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Europa atmet auf: Macron als französischer Präsident wiedergewählt

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Frankreichs liberaler Präsident Emmanuel Macron hat die Präsidentschaftswahl nach vorläufigem amtlichen Endergebnis mit 58,55 Prozent der Stimmen klar gewonnen.

Seine rechte Herausforderin Marine Le Pen kam auf 41,45 Prozent der Stimmen, wie das Innenministerium in Paris nach Auszählung aller Stimmen der zur Wahl registrierten Wähler in der Nacht auf Montag mitteilte. Brüssel und zahlreiche europäische Regierungschefs reagierten mit Erleichterung.

Der Abstand der beiden Kandidaten ist deutlich knapper als vor fünf Jahren. Damals gewann Macron die Stichwahl gegen Le Pen mit 66 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 72 Prozent.

Macron kündigte für seine kommende Amtszeit einen Umgang mit den Franzosen auf Augenhöhe an. "Wir müssen auch wohlwollend und respektvoll sein", sagte Macron am Sonntagabend vor Hunderten Anhängern in Paris. "Denn unser Land steckt tief in Zweifeln und Spaltung. Wir müssen stark sein, aber niemand wird am Wegesrand zurückgelassen."

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Wähler gegen Le Pen statt für Macron

Der liberale Macron erhielt in der Stichwahl auch Stimmen von Menschen, die seine Politik nicht unterstützen, aber einen rechten Wahlsieg verhindern wollten. Ihnen dankte er in seiner Rede explizit. Macron sieht sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, den Franzosen gegenüber arrogant und herablassend aufzutreten. Im Wahlkampf versuchte er, dieses Image abzuschütteln.

Der 44-Jährige versprach den Wählern seiner rechtspopulistischen Herausforderin Marine Le Pen Rücksichtnahme. Auf ihre "Wut und ihre abweichenden Meinungen" müsse es "Antworten geben", sagte Macron in seiner ersten Ansprache nach der Wiederwahl. "Ich bin der Präsident von allen", betonte Macron.

Die zum dritten Mal bei einer Präsidentschaftswahl unterlegene Le Pen zeigt sich trotz ihrer Wahlniederlage kämpferisch. "Die Partie ist noch nicht gelaufen, es stehen noch Parlamentswahlen an", sagte sie am Abend vor ihren Anhängern in Paris.

Ihr Wahlergebnis sei ein "durchschlagender Sieg", sagte Le Pen in Anspielung auf das Ergebnis vor fünf Jahren. Damals hatte sie mit knapp 34 Prozent gegen Macron verloren.

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Europa atmet auf

Der Wahlsieg Macrons dürfte eine große Erleichterung für Europa sein, auch wenn der charismatische Liberale bei weitem nicht überall der Wunschpartner ist. Seine Widersacherin wollte sich von der seit Jahrzehnten engen Zusammenarbeit mit Deutschland lossagen. Die europaskeptische Nationalistin Le Pen strebte zudem danach, den Einfluss der Europäischen Union in Frankreich entscheidend einzudämmen, und hätte in Brüssel etliche Vorhaben aus Eigeninteressen ausbremsen können. Der Pro-Europäer Macron hingegen gilt im Tandem mit Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Europa als treibende Kraft.

Erleichterung bei den EU-Spitzen

EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich erleichtert über die Wiederwahl Macrons. "Wir können fünf weitere Jahre auf Frankreich zählen", schrieb der Belgier am Sonntagabend auf Twitter. "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt." Dazu schrieb Michel: "Herzlichen Glückwunsch, lieber Emmanuel Macron." Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte. "Ich freue mich, unsere gute Zusammenarbeit fortsetzen zu können", schrieb die deutsche Politikerin am Sonntag auf Twitter. "Gemeinsam werden wir Frankreich und Europa voranbringen."

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte Macron und erklärte auf Twitter, die Franzosen hätten "ein starkes Bekenntnis zu Europa gesendet". In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Scholz zusammen mit den Regierungschefs Spaniens und Portugals die Franzosen zur Wiederwahl opa gesendet". In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Scholz zusammen mit den Regierungschefs Spaniens und Portugals die Franzosen zur Wiederwahl Macrons aufgerufen.

Österreichische Politik gratuliert

Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte Macron via Twitter. "Für unsere gemeinsame europäische Zukunft in Frieden und Einigkeit - meine herzlichen Glückwünsche an Emmanuel Macron zu seiner Wiederwahl als Präsident Frankreichs!" Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) twitterte: "Herzliche Gratulation Emmanuel Macron zur Wiederwahl! Diese ist ein starkes pro-europäisches Signal. Ich freue mich auf die Fortsetzung unserer guten Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen der französischen Ratspräsidentschaft!".

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gratulierte Macron und schrieb in einem Statement gegenüber der APA: "Die Wahl in Frankreich ist ein positives Signal für die Zukunftsfähigkeit der EU und zugleich Auftrag. Gerade jetzt müssen wir in wichtigen europäischen Fragen - von der Sicherheits- und Energiepolitik bis zur Westbalkanerweiterung - vorankommen und intensiv zusammenarbeiten."SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schrieb: "Ich bin froh, Frankreich weiter an der Seite Europas zu wissen, wenn es darum geht, die großen Zukunftsaufgaben zu meistern. Ein auch für uns wichtiges Votum heute in Frankreich. Europa atmet auf."

Hocherfreut zeigt sich auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. "Der Sieg von Emmanuel Macron ist ein Sieg für die Freiheit und für Europa", schrieb sie. NEOS-Nationalratsabgeordneter Helmut Brandstätter twitterte: "Soulagé: Also erleichtert. Aber 42 Prozent der Wähler_innen in Frankreich haben eine Rechtsextreme gewählt, die gemeinsam mit dem Kriegsdiktator Putin Europa zerstören will. Da hat Macron einiges zu tun."

Le Pens Putin-Sympathien schürten Ängste

Auch Le Pens Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin schürte in der aktuell eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland Sorgen. Befürchtet wurde, dass die feste Pro-Ukraine-Front des Westens unter Le Pen bröckeln könnte. Immerhin stellte sie bereits wieder eine Kooperation mit Russland nach dem Krieg in Aussicht und kündigte an, Frankreich aus der Kommandostruktur des westlichen Verteidigungsbündnisses NATO auslösen zu wollen. Macron gilt im Gegensatz dazu als einer der wichtigsten westlichen Vermittler in dem Krieg. Immer wieder telefoniert er mit Putin.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte via Twitter, indem er Macron als "wahren Freund" bezeichnete. Er bedankte sich für die Unterstützung im Kampf gegen den Angriffskrieg Russlands auf sein Land.

Bereits 2017 standen der damalige Politjungstar Macron und die Rechte Le Pen sich in der Stichwahl um die Präsidentschaft gegenüber. Damals war Le Pen ihrem Kontrahenten aber viel deutlicher unterlegen - sie holte nur ein Drittel der Stimmen. Es ist das erste Mal seit der Wiederwahl von Jacques Chirac 2002, dass ein französischer Präsident im Amt bestätigt wurde. Chiracs Nachfolger Nicolas Sarkozy und François Hollande waren nur für eine Amtszeit gewählt worden.

Vom Linken zum Liberal-Konservativen

Macron, der im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt setzte, hatte 2017 mit seiner Bewegung La République en Marche den Einzug in den Élyséepalast geschafft. Damals ein eher linker Kandidat, vertritt er mittlerweile verstärkt liberal-konservative Themen. Bevor er Präsident wurde, arbeitete der Nordfranzose als Investmentbanker, beriet den sozialistischen Präsidenten François Hollande und war unter diesem von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister.

ribbon Zusammenfassung
  • Frankreichs liberaler Präsident Emmanuel Macron hat die Präsidentschaftswahl nach vorläufigem amtlichen Endergebnis mit 58,55 Prozent der Stimmen klar gewonnen.
  • Er konnte sich gegen seine rechtsnationale Herausforderin Marine Le Pen wie erwartet durchsetzen.
  • Macrons Sieg ist vor allem als Niederlage Le Pens zu verstehen. Etliche Parteien riefen nach der ersten Wahlrunde dazu auf, eine Mauer gegen Rechts zu bauen und eine Präsidentin Le Pen zu verhindern.
  • Der 44-Jährige profitierte zudem angesichts des Ukraine-Krieges vom Wunsch nach Stabilität. Dennoch sind viele Franzosen mit Macrons erster Amtszeit unzufrieden und empfinden seinen Politikstil als arrogant.
  • Der Wahlsieg Macrons dürfte eine große Erleichterung für Europa sein. Seine Widersacherin wollte sich von der seit Jahrzehnten engen Zusammenarbeit mit Deutschland lossagen und den Einfluss der EU eindämmen.

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