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Heikle Chats

Abberufener Botschafter: Handy wurde ausspioniert

Heute, 09:14 · Lesedauer 3 min

Das Bekanntwerden von anstößigen Blogeinträgen eines österreichischen Botschafters hat ein weiteres Nachspiel. Dem "Standard" sollen Chats des mittlerweile abberufenen Ständigen Vertreters vorliegen, in denen er heikle Informationen preisgibt. Offenbar wurde sein Handy ausspioniert. Die Causa sorgt für Sicherheitsbedenken.

Ein EU-Botschafter fantasierte in Blogbeiträgen von sexueller Gewalt und verließ nach Bekanntwerden seinen Posten. Nun überprüfe das Außenministerium die Vorwürfe gegen den Botschafter, schreibt der "Standard" unter Verweis auf eine Sprecherin von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS).

Während das Außenministerium offiziell nur wenige Details zu dem Vorfall preisgibt, soll es im Hintergrund brodeln. Meinl-Reisinger selbst sei "entsetzt gewesen", so der "Standard".

Die Affäre war durch einen Bericht der Plattform "Fass ohne Boden" - diese wird vom früheren FPÖ-Berater Alexander Surowiec betrieben - bekanntgeworden. Sie berichtete über Blogeinträge des Botschafters unter dem Pseudonym "Caro", bei denen es sich um explizite Darstellungen von SM-Fantasien über sexuellen Übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen handelte.

Blog offenbar schon länger bekannt

Schon vor einem Jahr soll der Blog an die Whistleblower-Plattform des Beamtenministeriums gemeldet worden sein, das damals von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) geleitet wurde. Ob damals eine Überprüfung stattfand, sei unbekannt. Kogler gab gegenüber dem "Standard" an, er habe davon keine Kenntnis.

Demnach dürften mehrere Mitarbeiter:innen des Ministeriums jedenfalls schon länger von entsprechenden Hinweisen zu dem Blog gewusst haben. Konsequenzen habe es aber keine gegeben. Auch davon sei Meinl-Reisinger schockiert gewesen.

Smartphone ausspioniert

Der Fall rückt aber auch Sicherheitsbedenken in den Vordergrund. So berichtet der "Standard", dass das Handy des Botschafters in Brüssel ausspioniert worden sei. Der Zeitung liegen demnach Chats des Ständigen Vertreters vor, die mehrere Jahre umspannen. 

Sie stünden zwar nicht im Zusammenhang mit dem Blog, würden aber die Frage aufwerfen, ob Hacker oder andere unbefugte Personen Zugriff auf die Nachrichten und Fotos hätten. In einer Bildergalerie würden sich etwa "sehr private Aufnahmen" befinden, so der "Standard".

In den Chats gehe es u.a. um organisatorische Einträge, wie die Vereinbarung eines Abendessens in Brüssel von Ex-Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) mit Mitarbeiter:innen der Ständigen Vertretung. Auch sei dem Botschafter 2020 der Posten des Bürochefs von der damaligen Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (SPÖ) angeboten worden, den er aber ausschlug.

Sicherheitsbedenken

Brisant sei die abgefangene Kommunikation, weil ein EU-Botschafter im Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel zu den hochrangigen Diplomatenkreisen zählt. Als solcher würde er in diesem Gremium heikle und geheime Informationen rund um Europapolitik, aber auch zur Vorbereitung der Treffen von Staats- und Regierungschefs erfahren.

Laut Informationen des "Standards" gibt es in den Chats auch heikle Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.

Das Außenministerium wolle nun erstmal das Ergebnis der Überprüfung abwarten.

Video: Geheime Chats überwachen? Experte erklärt die Probleme

Zusammenfassung
  • Das Bekanntwerden von anstößigen Blogeinträgen eines österreichischen Botschafters hat ein weiteres Nachspiel.
  • Dem "Standard" sollen Chats des mittlerweile abberufenen Ständigen Vertreters vorliegen, in denen er heikle Informationen preisgibt.
  • Offenbar wurde sein Handy ausspioniert. Die Causa sorgt für Sicherheitsbedenken.