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Forderungen, Lob und Gebäck am Frauentag

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Forderungen auf der einen, Lob der eigenen Arbeit auf der anderen Seite: Während NGOs, Gewerkschaft und andere Interessensvertretungen am Frauentag appelliert haben, die Rahmenbedingungen für Frauen zu verbessern, hat die Regierung ihre Frauenpolitik gepriesen. In Wien wird am Nachmittag demonstriert. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verkündete indes, Frauen einen "freiwilligen Grundwehrdienst" zu ermöglichen.

Diese inhaltlich dem Grundwehrdienst gleichgestellte Orientierungsphase soll Frauen ab April offenstehen. Frauen könnten so den Soldatenberuf und die unterschiedlichen Laufbahn-Varianten im Heer kennenlernen. Mit der Neuerung soll die Frauenquote im Bundesheer angehoben werden. Derzeit sind 645 Soldatinnen bei der Truppe, der Frauenanteil liegt damit bei 4,3 Prozent, so Tanner.

Am Vormittag machten die Frauen- und feministischen Sprecherinnen der roten Jugendorganisationen mit einer Medienaktion vor dem Frauenministerium "auf die noch immer vorherrschenden patriarchalen Strukturen in unserer Gesellschaft" aufmerksam. Die Grünen - unter ihnen Gesundheitsminister Johannes Rauch, Justizministerin Alma Zadić und Frauensprecherin Meri Disoski - verteilten ihrerseits Gebäck und Folder in Wien-Mitte. Darin lobten sie die mit grüner Regierungsbeteiligung umgesetzten frauenpolitischen Leistungen, etwa die Erhöhung des Frauenbudgets oder das Gesetzespaket gegen Hass im Netz.

Disoski sprach sich für Lohntransparenz und zeitgemäße Karenzmodelle aus. "Wo ein Wille, da ein Weg", meinte sie zur Frage, ob das mit dem Koalitionspartner ÖVP umzusetzen sei. Zadić will in diesem Jahr Gewaltambulanzen ins Leben rufen. Rauch sprach davon, bei den Maßnahmen gegen die im Vorfeld des Frauentages vielbeklagte Teuerung eine Verbesserung der Treffgenauigkeit zustande bringen zu wollen.

Auch vor dem Ministerrat bewarben die Regierungsparteien ihre Maßnahmen im Bereich der Gleichstellung. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) und die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer erinnerten etwa an den Ausbau der Kinderbetreuung. An einer "maßgeblichen Verbesserung der Lohntransparenz" arbeite man, meinte Maurer. Der von den Grünen geforderte Rechtsanspruch auf eine ganztägige Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr ist übrigens weiterhin nicht in Aussicht - wichtiger sei, dass das Angebot überhaupt da sei, befand Plakolm.

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) betonte per Aussendung ebenfalls, dass die Regierung schon viel erreicht habe. Es brauche aber weitere Kraftanstrengungen der gesamten Gesellschaft, "Frauenpolitik ist ein absoluter Marathon". So sei der Gender Pay Gap etwa geringer geworden, mit 18,8 Prozent sei er aber "noch immer viel zu hoch", bei der Kinderbetreuung brauche es "echte Wahlfreiheit für Familien". Auch beim Zukunftsthema Digitalisierung müsse man Frauen "aktiv mitnehmen", wie die Ministerin auch in einer Rede vor der UNO am Dienstag betont hatte. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hat Raab am Mittwoch auch einen Vortrag im Ministerrat eingebracht, in dem die Regierung ihr Bekenntnis zur Steigerung der Anzahl von Frauen in Aufsichtsräten bekräftigt.

Der Gender Pay Gap ist auch dem "Vollpension Generationencafé" ein Dorn im Auge. Das Wiener Sozialunternehmen will Seniorinnen und Senioren in die Mitte der Gesellschaft bringen. Frauen in der Pension stehe mit 1.150 Euro durchschnittlich ein Drittel weniger Geld zur Verfügung als Männern, so Geschäftsführerin Julia Krenmayr in einer Aussendung. Nach Abzug der Fixkosten würden nur mehr 200 bis 300 Euro zum Leben bleiben. Krenmayr will eine Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze, die für Seniorinnen und Senioren eine "erhebliche Erleichterung" darstellen würde.

Die Teilzeit beleuchtete das von Unternehmen finanzierte Thinktank Agenda Austria. In Österreich arbeiten auch Frauen ohne Betreuungspflichten demnach sehr oft Teilzeit. Bei den 35- bis 44-jährigen Frauen ohne Kind ist es demnach ein Drittel, bei den 45- bis 54-Jährigen sind es fast 48 Prozent. "Die Politik muss jetzt Anreize setzen, um Mehrarbeit finanziell attraktiver zu machen."

Der Frauentag bringt auch einen neuen Verein mit sich: Die frühere Frauensprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Fatma Akay-Türker, hat die "Muslimische Frauengesellschaft in Österreich" (MFGÖ) gegründet. Es handle sich um einen "Zusammenschluss von Frauen, die sich in der Verantwortung sehen, tabuisierte Diskurse rund um die Themen Gender-und Geschlechtergerechtigkeit aus der muslimischen Community von innen heraus" voranzutreiben, teilte der Verein in einer Aussendung mit.

NGOs, Gewerkschaft und andere Interessensvertretungen haben unterdessen an die Politik appelliert, die Rahmenbedingungen für Frauen zu verbessern. Die Caritas fordert etwa flächendeckende leistbare Kinderbetreuung, einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und bessere Gehälter für Frauen in systemrelevanten Berufen sowie Förderinstrumente für deren Wiedereinstieg und Weiterqualifizierung. Die Lebenshilfe Österreich mahnte mehr Rechte, Unterstützung und Entlastung für Menschen, die Angehörige pflegen, ein - und das seien in vielen Fällen Frauen. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser plädierte für eine Kindergrundsicherung, ausreichend Kinderbetreuungsplätze mit ausgeweiteten Öffnungszeiten und einen Ausbau der Frauenhausplätze und Übergangswohnungen.

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB haben die Regierung erneut aufgefordert, das Abkommen gegen Gewalt am Arbeitsplatz der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zu ratifizieren. Das Frauennetzwerk Medien fordert unterdessen eine Vertrauensstelle für von Machtmissbrauch in der Arbeitswelt betroffene Frauen. Der ÖAAB appellierte wiederum, "alte Rollenbilder in den Köpfen der Männer aber auch der Frauen abzulegen" und noch vorhandene Benachteiligungen abzubauen. Frauen müsse bewusst gemacht werden, dass Teilzeitarbeit eine "Pensionsfalle" sei und vor allem betreuungspflichtigen Frauen Lösungen angeboten werden. Auch die Bundesleiterin der ÖVP Frauen, Juliane Bogner-Strauß, plädierte dafür, die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Lohngerechtigkeit weiter voranzutreiben.

Unter dem Titel "Take Back 8. März" wird in Wien unterdessen am heutigen Mittwoch zum internationalen feministischen Kampftag aufgerufen. Ab 17 Uhr wird von der Gruppe "Take Back the Streets" gegen Sexismus, Transfeindlichkeit und patriarchale Gewalt demonstriert. Unterstützt wird die Demo unter anderem von der ÖH Uni Wien. Eine Kundgebung fand am Mittwochvormittag bereits vor dem Arbeitsministerium statt. Sofia Surma und Sophie Tschannett, Starterinnen der Petition "#keineBlumen: Weltfrauentag - frei für alle!", forderten einen gesetzlichen Feiertag am 8. März. Die Petition werde von über 10.000 Menschen unterstützt.

Nicht nur auf Wiens Straßen, sondern auch im U-Bahn-Netz tut sich am Frauentag etwas: Statt in der Herrengasse hält die U3 am Mittwoch in der "Frauengasse". Die Wiener Linien überklebten die Schilder der Station mit dem vorübergehenden Namen. Im Arkadenhof des Wiener Rathauses werden indes zwei große Frauen vor den Vorhang geholt. Die Pionierinnengalerie werde um Tafeln für die Kinderbuchautorin Mira Lobe und die von den Nazis ermordete, durch ihre Tagebücher bekannt gewordene Ruth Maier erweitert.

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  • Nicht nur auf Wiens Straßen, sondern auch im U-Bahn-Netz tut sich am Frauentag etwas: Statt in der Herrengasse hält die U3 am Mittwoch in der "Frauengasse".