetzkymarsch, der Wunsch in den Urlaub zu fahren oder etwa Bauern in Deutschland.

Mittelstaedt: Kickl als großer Demokrat "skurril"

"Lasst euch von niemandem einreden, dass wir rechtsradikal sind", konterte Kickl der immer wiederkehrenden Kritik an der FPÖ. Stattdessen sei man "die Mitte der Gesellschaft". Damit versuche er darüber hinwegzutäuschen, dass "die Bedenken, die es gibt, ganz andere sind", sagt die "Standard"-Politikexpertin. Das Problem sei nicht, dass er oder die FPÖ rechts seien, sondern das Demokratieverständnis von Partei und Parteichef. Kickl bezeichnet Viktor Orbán, der die Demokratie in Ungarn aushöhlte als großes Vorbild. Deshalb sei es besonders skurril, dass sich Kickl nun als "großer Demokrat aufspielen möchte".

Nehammer "dead man walking"

Bundeskanzler Nehammer wurde in der Rede zum "dead man walking im Bundeskanzleramt" und zum "Systemkanzler". Man brauche stattdessen einen "Volkskanzler". Bei seinem Einmarsch hatte er sich zuvor schon als "zukünftiger Volkskanzler" ankündigen lassen. Die anderen Parteien wollten nur "alles verhindern". Sie sollten sich trauen, gemeinsam als "Liste Volksverrat" anzutreten. Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger seien "ein Swingerklub der Machtlüsternen", wurde Kickl beleidigend. 

Auftakt zum Superwahljahr: ÖVP versus FPÖ

Andere Parteien wie Signa

Der "Zusammenschluss der anderen Parteien" sei auf politischer Ebene, was auf wirtschaftlicher Ebene "Signa heißt", setzte Kickl den politischen Mitbewerber mit der Pleite von René Benkos Konzern gleich. "Bei Signa sind die Steuerzahler die Blöden und die Arbeiter, die jetzt ihren Job verloren haben." Auch die Diskussion um den Ausschluss des Ex-SPÖ-Parteichefs kam zur Sprache. Gusenbauer sei "die dicke, rote Spinne" im Netz von René Benko.

"Kaiser" Van der Bellen 

"Bundespräsident Alexander Van der Bellen residiert zwar in der Hofburg, aber er ist kein Kaiser", kam auch ein Hieb gegen den Präsidenten. Man sei keine "schwache angeschlagene Partei nach Ibiza" mehr, sondern "mutig, tapfer und mit der Bereitschaft, sich mit den Mächtigen anzulegen". 

Dauerbrenner Corona

Man sei eine "Freiheitsbewegung", feierte Kickl die FPÖ und brachte auch wieder die schon lange abgeschafften Corona-Maßnahmen zur Sprache. Er habe "eine lange Fahndungsliste der Verantwortungsflüchtigen, Nehammer, Rauch, Edtstadler, Kogler, Schallenberg ...". Beim Thema "Remigration" bekämen alle "Schnappatmung", aber bei Corona wurden laut Kickl "Millionen Menschen zu Unerwünschten im eigenen Land erklärt".

Klimawandel: "Welt wird nicht untergehen"

Die eine oder andere Art werde vielleicht aussterben, eventuell "die Grünen im Parlament", fand Kickl einen Zugang zum Klimawandel, für den er tobenden Applaus erntete, der der Wissenschaft aber widerspricht.

Gleich zu Beginn wetterte Kickl auch, wie schon oft in der Vergangenheit, gegen "Systemmedien", die die "Herz-Lungen-Maschine des politischen Status Quo" seien und "aus der Zeit gefallen".

Grosz: Parteien werden mit FPÖ koalieren

Gerald Grosz, Ex-BZÖ-Politiker und Polit-Blogger rechnet beim FPÖ-Neujahrstreffen mit einem "Erfolgsjahr 2024" für die Blauen. Die Regierung sei gescheitert, die FPÖ stark. 

Den Auftakt bei Graz machte der frisch gekürte Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky. Danach war der Spitzenmann für die steirische Landtagswahl im Herbst, Mario Kunasek, dran, der die schwarz-rote Landesregierung attackierte.

Für Aufregung sorgten Bottons für Journalisten. An die Journalisten waren nämlich eine eigenen Presse-ID-Schildchen ausgegeben worden, sondern Buttons mit einem gezeichneten Bild von Kickl und der Aufschrift "Volkskanzler" und einem blauen Punkt.

ribbon Zusammenfassung
  • Der FPÖ-Parteichef sei der einzige "Normalo", schwor er seine Fans ein. Es sei entscheidend, dass diese Normalität ins Bundeskanzleramt einzieht.
  • Darauf folgte ein Rundumschlag gegen "Systemparteien", Corona-Maßnahmen, Van der Bellen, die Medien und Klimawandel-Maßnahmen.
  • Aber: "Die Erlösung ist nahe", versprach Kickl, der sich als "zukünftiger Volkskanzler" ankündigen ließ.