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Ebadi: Die iranische Protestbewegung wird ihr Ziel erreichen

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Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi zeigt sich trotz der massiven Gewalt, mit der das iranische Regime seit Monaten gegen Protestierende vorgeht, zuversichtlich, dass die Protestbewegung ihr Ziel erreichen wird. "Die Revolution im Iran hat im September 2022 begonnen", sagte Ebadi bei einem Besuch in Wien der APA, "der Endpunkt dieser Revolution ist der Sturz des Regimes". Kritik übte sie an der geringen internationalen Aufmerksamkeit für die Lage im Iran.

"Man kann die Revolution im Iran mit einer Zugfahrt vergleichen", so die Menschenrechtsanwältin, die seit 2009 in London im Exil lebt. Wenn sich ein Zug in Bewegung setze, fahre er manchmal etwas langsamer, manchmal etwas schneller, unterwegs gebe es Haltestellen. Grund für ihre Zuversicht, dass der Zug seine Zieldestination erreichen werde, sei, dass bisher immer noch keine zufriedenstellende Antwort von der Regierung auf den Unmut der Menschen gekommen sei. "Im Gegenteil, die Gewalt und die Unterdrückung hat zugenommen, das hat dazu geführt, dass sich die Bewegung fortsetzt, bis sie ihr Ziel erreicht", so Ebadi.

Nach den Massendemonstrationen der ersten Tage der Proteste im September 2022 hätten die Proteste nun andere Formen angenommen. So würden wöchentlich in bestimmten Städten nach dem Freitagsgebet Demonstrationen stattfinden, auch Anlässe zum Gedenken an die während der Proteste Getöteten würden immer wieder für Kundgebungen genutzt. "Auch die Parolen, die jede Nacht in den Gassen im Iran kundgetan werden, zeigen, dass die Proteste sich fortsetzen", sagte Ebadi.

Kritik, dass die Protestbewegung keine klaren Strukturen und Führungsfiguren habe, entgegnete Ebadi: "Die Revolution hat einen Plan, eine Struktur und eine Führung. Die Führung hat allerdings nicht die Gestalt einer Person sondern eines Rats von Menschen, deren Namen natürlich nicht publik gemacht werden können, weil sie sonst verhaftet und beseitigt werden". Die Ziele der Protestbewegungen seien klar: "Der erste Schritt ist der Regimesturz, der zweite Schritt ist ein Referendum unter der Aufsicht der Vereinten Nationen", erklärte Ebadi.

Den europäischen Ländern warf die Friedensnobelpreisträgerin vor, der Situation im Iran nicht die notwendige Beachtung zu schenken. "Sie sind weiterhin daran interessiert, im Gespräch zu bleiben, um ihre Geschäfte weiter zu betreiben", kritisierte Ebadi. Die bestehenden internationalen Sanktionen seien "auf keinen Fall ausreichend", meinte sie. Wirksam seien sie zum Teil sehr, weil dem Regime dadurch Geld fehle, um die paramilitärischen Einheiten so zu unterstützen, wie es gerne möchte.

Jedoch würden die Sanktionen vor allem das Volk treffen, sagte Ebadi. Eine Aufhebung der Sanktionen würde aber keine Verbesserung für die Bevölkerung bringen, das habe sich nach der Atomvereinbarung gezeigt, als für drei Jahre die Sanktionen aufgehoben wurden. "Damals sind Millionen von Dollar ins Land geflossen, aber es bedeutete keine Verbesserung für die Bevölkerung, vielmehr wurden diese Gelder zur Ermordung von Menschen im Iran und in der Region eingesetzt", so Ebadi.

In Bezug auf eine mögliche künftige Rolle von Reza Pahlavi, dem Sohn des 1979 gestürzten letzten iranischen Schahs, meinte Ebadi, dass das Volk in einem Referendum über die Zukunft des Landes entscheiden solle, dieser Meinung sei auch Reza Pahlavi. In einem Referendum solle die Bevölkerung über die künftige Regierungsform befragt werden. "Wenn die Bevölkerung sich für eine Republik als Staatsform entscheidet, dann ist auch kein Platz für eine Monarchie, wenn sie sich für eine Monarchie entscheidet, dann hätten wir jemanden."

Ebadi selbst, deren Name auch immer als Kandidatin für eine künftigen Regierungsposten genannt wird, meint zu ihrer künftigen Rolle: "Ich bin keine Politikerin und ich werde keine Anführerin eines Staates werden und ich hoffe dass ich bis zum Ende meines Lebens als Menschenrechtsaktivistin und auch als Juristin meinem Land dienen kann."

(Das Gespräch führte Judith Egger/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi zeigt sich trotz der massiven Gewalt, mit der das iranische Regime seit Monaten gegen Protestierende vorgeht, zuversichtlich, dass die Protestbewegung ihr Ziel erreichen wird.
  • "Die Revolution im Iran hat im September 2022 begonnen", sagte Ebadi bei einem Besuch in Wien der APA, "der Endpunkt dieser Revolution ist der Sturz des Regimes".