Dinah-Projekt
Hamas nutzt sexualisierte Gewalt als "Kriegswaffe"
Der Bericht des Dinah-Projekts, einer Gruppe israelischer Rechts- und Genderexpertinnen, der am Dienstag vorgestellt wurde, basiert unter anderem auf den Aussagen von Überlebenden des Massakers und der Geiselhaft im Gazastreifen sowie den Ergebnissen von Untersuchungen von Leichen.
Im Zuge der Recherche zeigten sich dem Bericht zufolge klare Muster bei der Art und Weise, wie sexualisierte Gewalt verübt wurde: Opfer seien etwa teilweise oder vollständig nackt mit gefesselten Händen an Bäumen oder Masten gefunden worden. Es gebe außerdem Hinweise auf Gruppenvergewaltigungen mit anschließender Hinrichtung sowie Genitalverstümmelung und öffentliche Demütigung, hieß es.
Auch gegen Geiseln
Ein Bericht der israelischen Vereinigung von Krisenzentren für Vergewaltigungsopfer (ARCCI) thematisierte bereits vor knapp eineinhalb Jahren das Ausmaß der sexualisierten Gewalt während des Massakers am 7. Oktober 2023. Im Dinah-Bericht heißt es nun: Sexualisierte Gewalt ging auch nach dem 7. Oktober in der Geiselhaft im Gazastreifen weiter. Die Hamas hatte Berichte über systematische sexualisierte Gewalt stets dementiert.
Freigekommene weibliche Geiseln berichteten etwa von sexuellen Übergriffen, körperlicher sowie verbaler sexueller Belästigung, erzwungener Nacktheit sowie der Androhung von Zwangsverheiratungen. 15 ehemalige Geiseln berichteten dem Team des Dinah-Projekts von ihren Erfahrungen in der Geiselhaft.
Ilana Gritzewsky, die nach 55 Tagen der Geiselhaft freigekommen war, erzählte bei der Vorstellung des Berichts: "Ich erinnere mich an Hände, die mich berührten, die nicht meine waren. Ich erinnere mich an Schreie, dann an Dunkelheit." Sie sei dann aufgewacht und habe festgestellt, dass sie halbnackt und von Männern umgeben war. "Sie schlugen mich, sie berührten mich."
Der Bericht empfiehlt, konfliktbezogene sexualisierte Gewalt anders zu behandeln als herkömmliche Sexualverbrechen. Die meisten Opfer sind dem Bericht zufolge "dauerhaft zum Schweigen" gebracht worden: Sie seien entweder während oder nach den Übergriffen getötet worden oder zu traumatisiert, um zu sprechen. Dies stelle Herausforderungen für die Beweisführung bei der strafrechtlichen Verfolgung der Täter dar.
Verhandlungen in Doha
Die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben am Dienstag in der Früh in Katar fortgesetzt worden.
Die neue Gesprächsrunde zwischen Israel und der militanten Palästinenserorganisation Hamas konzentriere sich weiter auf die Mechanismen zur Umsetzung einer Waffenruhe, "insbesondere auf die Klauseln in Bezug auf den Rückzug (von Israels Armee) und die humanitäre Hilfe", sagte ein palästinensischer Vertreter.
Der israelische Sender Kan meldete, hochrangige Politiker des Landes gingen davon aus, dass die Gespräche noch über die kommende Woche hinaus dauern könnten.
Der Sender berichtete unter Berufung auf politische Kreise weiter, es herrsche Einigkeit zwischen beiden Kriegsparteien über 80 bis 90 Prozent des derzeit diskutierten Entwurfs, der unter anderem eine 60-tägige Feuerpause und die Freilassung zehn lebender Geiseln vorsieht.
- Mehr lesen: Neue Gespräche über Gaza-Waffenruhe in Doha
Zusammenfassung
- Ein Bericht des Dinah-Projekts zeigt, dass die Hamas am 7. Oktober 2023 sexualisierte Gewalt als gezielte Kriegswaffe gegen israelische Zivilist:innen eingesetzt hat.
- 15 ehemalige Geiseln schilderten dem Dinah-Projekt sexuelle Übergriffe, Belästigungen, erzwungene Nacktheit und die Androhung von Zwangsverheiratungen während ihrer Geiselhaft.
- In Doha laufen derzeit indirekte Verhandlungen über eine Waffenruhe mit 80 bis 90 Prozent Einigkeit zwischen Israel und Hamas, wobei eine 60-tägige Feuerpause und die Freilassung von zehn lebenden Geiseln im Entwurf vorgesehen sind.