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EGMR verlängerte vorläufigen Abschiebestopp für Syrer

Heute, 17:40 · Lesedauer 3 min

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den im Vormonat verhängten vorläufigen Stopp der Abschiebung eines Mannes nach Syrien bis mindestens 25. September verlängert. Das Gericht wolle vorher noch weitere Informationen zum Fall hören, berichtete die "Presse" (online) - für das Innenministerium ist das "nicht ungewöhnlich". Mittlerweile hat Österreich die eingeforderte Stellungnahme zum Fall abgegeben.

Bei dem Mann handelt es sich laut "Presse" um einen unter anderem wegen gewerbsmäßigen Diebstahls, Raub und Urkundenunterdrückung verurteilten Syrer, der mehrfach untergetaucht ist und dessen Eltern und Geschwister in seinem Heimatland leben. Er selbst sei nach eigenen Angaben 2022 ausschließlich wegen des Kriegs aus Syrien geflohen und habe dort Angst um sein Leben.

Der Fall ähnelt einer anderen Abschiebung nach Syrien. Auch in diesem Fall schritt zunächst der EGMR mittels "Interims Measure" ein und untersagte vorerst die Außerlandesbringung. Später durfte der wegen terroristischer Vereinigung verurteilte Mann aber doch abgeschoben werden. Da er nachher in Syrien nicht mehr erreicht werden konnte, ersuchte ein UN-Ausschuss die österreichische Regierung, sich bei den syrischen Behörden nach dessen Verbleib zu erkundigen - was Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wiederum ablehnte. Der EGMR nahm dies auf und wollte bis 8. September eine Stellungnahme Österreichs, ob der nun zur Abschiebung anstehende Mann in Syrien auch sicher leben könne. Laut NGO-Angaben war der Syrer von den österreichischen Behörden nicht direkt in seine Heimat gebracht, sondern türkischen Kollegen übergeben worden.

Mittlerweile hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diese Stellungnahme abgegeben. Dabei wird etwa argumentiert, dass der Mann "sicher in seinen Herkunftsort reisen" könne, weil die syrische Regierung mitgeteilt habe nachzuverfolgen, dass Rückkehrer sicher an ihrem Zielort innerhalb Syriens ankommen. Außerdem bestehe dort keine "Gefahrensituation, die einem offenen bewaffneten Konflikt gleichzuhalten wäre". Die Anzahl der "sicherheitsrelevanten Vorfälle" in der Herkunftsregion des Mannes sei auch vergleichsweise niedrig, darüber hinaus seien viele syrische Flüchtlinge mittlerweile in ihre Heimat zurückgekehrt.

Dass die Abschiebung im zweiten Fall nun zumindest verzögert wird, hatte Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination schon vor dem Entscheid erwartet. In einer Stellungnahme kritisierte er die schlechte Qualität des Briefs des Bundesamts. So habe man nicht einmal das Schreiben der syrischen Behörden im Original vorgelegt. Auch seien die Standards der Rechtssprechung des EGMR nicht berücksichtigt worden. Die Abschiebe-Entscheidung den Mann betreffend geht auf eine Zeit zurück, in der das Assad-Regime noch amtierte. Allzu genau hat man die neuen Umstände in der Folge offenbar nicht geprüft. Denn es heißt in dem Schreiben des Bundesamts: "Weiterführende Ausführungen im Aktenvermerk mögen angebracht gewesen sein, doch würden diese nicht zu einer anderen Entscheidung führen."

Laut Innenministerium entspricht die Verlängerung des Aufschubs dem Vorgehen des EGMR in derartigen Fällen. Das BFA werde eventuelle weitere Fragen selbstverständlich beantworten. Die Europäische Menschenrechtskonvention sehe vor, dass der EGMR eine einstweilige Verfügung erlassen könne, da er zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nur die Ausführungen und Behauptungen des Beschwerdeführers vorliegen habe. Das BFA verfolge die Entwicklungen in dem Fall und setze die Planungen für Abschiebungen nach Syrien konsequent fort.

Zusammenfassung
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verlängerte den vorläufigen Abschiebestopp eines wegen mehrerer Straftaten verurteilten Syrers aus Österreich bis mindestens 25. September.
  • Österreich argumentierte in seiner Stellungnahme, dass eine Rückkehr nach Syrien sicher sei, da laut syrischer Regierung Rückkehrer sicher ankommen und die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in der Herkunftsregion niedrig sei.
  • Die NGO Asylkoordination kritisierte die Qualität der österreichischen Stellungnahme und bemängelte fehlende Originaldokumente sowie eine unzureichende Berücksichtigung der aktuellen Lage und EGMR-Standards.