Ex-Vizekanzler
Wer ist der neue ÖFB-Chef Josef Pröll?
Ab diesem Sonntag kann Josef Pröll einen weiteren Aufsichtsratsposten in seinen Lebenslauf schreiben. Der 56-Jährige wird Aufsichtsratschef des Österreichischen Fußballverbands (ÖFB) und soll diesen durch die anstehende Strukturreform lenken.
Eigentlich verbindet man den Namen Pröll hierzulande eher mit Politik als mit Fußball. Josef "Sepp" Pröll ist der Neffe von Niederösterreichs Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll und Vater von Staatssekretär Alexander Pröll.
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Zwar saß Josef Pröll schon ab 2012 im Aufsichtsrat der Austria Wien, von 2018 bis 2021 war er gar deren Vizepräsident. Die meisten Österreicher:innen dürften ihn allerdings als Finanzminister, Vizekanzler und ÖVP-Chef in Erinnerung haben.
Finanzkrise, Hypo-Pleite, U-Ausschüsse
Insgesamt acht Jahre war Josef Pröll ÖVP-Minister. Nach fünf Jahren im Landwirtschafts- und Umweltministerium wechselte der Niederösterreicher im Dezember 2008 ins Finanzministerium und übernahm parallel die Rolle des Vizekanzlers unter Werner Faymann (SPÖ). Es war der Höhepunkt der internationalen Finanzkrise.
Milliarden wurden in die Hand genommen, um die heimischen Banken zu stabilisieren, die Hypo-Alpe-Adria-Bank kollabierte Ende 2009 bekanntlich trotzdem. Unter Pröll fiel der Entschluss, sie zu retten und zu verstaatlichen. Er übernahm damals auch die Rolle des Chefverhandlers.
In bislang drei Untersuchungsausschüssen dazu, der letzte 2022 mit Fokus auf die Rolle der Kärntner Landesregierung, sollte die politische Verantwortung des größten Bankenskandals der Zweiten Republik aufgearbeitet werden. Auch Josef Pröll musste sich immer wieder zu seiner Rolle in der Hypo-Abwicklung äußern.
Video: Josef Pröll soll neuer ÖFB-Chef werden
Auf die Finanzkrise samt Bankenpaket folgte ein Konjunkturpaket. Eine Steuerreform wurde vorgezogen, die Maßnahmen sollten die privaten Haushalte entlasten und die Wirtschaft wieder ankurbeln.
Als sich in der Krise eine Entspannung abzeichnet, muss Pröll sich um die angehäuften Schulden kümmern. Während auch in den heurigen Koalitionsverhandlungen und den Plänen von Türkis-Rot-Pink zum Defizit-Abbau Thema war, gab es vor rund 15 Jahren eine ähnliche Diskussion. Die Banken müssten ihren Beitrag leisten.
"Wir beide werden eine Bankenabgabe einführen", erklärte der damalige SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann mit seinem ÖVP-Vizekanzler Pröll im Februar 2010. Nach rund acht Monaten zäher Verhandlungen lag schließlich ein Steuer- und Sparpaket auf dem Tisch, das ab 2011 auch eine Bankenabgabe vorsah.
Banken sollten sich an den Kosten, die durch Banken-Rettungspakete in Zeiten der Finanzkrise entstanden waren, beteiligen. Die damalige Richtgröße lag zunächst bei 500 Millionen Euro, später wurden es 640 Millionen Euro.
Polit-Aus mit 42 Jahren
Die intensiven Jahre forderten ihren Tribut: Mit nur 42 Jahren gab Pröll im April 2017 dann seinen Rückzug von allen politischen Funktionen bekannt. Aus gesundheitlichen Gründen trat er als Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Parteichef zurück, im März war er wegen einer Lungenembolie in die Universitätsklinik Innsbruck eingeliefert worden.
Bei seinem Abschied sparte Pröll nicht mit Kritik an der eigenen Partei. Er ortete damals "einen Mangel an Anstand einzelner Politiker" der Volkspartei und "Stillstand" in Zukunftsfragen. Das Vertrauen in die Politik werde "massiv" infrage gestellt.
Ermittlungen in Causa Casinos Austria
Eigentlich blickte Pröll nach seinem politischen Aus stressärmeren Zeiten entgegen. Doch ab Juni 2019 wurde in der Causa Casinos Austria AG (CASAG) rund um einen mutmaßlichen Deal innerhalb der damaligen türkis-blauen Regierung im Glücksspielbereich auch gegen ihm ermittelt.
Der Vorwurf: Es soll eine ÖVP-FPÖ-Vereinbarung gegeben haben, den der FPÖ nahestehenden Peter Sidlo auf einem Ticket von CASAG-Miteigentümer Novomatic in den Vorstand zu entsenden - obwohl er für diesen Posten nur wenig qualifiziert gewesen sein soll. Im Gegenzug soll die FPÖ unter anderem Entgegenkommen bei Gesetzesänderungen beim kleinen Glücksspiel nach der Wiener Wahl signalisiert haben.
Pröll war 2019 im Aufsichtsrat der Casinos Austria, als zwei Vorstandsmitglieder vorzeitig entlassen wurden - mutmaßlich um Platz für den freiheitlichen Bezirksrat Peter Sidlo zu machen, wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermutete. In der Causa Casinos Austria wurde er als Beschuldigter geführt, im Jänner 2025 stellte die WKStA schließlich die letzten Ermittlungen gegen Pröll ein.
Josef Pröll hatte die Einstellung des Verfahrens selbst verkündet und nicht mit Kritik gespart. Die Ermittlungen hatten sich über fünf Jahre gezogen, in dieser Zeit sei er kein einziges Mal durch einen Staatsanwalt oder Oberstaatsanwalt einvernommen worden. "Die anonymen Vorwürfe gegen mich haben jeder Grundlage entbehrt. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie ein Verfahren in dieser Dauer ohne relevante inhaltliche Fortschritte bestehen konnte", wurde er zitiert.
Nähe zu ÖFB-Sponsor Raiffeisen
Einen mutmaßlich weniger nervenaufreibende Aufsichtsratsposten hat Pröll bei der zur Raiffeisen-Gruppe gehörenden Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (LLI) inne. Bereits mit 1. Juli 2011 wechselte er als Vorstandschef zur LLI, mit Jahresbeginn 2014 wurde er Generaldirektor.
Dass damit ein ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzender gekürt wird, der eng mit einem wichtigen Sponsoren verbandelt ist, dürfte mit Blick auf Prölls Vorgänger kein Problem sein. Beppo Mauhart war im Aufsichtsrat der Austria Tabak, Friedrich Stickler stand einst im Dienst der Casinos Austria.
"Diese Holding, bei der der Pepi in Amt und Würden ist, ja ... der Nächste ist irgendwo in einer Raiffeisenkassa mit drin, das wird doch alles überbewertet", zitiert der "Standard" Johann Gartner, Präsident des Niederösterreichischen Fußballverbands.
Während Pröll den Posten bei der LLI behalten kann, ist er zugunsten seiner neuen Stelle beim ÖFB als Landesjägermeister von Niederösterreich zurückgetreten. "Ich war und bin immer jemand gewesen, der Verantwortung übernimmt und 100 Prozent gibt", erklärte Pröll in einer Stellungnahme. "Zwei großen Verbänden vorzustehen und in beiden alles zu geben, ist aber nicht möglich."
Zusammenfassung
- Josef Pröll, 56 Jahre alt, übernimmt ab Sonntag den Vorsitz im Aufsichtsrat des Österreichischen Fußballverbands (ÖFB) und soll eine anstehende Strukturreform leiten.
- Bekannt wurde Pröll als Finanzminister und Vizekanzler, als er während der Finanzkrise 2008 Milliarden zur Bankenrettung mobilisierte und die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria verantwortete.
- Im Jahr 2011 zog sich Pröll mit nur 42 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aus allen politischen Ämtern zurück, nachdem er eine Lungenembolie erlitten hatte.
- Gegen Pröll wurde ab 2019 in der Causa Casinos Austria ermittelt, das Verfahren wurde jedoch nach fünf Jahren im Jänner 2025 eingestellt, ohne dass er einvernommen wurde.
- Pröll bleibt Generaldirektor der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (LLI), gab aber das Amt des Landesjägermeisters für seine neue Aufgabe beim ÖFB auf.