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EU-Kommission verschärft Exportkontrolle von Impfstoffen

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Der Export der knappen Corona-Impfstoffe aus der Europäischen Union soll noch schärfer kontrolliert und notfalls häufiger gestoppt werden. Dies beschloss die EU-Kommission am Mittwoch.

Dafür wurde die Anfang Februar eingeführte Exportkontrolle erweitert. Neue Kriterien sollen es erlauben, Impfstoffe zurückzuhalten, wenn Verhältnismäßigkeit und Gegenseitigkeit nicht gewahrt sind. Generelle Exportverbote soll es aber nicht geben. Ausfuhren in Entwicklungsländer sollen nicht behindert werden.

Die EU bleibe offen für Exporte, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Aber die EU-Staaten steckten in der dritten Pandemiewelle, und nicht alle Herstellerfirmen lieferten gemäß ihrem Vertrag an die EU. "Wir müssen schnelle und ausreichende Lieferungen an die EU-Bürger sicherstellen. Jeder Tag zählt." Dies sei nötig, "um unsere Impfziele gegen das Coronavirus zu erreichen", sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis.

Hintergrund sind massive Lieferrückstände bei Astrazeneca. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte dem Unternehmen deshalb wiederholt mit einem Exportverbot gedroht. "Die anhaltenden Produktionsausfälle sind nicht gerecht auf die verschiedenen Vertragsländer verteilt", unterstrich Dombrovskis.

Export-Meldepflicht seit 1. Februar

Seit dem 1. Februar müssen Impfstoff-Exporte aus EU-Staaten in viele Länder angemeldet und genehmigt werden. 17 Partnerstaaten waren jedoch von dieser Erfassung ausgenommen, darunter Israel und die Schweiz - diese Ausnahmen werden jetzt gestrichen. Nur Lieferungen an 92 ärmere Länder über den Covax-Mechanismus der Weltgesundheitsorganisation sollen ausgenommen bleiben.

Bisher wurden nach Angaben der Kommission 380 Anträge zur Lieferungen von insgesamt rund 43 Millionen Dosen Corona-Impfstoff an 33 Länder genehmigt. Nur ein Antrag wurde abgelehnt - Italien stoppte die Ausfuhr von 250.000 Dosen Astrazeneca-Impfstoff an Australien. Wichtigstes Empfängerland war Großbritannien, dorthin gingen allein 10,9 Millionen Dosen. Danach kamen Kanada (6,6 Millionen), Japan (5,4 Millionen) und Mexiko (4,4 Millionen).

"Es ist nicht unsere Absicht, Dinge zu blockieren", sagten EU-Beamte. Der erweiterte EU-Mechanismus beziehe nun aber einen "Gerechtigkeits-Ansatz" mit ein. Das Prinzip der Gegenseitigkeit bedeutet aus Sicht der Kommission, dass auch das Empfängerland Exporte von Impfstoffen oder Bestandteilen zulässt. Verhältnismäßigkeit zielt auf die Frage, ob das Empfängerland bereits eine bessere Pandemielage und eine höhere Impfrate habe.

Nach diesen Kriterien könnte vor allem Großbritannien im Fokus der Kontrollen stehen. Aus dem Land kommen nach Darstellung der EU-Kommission keine Impfdosen in die EU, und die Impfrate dort ist höher als in EU-Staaten. Doch hofft Großbritannien auf Lieferungen des Astrazeneca-Impfstoffs aus einem Werk in den Niederlanden.

Die EU sollte im Kampf gegen das Virus nicht "eine Art zweckdienlicher Idiot" sein, indem sie Vakzine exportiere, während andere Länder Vorräte für sich behielten, sagte ein Berater des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Mittwoch vor Journalisten. "Wir haben viel exportiert, wir haben uns an die Regeln gehalten. Von einigen unserer Partner lässt sich das nicht sagen." Ähnlich äußerte sich die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon. "Es braucht eine selbstbewusste und handlungsfähige Europäische Union, die in dieser wichtigsten Frage der Zeit, auf den Tisch haut und die Impfstoffversorgung mit allen Mitteln sicherstellt", forderte sie.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Export der knappen Corona-Impfstoffe aus der Europäischen Union soll noch schärfer kontrolliert und notfalls häufiger gestoppt werden. Dies beschloss die EU-Kommission am Mittwoch. Dafür wurde die Anfang Februar eingeführte Exportkontrolle erweitert.
  • Nur Lieferungen an 92 ärmere Länder über den Covax-Mechanismus der Weltgesundheitsorganisation sollen ausgenommen bleiben.
  • Bisher wurden nach Angaben der Kommission 380 Anträge zur Lieferungen von insgesamt rund 43 Millionen Dosen Corona-Impfstoff an 33 Länder genehmigt.
  • Wichtigstes Empfängerland war Großbritannien, dorthin gingen allein 10,9 Millionen Dosen.