Ärztekammer: Bei Verschreibung durch Pflege nicht "Bremser"
ÖGKV-Vizepräsidentin Inge Köberl-Hiebler hatte im Ö1-Radio kritisiert, dass die schon im Juli des Vorjahres beschlossene Kompetenzerweiterung für diplomierte Pflegekräfte noch nicht umgesetzt worden ist. Konkret spießt es sich an der via Verordnung festzulegenden Medikamentenliste, die derzeit noch in Verhandlung zwischen ÖGKV und Ärztekammer ist.
Aus dem Gesundheitsministerium hieß es dazu bereits am Montag, man unterstütze den Prozess und hoffe auf einen tragfähigen Konsens. Der ÖGKV habe dazu bereits sehr umfassende Listen mit Arzneimitteln vorgelegt. "Diese ging jedoch über die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) hinaus und wurde daher von der Österreichischen Ärztekammer abgelehnt", so das schriftliche Statement des Ministeriums. Man habe daher seitens des Ressorts den ÖGKV im September ersucht, eine gesetzeskonforme Liste zu erarbeiten und die Gespräche mit der Ärztekammer sowie den weiteren beteiligten Organisationen fortzusetzen.
Köberl-Hiebler erklärte zuvor, derzeit hinke der Prozess, "weil die Pflichtinteressensvertretungen hier ihr Veto einlegen", womit die Ärztekammer angesprochen war.
ÖÄK-Referatsleiter Kubin sagte dazu nun auf APA-Anfrage, man warte in der Ärztekammer auf die Übermittlung des eigentlich bereits ausgehandelten Entwurfs für die Medikamentenliste durch den Krankenpflegeverband. "Die letzte verhandelte Liste wäre für die Österreichische Ärztekammer tragbar."
Wenn "einzelne Teile des ÖGKV enttäuscht darüber sind, dass die Liste zu wenig umfangreich ist, kann ich nur sagen: Mehr gibt das Gesetz nicht her." Darüber hinaus sei man auch immer der Patientensicherheit und -compliance verpflichtet.
Die Kammer habe "ohne jede Diskussion" die Aufnahme aller nicht rezeptpflichtiger Medikamente in die Liste aufgenommen, so Kubin. Bei Medikamenten wie Schmerzmitteln oder Antibiotika brauche es aber eine "tiefgreifende Kompetenz" und somit den Weg über den Arzt bzw. die Ärztin.
Keine "Verhindererposition"
"Wir weisen vehement zurück, dass wir eine Verhindererposition einnehmen würden. Wir waren extrem kooperativ und sind überrascht ob der jetzigen Entwicklung", betonte Kubin. Und: "Wir stehen dem Ganzen nicht ablehnend gegenüber."
Den Grundsatz der Kompetenzerweiterung begrüße man in der Ärztekammer vielmehr, sagte er. Denn es gehe darum - gerade in der Langzeitpflege -, dass man bei gewissen Arzneimitteln nicht mehr den Weg über den Arzt machen müsse, sprach der Referatsleiter beispielsweise Präparate für die Haut- und Wundpflege an.
Neuregelung schon 2024 beschlossen, Umsetzung ausständig
Schumanns Vorgänger Johannes Rauch (Grüne) hatte die Neuregelung vorangetrieben - auch mit dem Verweis darauf, dass derartige Verschreibungen durch Pflegekräfte in anderen Ländern ganz normal seien. Die Neuerung soll den diplomierten Pflegekräften mehr Kompetenzen bringen.
Denn derzeit ist selbst diplomierten Pflegekräften das eigenständige Besorgen und Weitergeben von rezeptfreien Medikamenten für die zu Pflegenden nicht gestattet. Benötigt beispielsweise ein Heimbewohner ein in der Apotheke ohne Rezept erhältliches Kopfwehmittel, so muss selbst das von einem Arzt verordnet werden, der in diesen Einrichtungen (anders als in Krankenhäusern) oft nicht leicht greifbar ist. Vor demselben Problem steht auch die Hauskrankenpflege: Auch hier muss jeweils ein Arzt mit der Beschaffung befasst werden.
Zusammenfassung
- Die Ärztekammer betont, dass sie die Kompetenzerweiterung für Pflegekräfte bei der Medikamentenverschreibung unterstützt und nicht als „Bremser“ agiert.
 - Obwohl die Neuerung bereits im Juli 2023 beschlossen wurde, stockt die Umsetzung aufgrund der noch nicht finalisierten Medikamentenliste, die zwischen ÖGKV und Ärztekammer verhandelt wird.
 - Aktuell dürfen selbst diplomierte Pflegekräfte keine rezeptfreien Medikamente eigenständig weitergeben, was besonders in der Langzeit- und Hauskrankenpflege zu Problemen führt.
 
