EuGH: Polens Justiz verstieß gegen Grundsätze des EU-Rechts
Hintergrund des Falls sind zwei Urteile des polnischen Verfassungsgerichtshofs (Trybunal Konstytucyjny) aus dem Jahr 2021, in denen er sich weigerte, Entscheidungen des höchsten europäischen Gerichts als verbindlich anzuerkennen, weil sie aus seiner Sicht gegen die polnische Verfassung verstießen. Der Verfassungsgerichtshof befand, dass der EuGH seine Kompetenzen überschreite, wenn er sich in die polnische Justiz einmische.
Zu der Zeit führte die nationalkonservative PiS-Regierung das Land. Diese hatte das polnische Justizsystem umgebaut und damit nach Einschätzung von Experten die Gewaltenteilung eingeschränkt. Der EuGH hatte angeordnet, bestimmte Reformen wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken auszusetzen.
Polen könne sich nicht auf seine Verfassungsidentität berufen, um sich gemeinsamen EU-Werten wie Rechtsstaatlichkeit, effektivem Rechtsschutz und richterlicher Unabhängigkeit zu entziehen, stellte der EuGH nun klar. Diese Werte seien für alle Länder, die der Europäischen Union beitreten, rechtlich bindend. Mitgliedstaaten könnten sich davon nicht lossagen, teilten die Richterinnen und Richter mit.
Nach der Regierungsübernahme durch den liberal-konservativen Donald Tusk hatte Polen die Verstöße bereits vollumfänglich anerkannt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die umstrittenen Neuerungen der PiS-Regierung rückgängig zu machen. Der EuGH musste die Vorwürfe dennoch prüfen. Das Urteil sei eindeutig, schrieb Regierungssprecher Adam Szlapka jetzt auf X. "Wir werden den Rechtsstaat wiederherstellen. Das ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit."
Außerdem stellte der EuGH fest, dass der Verfassungsgerichtshof wegen Unregelmäßigkeiten bei der Ernennung mehrerer Richter und seiner ehemaligen Präsidentin kein unabhängiges und unparteiisches Gericht darstellte.
Zusammenfassung
- Der Europäische Gerichtshof hat Polen für die Missachtung wesentlicher Prinzipien des EU-Rechts verurteilt, nachdem der polnische Verfassungsgerichtshof 2021 zwei Urteile des EuGH nicht anerkannt hatte.
- Der EuGH stellte klar, dass sich Mitgliedstaaten nicht auf ihre Verfassungsidentität berufen dürfen, um sich rechtlich bindenden EU-Werten wie Rechtsstaatlichkeit, effektivem Rechtsschutz und richterlicher Unabhängigkeit zu entziehen.
- Nach dem Regierungswechsel zu Donald Tusk hat Polen die Verstöße anerkannt und plant, die umstrittenen Justizreformen der PiS-Regierung rückgängig zu machen, während der EuGH Unregelmäßigkeiten bei der Ernennung mehrerer Richter feststellte.
