Neue Migrationsroute
Tausende Migranten auf Kreta: Droht eine neue Flüchtlingswelle?
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind dieses Jahr bis Ende Juni insgesamt 16.848 Migranten per Boot in Griechenland angekommen. Allein auf Kreta wurden 7.135 Ankünfte registriert.
Auch am Montag rettete die griechische Küstenwache erneut mehr als 200 Migranten in der Nähe von Kreta.
Küstenwache: Tausende warten auf Überfahrt nach Europa
Die Zahl der auf Kreta eingetroffenen Migranten stiegt nach Angaben des für die Küstenwache zuständigen Ministers Vassilis Kikilias im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um rund 350 Prozent.
Offiziere der griechischen Küstenwache gehen davon aus, dass im Raum Tobruk Tausende Menschen auf eine Gelegenheit warten, nach Europa überzusetzen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Behördenkreisen erfuhr.
Pro Kopf zahlen die Menschen Schleuserbanden nach eigenen Angaben für die gut 300 Kilometer lange Fahrt Tobruk-Kreta zwischen 4.000 und 6.000 Euro, wie kretische Medien berichten.
"Können Ströme nicht bewältigen"
Bereits im Juni äußerten auch die Behörden auf der südlich von Kreta gelegenen Insel Gavdos Sorge über die gestiegenen Zahlen der Ankünfte. "Wir haben nicht die Kapazitäten, um diese Ströme zu bewältigen", sagte die Bürgermeisterin der Insel.
Die 30 Quadratkilometer große Insel hat gerade einmal 70 dauerhafte Bewohner:innen. Allein im Juni kamen aber mehr als 2.500 Menschen per Boot auf der Insel an. Dieser Anstieg sei "eine schwere Last" für die Insel. "Es müssen institutionelle Lösungen gefunden werden", so die Bürgermeisterin.
EU besorgt - und in der Kritik
Besorgt über die Entwicklungen auf der Route zwischen Libyen und Kreta will in dieser Woche der EU-Kommissar für Inneres und Migration, Magnus Brunner, gemeinsam mit den Migrationsministern Griechenlands, Maltas und Italiens die libysche Regierung in Tripolis besuchen.
Brunner hatte bei einem Besuch in Athen kürzlich erklärt, der Termin in Libyen sei von großer Bedeutung. Die EU wolle damit zeigen, dass sie in Zusammenhang mit dieser Route, die Schleuser benutzen, um Menschen illegal nach Europa zu bringen, geschlossen handelt. Wie die EU konkret mit der neuen Migrationsroute umgehen will, könnte sich erst bei dem Besuch zeigen.
Menschenrechtler:innen kritisieren die EU-Politik jedoch scharf. Die EU fördere das Geschäft der Schleuser durch Grenzschließungen, so der Vorwurf.
Sie kritisieren auch die umstrittenen Pakte der EU mit afrikanischen Ländern. Diese sollen ihre Grenzen schließen für Menschen, die in Richtung Europa flüchten wollen. Viele dieser Länder stehen jedoch im Verdacht, Menschenrechtsverletzungen zu begehen.
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Karner: "Noch keinerlei Auswirkungen auf Österreich"
Sorge davor, dass eine neue Flüchtlingswelle auf Europa zusteuert, bestehe aber zumindest derzeit nicht, meint dazu Innenminister Gerhard Karner bei einem Pressegespräch am Montag.
"Das ist eine neue Route, die offensichtlich über Libyen gekommen ist", so Karner. Die Situation werde "von uns natürlich sehr genau beobachtet".
"Aber wir sehen noch keinerlei Auswirkungen hier auf Österreich."
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Zusammenfassung
- Am Wochenende sind rund 750 Migranten aus Libyen auf der griechischen Insel Kreta angekommen.
- Tausende warten laut der griechischen Küstenwache auf eine Überfahrt nach Europa.
- Droht nun eine neue Flüchtlingswelle?