Gartlehner: Öffnung im Burgenland "leichtsinnig und populistisch"

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Epidemiologe Gerald Gartlehner widerspricht praktisch jedem Argument, das Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für die Öffnung des Bundeslandes vorbrachte. Es gebe "keine wissenschaftliche Rechtfertigung" dafür und würde auf Kosten der Burgenländer passieren.

Gerald Gartlehner ist Epidemiologe an der Donau-Uni Krems. Im PULS 24 Interview mit Thomas Mohr im Newsroom LIVE lässt er an den Lockdown-Lockerungen im Burgenland, die am Montag in Kraft treten sollen, kein gutes Haar. 

"Keine wissenschaftliche Rechtfertigung"

Das Wiederaufsperren des Landes sei "ganz sicher nicht" wissenschaftlich vertretbar, widerspricht Gartlehner Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) vehement. "Diese Öffnung ist leichtsinnig und populistisch." Es gebe keine wissenschaftliche Rechtfertigung das Burgenland zu öffnen, obwohl die Intensivstation "über dem Anschlag" seien. 

Öffnung auf Kosten der Burgenländer

Die AGES gibt 33 Prozent Covid-Belegung als sehr hohes Systemrisiko angegeben. Ganz Österreich liege bei 29 Prozent oder ein bisschen darunter. Das Burgenland liege bei 44 Prozent, stellte Anchor Thomas Mohr in den Raum. Das Burgenland sage ein Drittel seiner Operationen ab oder verschiebe sie, bekräftigt Gartlehner. "Diese Öffnung geht am Ende des Tages auf Kosten der Burgenländerinnen und Burgenländer, weil der normale Regelbetrieb der Spitäler nicht aufrechterhalten werden kann." Man sehe erst nach zwei bis drei Wochen, was die Öffnung für die Intensivstationen bedeute. Selbst wenn man das Land also wieder schließt, habe man dann erst "das richtige Problem". 

80 Prozent Testungen "naiver Wert"

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil will in zwei Testgemeinden bis zu 80 Prozent der Bevölkerung testen und machte Parndorf und Neusiedl am See zur "Modellregion". Gartlehner hingegen hält diesen Wert für eine "sehr naive Annahme" und glaubt nicht, dass so viele Leute getestet werden können. Man brauche außerdem eine Vergleichsgruppe, um Zahlen zu bekommen, die wissenschaftlich aussagekräftig sind. 

Kürzere, härtere Lockdowns sinnvoller

Die Erfahrung zeigt, so der Epidemiologe, dass Lockdowns, so wie sie zurzeit ablaufen, oft wenig bringen. Es gebe Staus in Wien wie eh und je, es seien halt die Geschäfte geschlossen. Das führe zu einer schmerzhaften Endlos-Schleife an Lockdowns, die epidemiologische Wirkung bleibe allerdings hinter den Hoffnungen zurück. "Ich würde kürzere Lockdowns, die vielleicht etwas härter sind für wesentlich sinnvoller für alle halten", sowohl für die Wirtschaft als auch für die Bevölkerung. 

Auch Thrombose-Gefahr bei Sputnik vermutet

Zum Schuss gab Professor Gartlehner noch seine Einschätzung zum russischen Impfstoff Sputnik V. ab. Er geht davon aus, dass alle Vekor-Impfstoffe ähnliche Nebenwirkungen haben. Nachdem bei AstraZeneca und Johnson & Johnson vereinzelt Thrombosen aufgetreten sind, geht Gartlehner davon aus, dass das auch bei Sputnik V. der Fall sein wird. 

PULS 24 Anchorwoman Bianca Ambros spricht mit Politik-Chefreporterin Manuela Raidl über die Lockerungen im Burgenland.

ribbon Zusammenfassung
  • Epidemiologe Gerald Gartlehner widerspricht praktisch jedem Argument, das Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil für die Öffnung des Bundeslandes vorbrachte.
  • Das Wiederaufsperren des Landes sei "ganz sicher nicht" wissenschaftlich vertretbar, widerspricht Gartlehner Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) vehement. "Diese Öffnung ist leichtsinnig und populistisch."
  • Das Burgenland sage ein Drittel seiner Operationen ab oder verschiebe sie, bekräftigt Gartlehner. "Diese Öffnung geht am Ende des Tages auf Kosten der Burgenländerinnen und Burgenländer, weil der normale Regelbetrieb der Spitäler nicht aufrechterhalten we
  • Landeshauptmann Hans Peter Doskozil will in zwei Testgemeinden bis zu 80 Prozent der Bevölkerung testen. Gartlehner hingegen hält diesen Wert für eine "sehr naive Annahme" und glaubt nicht, dass so viele Leute getestet werden können.
  • Die Erfahrung zeigt, so der Epidemiologe, dass Lockdowns, so wie sie zurzeit ablaufen, oft wenig bringen. "Ich würde kürzere Lockdowns, die vielleicht etwas härter sind für wesentlich sinnvoller für alle halten."