Erika Freeman: "Das ist meine Rache an Hitler"

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Die weltbekannte Psychoanalytikerin Erika Freeman floh im Alter von 12 Jahren alleine vor den Nationalsozialisten in die USA. Am Sonntag spricht sie beim "Fest der Freude" als Zeitzeugin auf dem Wiener Heldenplatz und gab vorab Corinna Milborn ein Interview.

Das Hotel Imperial in Wien hat eine bewegte Gäste-Geschichte. Nicht nur Kaiser, Könige und Künstler logierten hier, auch für Adolf Hitler war es nach dem österreichischen Anschluss an Nazi-Deutschland die erste Wahl. Derzeit beherbergt das Hotel mit Erika Freeman eine Frau, die als 12-jährige Jüdin alleine vor den Nationalsozialisten in die USA floh. Warum gerade in diesem Hotel? "Weil das meine Rache an Hitler ist. Ich lebe noch, ich kann noch Sachen schaffen und er ist schon weg", erklärt sie gegenüber PULS 24 Infochefin Corinna Milborn.

"Zwei Leben retten"

1927 geboren, erlebte Freeman die Machtergreifung von Hitler und das Leben im nationalsozialistischen Wien am eigenen Leib und kann sich noch gut daran erinnern. "Wenn du zu zweit gehst, dann kämpfst du. Wenn du allein bist, dann läufst du", habe sie sehr schnell gelernt, erzählt sie über ihre Zeit im Gymnasium. Gekämpft habe sie allerdings nie, zum Schutz der "Mutti". Als sie zwölf war, hatte sie die Chance zur Flucht. Entweder nach Palästina, wo Teile ihrer Familie lebte oder in die USA. Das Zertifikat für Palästina war nicht personalisiert. Deshalb dachte Freeman, "wenn ich nach Amerika fahre, kann ein anderes Kind das Zertifikat nützen und man kann zwei Leben retten. Also bin ich nach Amerika gefahren".

Dort wurde sie als Psychoanalytikerin zum Star, beriet zahlreiche Politiker und auch Hollywoodlegenden wie Marilyn Monroe oder Marlon Brando. Erst in den Nullerjahren wurde sie von Österreich eingeladen. "Ich war ganz fremd. Österreich war für mich kein Platz mehr – ich wurde hier nur geboren", erzählt sie. "Das Land scheint sich ganz verändert zu haben. Es ist nicht dasselbe Österreich, das ich gekannt habe, als die Nazis da waren."

"Man lernt uns Hass"

Vor ihrer Flucht "war es wirklich ein Zuhause, aber irgendwie hat man uns nicht gemocht". Dieses Zuhause wurde von den Nazis zerstört, Juden systematisch in KZs ermordet. Dennoch hasst Freeman die Menschen nicht, erklärt sie. "Man lernt uns hassen". Die Psychoanalytikerin beschreibt den Nazismus als "eine Art von Krankheit". Das habe nicht nur mit Politik zu tun, "sondern auch mit Hass. Man muss irgendjemand hassen, den man hassen darf". Freeman erklärt den Zugang mit dem eines Kindes. "Das hört wie der Vater schreit und das Kind ist böse auf den Vater. Das darf man aber nicht sein, weil's der Vater ist." Wenn dann das Kind den Vater mit demselben Hass gegen Juden schreien hört, dann lerne das Kind: "Ich darf hassen, wenn ich diese hasse."

"Tu, was du willst"

Den Kindern und Jugendlichen möchte sie sinnvolleres als Hass mitgeben, und hat auch einen Rat in Petto: "Tu, was du willst. Tu, was du musst. Tu das Beste für die Welt und denke zuerst an die Welt. Wenn du etwas schaffen willst, frag nicht um Erlaubnis."

Hinweis: Freeman wird am Sonntag, 8. Mai 2022, am Wiener Heldenplatz beim "Fest der Freude" eine Rede halten. Reden werden auch Bundespräsident Alexander van der Bellen und MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi zum Themenschwerpunkt "Politischer Widerstand".

ribbon Zusammenfassung
  • Die weltbekannte Psychoanalytikerin Erika Freeman floh im Alter von 12 Jahren alleine vor den Nationalsozialisten in die USA.
  • Am Sonntag spricht sie beim "Fest der Freude" als Zeitzeugin auf dem Wiener Heldenplatz und gab vorab Corinna Milborn ein Interview.

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