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Blog-Affäre - Kommission: Botschafter zu spät abberufen

Heute, 17:49 · Lesedauer 3 min

Jener Botschafter, der wegen eines obszönen Blogs in die Schlagzeilen kam, hätte schon nach Bekanntwerden der Vorwürfe abberufen werden müssen. Zu diesem Ergebnis kam die von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) eingesetzte Kommission, die am Montag ihren Bericht präsentierte. Ex-Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), der die Entscheidung hätte treffen können, habe auf eine Kontaktanfrage per E-Mail nicht geantwortet, sagte der Vorsitzende, Thomas Starlinger.

Hinweise hatte das Ministerium bereits im September 2024 erhalten. Die Personalvertretung habe während einer internen Untersuchung dafür plädiert, den Botschafter abzuziehen. Gründe seien der mögliche Reputationsschaden, die Erpressbarkeit und die Meinungen anderer Botschafterinnen und Botschafter, führte Starlinger, den Meinl-Reisinger als sicherheitspolitischen Berater ins Außenministerium geholt hatte, vor Journalistinnen und Journalisten aus. Von der Ressortleitung sei aber keine Entscheidung getroffen worden, man habe die Sache "einfach laufen" gelassen und der Mann sei im Amt geblieben. Schallenberg und sein Kabinett seien über die Vorfälle jedenfalls informiert gewesen. Erst im Juli 2025 - infolge der Medienberichte - wurde der Botschafter abberufen.

Für Fälle, die disziplinar- oder dienstrechtlich relevant sein könnten, empfiehlt die Kommission dem Außenministerium klare Standardprozesse. So gebe es aktuell zum Beispiel keine objektiven und sachlichen Kriterien für die Beurteilung, ob eine Abberufung angemessen und vorzunehmen ist, wird im Bericht kritisiert. Weil ein Standardprozess fehlt, wurde im konkreten Fall auch die Abteilung für Sicherheitsangelegenheiten nicht eingebunden, was aber notwendig sei. Künftig soll die Frage, ob es eine Abberufung gibt oder nicht, keine politische mehr sein, sondern ein automatisierter Prozessablauf, sagte Starlinger.

Ebenso brauche es eine bessere Aktenführung im Disziplinarverfahren und einen besseren Wissens- und Erfahrungsaustausch. Schließlich gebe es im Außenministerium als kleinem Ressort nicht oft Disziplinarfälle. Vor allem bei der Besetzung von Leitungsfunktionen brauche es eine bessere Sicherheitsüberprüfung. Die Kommission empfahl zudem, den Sachverhalt für eine strafrechtliche Prüfung an die Staatsanwaltschaft zu übergeben.

Zusammenhang mit Cyberangriff "Spekulation"

Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Blog und dem Cyberangriff auf das Außenministerium 2019/2020 gab, wie kolportiert wurde, ist laut der Kommission "reine Spekulation", heißt es im Bericht. Es habe damals eine Reihe von Verfehlungen gegeben. Allerdings sei der Rechner des Beamten eines der kompromittierten Systeme gewesen. Keine Indikationen gab es auch dafür, dass ausländische Nachrichtendienste Einfluss auf ihn genommen hätten.

Mängel sieht die Kommission aber bei der Sicherheit von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) des Ministeriums, das häufig Ziel von Cyberangriffen ist. Empfohlen wird etwa die Einrichtung einer ressortübergreifenden zentralen Sicherheitsorganisation, die für alle Ministerien Mindestanforderungen festlegen und für ein einheitliches Sicherheitsniveau sorgen soll. Ein Hebel dazu könne die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit (NIS 2) sein.

Die Affäre war im Juli durch einen Medienbericht bekannt geworden. Der österreichische Spitzendiplomat, von dem die anstößigen pornografischen Blogeinträge stammen sollen, hatte anschließend um seine Abberufung gebeten, Meinl-Reisinger hatte diese angenommen. Seine Stelle wurde mittlerweile neu besetzt. Der Beamte selbst befinde sich immer noch im Personalbestand des Ministeriums, hieß es am Montag.

Zusammenfassung
  • Die vom Außenministerium eingesetzte Kommission kritisiert, dass ein Botschafter wegen eines obszönen Blogs trotz Hinweisen bereits im September 2024 erst nach Medienberichten im Juli 2025 abberufen wurde.
  • Empfohlen werden klare Standardprozesse und eine Automatisierung bei der Entscheidung über Abberufungen, da politische Einflussnahme und fehlende Einbindung der Sicherheitsabteilung im aktuellen Fall bemängelt wurden.
  • Ein Zusammenhang zwischen dem Blog und dem Cyberangriff 2019/2020 wird von der Kommission als "reine Spekulation" bezeichnet, es werden aber Verbesserungen bei der IT-Sicherheit und der Aktenführung im Ministerium gefordert.