APA/APA (dpa/Symbolbild)/Julian Stratenschulte

1,5 Mio. in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet

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In Österreich sind im vergangenen Jahr 1.472.000 Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gewesen. Das sind fast 17 Prozent der Bevölkerung. Merkmale dieser Gruppe sind Einkommensarmut, erhebliche materielle Einschränkungen oder geringe Erwerbseinbindung. Betroffen sind auch mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Vor allem fehlende Bildung führt zu schlechten Chancen.

In Österreich sind im vergangenen Jahr 1.472.000 Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gewesen. Das sind fast 17 Prozent der Bevölkerung. Merkmale dieser Gruppe sind Einkommensarmut, erhebliche materielle Einschränkungen oder geringe Erwerbseinbindung. Betroffen sind auch mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Vor allem fehlende Bildung führt zu schlechten Chancen.

Gegenüber 2018 zeigt sich insgesamt nur eine mäßige Verringerung der Zahl, damals waren es 1.512.000 Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdete. Längerfristig könne aus der Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC) jedoch eine Reduktion der von Armut oder sozialer Ausgrenzung Betroffenen um 227.000 Personen seit 2008 abgelesen werden, teilte die Statistik Austria am Donnerstag mit.

In Haushalten mit Ausgrenzungsgefährdung lebten 2019 auch 303.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Sie waren dadurch in vielen Bereichen von sozialer Teilhabe ausgeschlossen. Wie Daten zeigen, gibt es vor allem im Bereich der Bildung auch Übertragungseffekte zwischen den Generationen. Rund jede vierte Person (27 Prozent) aus einer formal bildungsfernen Familie (Eltern mit höchstens Pflichtschulbildung) hat später selbst nur eine Pflichtschule absolviert und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit für geringes Einkommen und mangelnde Teilhabechancen. Dem gegenüber beträgt die Pflichtschulquote nur sechs Prozent, wenn zumindest ein Elternteil einen höheren Abschluss erreicht hat. Das Risiko, Armut und soziale Ausgrenzung zu erfahren, ist für Personen aus bildungsfernen Familien um das 1,4-fache höher als für alle übrigen.

Von den fast 1,5 Millionen Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten in Österreich waren 1.161.000 Personen armutsgefährdet, 223.000 Personen erheblich materiell benachteiligt und 507.000 Personen unter 60 lebten in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität. Da diese Merkmale in Kombination auftreten können, ist die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten geringer als die Summe der drei Einzelindikatoren. 372.000 Personen waren in mindestens zwei der drei Armuts- oder Ausgrenzungsdimensionen benachteiligt (4,3 Prozent der Gesamtbevölkerung). 47.000 Personen waren in allen drei Dimensionen benachteiligt.

Für Kinder und Jugendliche ist das Aufwachsen in einem Haushalt mit geringem Einkommen oder Erwerbslosigkeit oft mit mangelnder sozialer Teilhabe verbunden. Für Kinder bis 15 Jahren aus armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Haushalten ist es häufiger nicht leistbar, Freunde zum Spielen oder Essen einzuladen. Andere Freizeitaktivitäten wie Sport- oder Musikkurse, die mit Kosten verbunden sind, können ebenfalls seltener in Anspruch genommen werden. Aus finanziellen Gründen keinen PC im Haushalt haben 36 Prozent aller unter 18-jährigen Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten, aber nur zehn Prozent aller anderen Jugendlichen.

Die Caritas machte darauf aufmerksam, dass die aktuellen Daten noch von vor der Coronakrise stammen. "Nicht erfasst sind all jene Menschen, die sich in den vergangenen Wochen an Hilfsorganisationen wie die Caritas gewandt haben", so Caritas-Präsident Michael Landau. Er ist überzeugt davon, dass die soziale Ungleichheit in Folge der Corona-Pandemie noch zunehmen wird. In diesem Zusammenhang bekräftigte er die Forderung nach einer Solidaritätsmilliarde für Männer, Frauen und Kinder, die am stärksten von den Folgen der Coronakrise betroffen sind. Weiters rät die Caritas "dringend", die Ausgleichszulage auf 1.000 Euro zu erhöhen.

Die Armutskonferenz sieht vor allem in vier Bereichen große Herausforderungen. Effektive Hilfen brauche es etwa bei Kinderarmut, älteren Arbeitslosen, Altersarmut und chronischen Erkrankungen, teilte das Netzwerk aus Hilfsorganisationen mit. Wichtig seien vor allem Sozialleistungen und ein starker Sozialstaat.

Sozialleistungen würden die Armutsgefährdung von 45 auf 13 Prozent reduzieren, berichtete die Armutskonferenz. Die stärkste Wirkung erzielten dabei Arbeitslosengeld, Notstands- und Mindestsicherung sowie Wohnbeihilfe und Pflegegeld. Vor allem in der jetzigen Coronakrise müsse man die Stärken des Sozialstaats erhöhen und die Schwächen korrigieren.

Wie EU-SILC 2019-Daten zeigen, gelten 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren, in deren Haushalten eine Person langzeitarbeitslos ist, als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Auch wenn Sozialleistungen die hauptsächliche Einkommensquelle darstellen, oder eine Person im Erwerbsalter eine Behinderung aufweist, ist eine erhöhte Armutsbetroffenheit bei Kindern und Jugendlichen festzustellen.

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich sind im vergangenen Jahr 1.472.000 Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gewesen.
  • Für Kinder und Jugendliche ist das Aufwachsen in einem Haushalt mit geringem Einkommen oder Erwerbslosigkeit oft mit mangelnder sozialer Teilhabe verbunden.
  • Aus finanziellen Gründen keinen PC im Haushalt haben 36 Prozent aller unter 18-jährigen Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten, aber nur zehn Prozent aller anderen Jugendlichen.

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