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China und Großbritannien wegen Hongkong im Clinch

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China hat Großbritannien im Streit um Hongkong mit Gegenmaßnahmen gedroht. Die Regierung in Peking wies das Angebot erleichterter Einbürgerung des britischen Premierministers Boris Johnson an bis zu drei Millionen ehemalige britischen Untertanen in der früheren Kronkolonie scharf zurück.

China hat Großbritannien im Streit um Hongkong mit Gegenmaßnahmen gedroht. Die Regierung in Peking wies das Angebot erleichterter Einbürgerung des britischen Premierministers Boris Johnson an bis zu drei Millionen ehemalige britischen Untertanen in der früheren Kronkolonie scharf zurück.

Der chinesische Außenamtssprecher Zhao Lijian bekräftigte am Donnerstag vor Journalisten in Peking die chinesische Position, dass diese kein Aufenthaltsrecht in Großbritannien haben dürften. Alle Hongkonger seien chinesische Staatsbürger.

Hintergrund des britischen Angebots ist der Erlass des Gesetzes "zum Schutz der nationalen Sicherheit" in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Das weitreichende und vage formulierte Dekret aus Peking richtet sich gegen Separatismus, Untergrabung der Staatsgewalt, Terrorismus und "geheime Absprachen" mit Kräften im Ausland, die Peking als chinafeindlich betrachtet. Es sieht als Höchststrafe lebenslange Haft vor. Es wendet sich auch gegen Ausländer und ermöglicht Auslieferungen nach China.

Bei spontanen, ungenehmigten Protesten gegen das "Sicherheitsgesetz" am Mittwoch wurden in Hongkong mehr als 370 Personen festgenommen, wie die Polizei berichtete. Zehn seien wegen Verstößen gegen das neue Gesetz in Haft genommen worden. Es war am Mittwoch zum 23. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China 1997 in Kraft getreten.

Aus Protest gegen das Gesetz zitierte die britische Regierung den chinesischen Botschafter Liu Xiaoming ins Außenministerium in London. Außenminister Dominic Raab warf der Führung in Peking vor, mit dem Gesetz die bisher garantierten Freiheiten in Hongkong zu strangulieren. "Das ist ein schwerwiegender und zutiefst beunruhigender Schritt", sagte Raab im Parlament in London.

Premierminister Johnson hatte angesichts des neuen Sicherheitsgesetzes seiner Drohung Nachdruck verliehen, ehemaligen Untertanen in Hongkong einen Weg zur britischen Staatsbürgerschaft zu ebnen. Dabei geht es um jene, die den Status eines Britischen Bürgers in Übersee (BNO) haben. Rund 350.000 Hongkonger besitzen einen solchen Ausweis. Theoretisch haben aber knapp drei Millionen einen Anspruch darauf. Sie sollen statt bisher sechs Monate künftig bis zu fünf Jahre in Großbritannien bleiben dürfen - mit Arbeitsrecht und eben der Aussicht auf Einbürgerung.

Dagegen protestierte der chinesische Außenamtssprecher: "Alle Hongkonger Landsleute, einschließlich jene, die einen Pass als Britische Bürger in Übersee haben, sind chinesische Staatsbürger." Vor der Rückgabe der Kronkolonie habe Großbritannien sich klar verpflichtet, ihnen kein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Eine Änderung dieser Politik verstoße gegen das Völkerrecht und grundlegende Normen internationaler Beziehungen. "Die chinesische Seite verurteilt dies scharf und behält sich das Recht auf weitere Antworten vor."

Das neue "Sicherheitsgesetz" war in Hongkong und international auf scharfe Kritik gestoßen. Es gibt Chinas Staatssicherheitsorganen weitreichende Vollmachten in der eigentlich autonomen chinesischen Sonderverwaltungsregion. Obwohl den sieben Millionen Hongkongern beim Souveränitätswechsel 1997 Freiheitsrechte und Autonomie garantiert worden waren, haben chinesische Staatssicherheitsorgane künftig in Hongkong freie Hand und können eigenmächtig ermitteln.

Der britische Premierminister sah einen "deutlichen und ernsten Bruch" der "Gemeinsamen Erklärung" mit China über die damalige Rückgabe. Das Gesetz verletze Hongkongs Autonomierechte und stehe im Widerspruch zum Grundgesetz der Sonderverwaltungszone, sagte Johnson.

Als Reaktion erwägt auch die australische Regierung die Vergabe von Sonder-Visa an Hongkonger, die durch das "Sicherheitsgesetz" gefährdet sein könnten. Die Lage in Hongkong sei "sehr besorgniserregend", sagte Premierminister Scott Morrison in Canberra. Seine Regierung denke "sehr aktiv" über Möglichkeiten nach, Hongkongern Schutz zu bieten. Ohnehin sind die Beziehungen zwischen Australien und seinem wichtigsten Wirtschaftspartner China angespannt.

Bei den Protesten in Hongkong wurden am Mittwoch auch sieben Polizisten verletzt. Ein Beamter sei mit einer Stichwaffe verwundet worden, teilte die Polizei mit. Wie die "South China Morning Post" berichtete, wurde der 24-jährige Angreifer später vor dem Abflug nach Großbritannien an Bord eines Flugzeuges festgenommen.

Am Donnerstag äußerte sich die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, per Aussendung zum "Sicherheitsgesetz": "Unsere Solidarität gilt nun den tausenden von Menschen, die sich spontan der Repression widersetzen und trotz Versammlungsverbot gegen das international heftig kritisierte Gesetz auf die Straße gehen", stellte sie fest. Das sogenannte Sicherheitsgesetz sei nicht nur ein schamloser Bruch des völkerrechtlich vereinbarten Status von Hongkong als autonome Stadt, es sei auch ein direkter Angriff auf die Menschenrechte.

Ernst-Dziedzic setzt sich für einen verstärkten internationalen Druck zur Einstellung der Angriffe Chinas auf Hongkongs Autonomie und die dadurch garantierte Grundfreiheit ein und ruft dazu auf, den völkerrechtlich verankerten Grundsatz "Ein Land - Zwei Systeme" wieder herzustellen. Sie plant entsprechende Initiativen im österreichischen Parlament und verweist darauf, dass China auch aufgrund eines aktuellen Berichtes über Folter an den Uiguren für Schlagzeilen sorgt und es hier dringend Aufklärung braucht. So sollen Angehörige dieser muslimischen Minderheit in Lagern systematisch zu Sterilisation und Abtreibungen gezwungen werden, China dementiert die Berichte.

Die chinesische Regierung ernannte unterdessen Eric Chan zum neuen Leiter des nationalen Sicherheitskomitees für Hongkong, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Chan sei auf Grundlage seiner Nominierung durch die pekingtreue Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam in das Amt gehoben worden, hieß es.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Regierung in Peking wies das Angebot erleichterter Einbürgerung des britischen Premierministers Boris Johnson an bis zu drei Millionen ehemalige britischen Untertanen in der früheren Kronkolonie scharf zurück.
  • Der chinesische Außenamtssprecher Zhao Lijian bekräftigte am Donnerstag vor Journalisten in Peking die chinesische Position, dass diese kein Aufenthaltsrecht in Großbritannien haben dürften.
  • Alle Hongkonger seien chinesische Staatsbürger.