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Ärzte ohne Grenzen: Zivilisten im Sudan wahllos getötet

03. Juli 2025 · Lesedauer 4 min

Im seit über zwei Jahren tobenden Bürgerkrieg im Sudan kommt es laut der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) zu massenhaft ethnisch motivierten Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung. Ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht dokumentiert systematische Gewalt, wahllose und absichtliche Tötungen von Zivilisten, Plünderungen, das Niederbrennen von zivilen Gebäuden, sexuelle Gewalt sowie Entführungen. Besondere Sorge gelte der Region um Al-Fashir.

Die Kämpfe zwischen der RSF (Rapid Support Forces), einer paramilitärischen Gruppe, und den sudanesischen Streitkräften SAF (Sudanese Armed Forces) haben sich im April und Mai 2024 stark intensiviert. Seitdem seien wahllos Gebiete, in denen Zivilisten leben, bombardiert worden, schreibt Ärzte ohne Grenzen in dem Bericht "Besieged, attacked, starved". Die RSF ziele insbesondere auf Orte ab, wo typischerweise nicht-arabische Gemeinschaften leben, wie die afrikanische Ethnie Zaghawa. "Niemand konnte Al-Fashir verlassen, wenn er oder sie sagte, Zaghawa zu sein", wird eine vertriebene Frau zitiert.

Eine 50-jährige Frau schildert: "Die SAF bombardierte unser Viertel versehentlich und kam danach, um sich zu entschuldigen." Die sudanesischen Streitkräfte hätten Bomben auf Wohngebiete abgeworfen, obwohl dort keine Mitglieder der rivalisierenden RSF gewesen sein. "Ich habe das an verschiedenen Orten gesehen", erzählte die Frau.

Im April seien infolge einer neuen RSF-Offensive auf das Flüchtlingslager Samsam in Nord-Darfur innerhalb von drei Wochen schätzungsweise 400.000 Menschen unter katastrophalen Bedingungen geflohen. "Das Camp ist leer und zerstört", sagte der Head of emergency operations Michel-Olivier Lacharité. Ein großer Teil der Bewohner des Flüchtlingscamps hat Zuflucht in Al-Fashir gesucht, wo die Menschen seither eingeschlossen sind, keine humanitäre Hilfe bekommen und weiterer Gewalt ausgesetzt sind. Zehntausende sind laut MSF weiter in das etwa 60 Kilometer entfernte Tawila oder über die Grenze in den Tschad geflohen, wo die Teams von Ärzte ohne Grenzen Hunderte Überlebende medizinisch versorgten.

Grundversorgung fehlt

Besonders prekär ist die Lage laut dem Bericht in Al-Fashir: Der Zugang zu Wasser und Nahrung werde der Bevölkerung verwehrt. Zudem breite sich angesichts der massiven Bombardierungen von Märkten eine Hungersnot schnell aus. Der fehlende Zugang zu Wasser in Verbindung mit der geringen Durchimpfungsrate habe das Risiko von Krankheitsausbrüchen erhöht und sei eine der Hauptursachen für die Verschlechterung des Gesundheitszustands der Menschen. "Es herrscht genereller Hunger, manche Menschen essen für zwei bis drei Tage nichts", sagte Mathilde Simon, Beraterin für humanitäre Angelegenheiten bei Ärzte ohne Grenzen. Etwa 38 Prozent der Kinder in Al-Fashir unter fünf Jahren sollen unter akuter, elf Prozent unter schwerer akuter und 27 Prozent unter mäßig akuter Unterernährung leiden.

Nach der Intensivierung der Kämpfe 2024 ist der Zugang zu medizinischer Versorgung nahezu unmöglich geworden. Auch Ärzte ohne Grenzen waren demnach im August letzten Jahres gezwungen, die Unterstützung des Saudi-Hospitals, das letzte verbliebene Krankenhaus der Stadt, einzustellen. "Die generelle humanitäre Hilfe ist sehr uneffizient und unzureichend zu diesem Zeitpunkt", sagte Lacharité. Im Flüchtlingslager Samsam sind im Zuge einer Bodenoperation der RSF laut dem MSF-Bericht auch einige Helfende getötet worden.

"Die internationale Aufmerksamkeit ist unter anderem so gering, weil seit Beginn des Jahres finanzielle Hilfen wie die USAID zurückgehen", sagte Lockyear. Die US-Entwicklungshilfebehörde USAID hat sich nach starken Kürzungen, veranlasst von Trump, aufgelöst. Diese Behörde war der größte Geldgeber im Sudan.

Appell gegen zivile Gewalt

"Mit diesem Bericht wollen wir die Kriegsführenden auffordern, die Attacken auf die Zivilbevölkerung, medizinischen Einrichtungen und die nicht-arabische Gemeinschaft Zaghawa zu stoppen", sagte Lacharité. Internationale Akteure, UNO-Institutionen, Mitgliedsstaaten der UNO und Staaten, die die Konfliktparteien unterstützen, müssen Druck ausüben, um weitere Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. "Wir werden nicht leise sein", sagte Generalsekretär von Ärzte ohne Grenzen International Christopher Lockyear, "die Dringlichkeit politische Entscheidungen zu treffen ist groß."

Im Sudan tobt seit April 2023 tobt ein erbitterter Machtkampf zwischen De-Facto-Machthaber Fattah al-Burhan und der RSF-Miliz seines Ex-Stellvertreters Mohamed Hamdan Dagalo. Grund dafür ist ein Konflikt um die Oberbefehlsgewalt über die Streitkräfte. Die Kämpfe vertrieben mehr als zwölf Millionen Menschen aus ihren Häusern, Zehntausende wurden getötet. Sowohl der Armee als auch der RSF-Miliz werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Zusammenfassung
  • Ärzte ohne Grenzen berichten von systematischer, ethnisch motivierter Gewalt im Sudan, darunter gezielte Tötungen, Plünderungen und sexuelle Übergriffe, besonders gegen nicht-arabische Gemeinschaften wie die Zaghawa in der Region Al-Fashir.
  • Die internationale Aufmerksamkeit und finanzielle Unterstützung wie durch die US-Behörde USAID sind stark zurückgegangen, weshalb Ärzte ohne Grenzen einen Stopp der Gewalt und mehr internationalen Druck fordern.