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"Schluss mit Zionisten"

Terrorverdacht: 8 Verletzte bei antisemitischem Angriff in USA

02. Juni 2025 · Lesedauer 5 min

Nach einem Angriff auf eine jüdische Kundgebung mit acht Verletzten im US-Staat Colorado ermittelt die Bundespolizei FBI wegen Terrorverdacht. Es sei klar, dass es sich bei dem Vorfall in der Fußgängerzone der Stadt Boulder um einen "gezielten Gewaltakt" handle, teilte ein FBI-Vertreter mit.

Zeugen zufolge hat ein Täter einen behelfsmäßigen Flammenwerfer bei dem Angriff benutzt, einen Brandsatz auf Demonstranten geworfen und während der Attacke "Free Palestine" gerufen.

Der Angriff ereignete sich am Sonntagnachmittag (Ortszeit) während des jüdischen Feiertags Shavuot, der 50 Tage nach dem Pessachfest begangen wird und als Vorgänger des christlichen Pfingsten gilt.

Acht Verletzte

Der 45 Jahre alte Tatverdächtige wurde später vor Ort festgenommen. Nach Angaben von Vize-Stabschef von US-Präsident Donald Trump, Stephen Miller, hielt er sich ohne gültiges Visum in den USA auf. 

"Ihm wurde von der Biden-Regierung ein Touristenvisum erteilt, das er dann illegal überzog", schrieb Miller auf X. Zur Nationalität des Tatverdächtigen machte er keine Angaben.

Die Opfer, vier Frauen und vier Männer, sind nach Polizeiangaben zwischen 52 und 88 Jahre alt. Die Polizei hatte zunächst von sechs Opfern gesprochen, die Zahl dann später aber erhöht.

Geheimdienstkoordinatorin: Angriff galt jüdischer Gemeinde

Die US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard sprach auf der Plattform X von einem "gezielten Terrorangriff auf ein wöchentliches Treffen von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde". 

Diese hatten sich demnach versammelt, um auf das Schicksal der israelischen Geiseln aufmerksam zu machen, die nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel im Oktober 2023 in den Gazastreifen entführt wurden und dort noch immer festgehalten werden.

Israelische Medien berichteten, Ziel des Angriffs sei ein Solidaritätsmarsch für die 58 Geiseln gewesen. "Wir sind zutiefst erschüttert über den tragischen Angriff in Colorado und sprechen allen Betroffenen unser tiefstes Mitgefühl aus", teilte das israelische Forum der Geiselfamilien mit. 

"Unsere Gedanken sind bei den Verletzten, ihren Angehörigen und der gesamten Gemeinschaft, die von diesem sinnlosen Akt der Gewalt erschüttert wurde."

Netanyahu spricht von Antisemitismus

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte den Angriff als antisemitisch. "Die Opfer wurden einfach angegriffen, weil sie Juden waren", erklärte er. 

Er vertraue darauf, dass die US-Behörden "den kaltblütigen Täter mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgen" werden. Die antisemitischen Angriffe weltweit seien "eine direkte Folge von Blutlügen gegen den jüdischen Staat und das jüdische Volk", so Netanyahu.

FBI-Chef spricht von "gezielten Terrorangriff", Polizeichef sieht das anders

Der örtliche Polizeichef Steve Redfearn sagte in einer ersten Pressekonferenz zunächst, die Ermittler prüften, ob der Angriff einer friedlich demonstrierenden, proisraelischen Gruppe gegolten habe oder anderen Personen. 

Es sei noch viel zu früh, um über das Motiv zu spekulieren, sagte er. "Wir sprechen zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einem Terrorangriff."

FBI-Chef Kash Patel sprach zu diesem Zeitpunkt hingegen schon von einem "gezielten Terrorangriff". Auch US-Außenminister Marco Rubio und Heimatschutzministerin Kristi Noem ordneten den Vorfall auf der Plattform X schnell als Terrorangriff ein. 

"Terror hat keinen Platz in unserem großartigen Land", schrieb Rubio. Man bete für die Opfer.

Mindestens ein Opfer ist schwer verletzt

Die örtliche Polizei erhielt Redfearn zufolge in einem ersten Anruf zu dem Vorfall die Information, dass Menschen in Brand gesetzt worden seien. 

Die Verletzungen der Opfer passten dazu, sagte er - auch wenn die Polizei zu diesem Zeitpunkt noch keine gesicherten Erkenntnisse zum Tathergang hatte.

Redfearn sprach von Verbrennungen und anderen Verletzungen. Den Polizeiangaben zufolge ist mindestens eines der Opfer sehr schwer verletzt und befindet sich womöglich in einem kritischen Zustand.

 Andere hätten leichtere Verletzungen erlitten. Auch der mutmaßliche Täter wurde demnach leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht.

In der Innenstadt von Boulder sperrte die Polizei nach dem Vorfall zunächst ein großes Gebiet ab. Geschäfte wurden geschlossen und Anrainer wie Passanten gebeten, die Gegend zu meiden. 

Da zum Tatzeitpunkt viele Menschen dort unterwegs waren, erhofft sich die Polizei Aufschluss durch Zeugenaussagen.

Tödliche Schüsse in Washington liegen nicht lange zurück

Erst vor eineinhalb Wochen hatte eine tödliche Attacke in der US-Hauptstadt Washington weltweit großes Entsetzen ausgelöst: Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft wurden dort vor dem Jüdischen Museum erschossen. 

Der mutmaßliche Schütze begründete die Tat laut einem Dokument der Anklage mit Unterstützung für die Palästinenser während des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen.

Seit dem Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die Zahl antisemitischer Vorfälle in den USA stark zugenommen. 

Der Angriff, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden, war Auslöser des Gaza-Krieges zwischen Israel und der Hamas. 

Seit Kriegsbeginn wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet.

Video: Schüsse in Washington: Israelisches Paar tot

Zusammenfassung
  • Bei einem Angriff auf eine jüdische Kundgebung in Boulder, Colorado, wurden am Sonntag mehrere Menschen verletzt, als ein Verdächtiger einen Molotow-Cocktail auf die Teilnehmer warf.
  • Die Polizei traf kurz nach 13:30 Uhr Ortszeit am Tatort ein und fand mehrere Opfer mit Verbrennungen und anderen Verletzungen vor.
  • Das FBI und Außenminister Marco Rubio stufen den Angriff als "gezielten Terroranschlag" ein, während der Polizeichef betont, das Motiv sei noch unklar.
  • In Videoaufnahmen ist zu sehen, wie der mutmaßliche Täter Slogans wie "Schluss mit den Zionisten" und "Palästina ist frei" ruft, während Rauchschwaden über dem Park aufsteigen.
  • Jüdische Organisationen und Politiker aus den USA und Israel verurteilten die Tat als antisemitischen Terrorakt, der sich nur zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff vor dem Jüdischen Museum in Washington ereignete.