Deutsche Regierung schränkt Familiennachzug ein
Der Nachzug von Kindern und Ehepartnern für sogenannte "subsidiär Schutzberechtigte", also Menschen, die keinen vollen Flüchtlingsstatus haben, wird demnach für zunächst für zwei Jahre ausgesetzt. Bisher konnten jährlich insgesamt 12.000 Angehörige nachziehen. Abgeschafft wird zudem die sogenannte Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren, künftig soll dies frühestens ab fünf Jahren möglich sein.
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte bereits direkt nach Amtsantritt verschärfte Grenzkontrollen gegen illegale Migration und auch die Zurückweisung von Asylbewerbern angeordnet. Zahlreiche Anschläge und Messerangriffe, denen unter anderem ein Kleinkind und ein Polizist zum Opfer fielen, hatten im Wahlkampf die Migration in den Mittelpunkt gerückt.
Die Gesetzesvorhaben sind sogenannte Formulierungshilfen für den Bundestag. Der Entwurf soll also durch Union und SPD im Bundestag initiiert werden, was das Verfahren noch einmal beschleunigt. Mit diesem Vorgehen fällt nämlich eine Befassung des Bundesrats weg. Von der Aussetzung des Familiennachzugs sind subsidiär Schutzberechtigte betroffen. Diesen Status haben rund 380.000 Menschen in Deutschland, vor allem Syrer. Anders als bei Flüchtlingen und Asylberechtigten hat der Gesetzgeber hier mehr Spielraum.
"Die vorübergehende Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten dient der Entlastung der Aufnahme- und Integrationssysteme der Bundesrepublik Deutschland", heißt es im Entwurf. "Die Maßnahme, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten vorübergehend auszusetzen, ist daher für eine rasche Entlastung der Kommunen ein geeignetes Mittel." Man trage damit auch dem öffentlichen Interesse an einer kontrollierten Migrationspolitik Rechnung.
Kritik von Flüchtlingshelfern und Experten, ÖVP erfreut
Dobrindt will durch die Aussetzung des Familiennachzugs die "Pull-Faktioren" für Migranten nach Deutschland reduzieren. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl reagierte entsetzt auf die Pläne. Damit würden legale und sichere Fluchtwege geschlossen. "Es ist eine Katastrophe für die betroffenen Familien", sagte Tareq Alaows. "Die faktische Trennung ist länger als zwei Jahre, vor allem für Familien, die bereits seit Jahren auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten." Der Migrations- und Arbeitsmarktexperte Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit äußerte sich in der "Rheinischen Post" skeptisch. "Wir sprechen hier über den Nachzug der Kernfamilie, also Kinder und Partner, in der Regel die Frauen. Wir wissen aus Studien, dass die Trennung von der eigenen Familie für Geflüchtete psychisch sehr belastend ist und damit auch deren Integration behindert."
Erfeut über den Beschluss der schwarz-roten deutschen Regierung zeigte sich ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti. Österreich sei "einmal mehr Vorreiter in der europäischen Migrationspolitik", teilte Marchetti in einer Aussendung mit. Die österreichische Bundesregierung "hat in dieser Frage den Stein ins Rollen gebracht und offenbar eine europaweite Debatte über den Familiennachzug und die Auswirkungen auf wichtige Infrastruktur angestoßen." Mit seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung habe Deutschland "eine große Signalwirkung für ganz Europa". Wenn es nun "Pull-Faktoren für weitere illegale Migration reduziert", nütze dies indirekt auch Österreich.
Einbürgerungen im Vorjahr auf Höchststand seit einem Vierteljahrhundert
Parallel wurde das Ende der sogenannten "Turbo"-Einbürgerung im Kabinett im Staatsbürgerrecht entschieden. Statt nach drei Jahren soll ein deutscher Pass frühestens nach fünf Jahren vergeben werden. Damit wird eine Neuregelung der Ampel-Koalition wieder aufgehoben. Rund 200.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr eingebürgert, der höchste Stand seit einem Vierteljahrhundert. In der Regel darf man nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein und muss einen festen Arbeitsplatz sowie gute Sprachkenntnisse vorweisen.
Zusammenfassung
- Die deutsche Bundesregierung setzt den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, von denen es rund 380.000 in Deutschland gibt, für zwei Jahre aus – bisher konnten jährlich 12.000 Angehörige nachziehen.
- Die sogenannte Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren wird abgeschafft, künftig ist eine Einbürgerung erst nach mindestens fünf Jahren möglich, nachdem im Vorjahr rund 200.000 Menschen eingebürgert wurden.
- Kritik an den Maßnahmen kommt von Flüchtlingsorganisationen und Experten, während die ÖVP die Entscheidung begrüßt und Österreich als Vorreiter in der europäischen Migrationspolitik sieht.