Vierte Staffel von "Stranger Things" ab Freitag bei Netflix
War Staffel 3 vielfach von einem lockeren Tonfall gekennzeichnet, der das sommerliche Setting im Stile einer Teenie-Komödie präsentierte (natürlich mit reichlich Monstern und Gefahren, wie es sich für diese 80er-Hommage eben gehört), fühlt man sich in der ersten neuen Episode durchaus daran erinnert. Während Eleven (Millie Bobby Brown) mit der Familie Byers nach Kalifornien gezogen ist und ihr dortiges Leben in Briefen an Mike (Finn Wolfhard) in den schillerndsten Farben beschreibt, hat in Hawkins der nicht immer lustige Highschool-Alltag begonnen - inklusive aller Cliquen, die dazugehören.
Die Duffer-Brüder lassen sich viel Zeit, um ihre Figuren in den neuen Umgebungen in Szene zu setzen - nur passiert vieles davon größer und ausführlicher, als man es bisher gewohnt war. Das gerade für Staffel 1 so prägende Rollenspiel Dungeons & Dragons, es wird nun nicht mehr bei Mike im Keller gespielt, sondern mit den großmäuligen Außenseitern vom Hellfire Club, während sich Lucas (Caleb McLaughlin) immer mehr von seinen nerdigen Freunden entfernt und bei den Sportlern (und damit coolen Kids) Anschluss sucht. Und Elevens schöne Tage in der neuen Heimat? Sind nur Fassade, wird das Mädchen doch gemobbt, was das Zeug hält - ohne sich aber mit ihren übernatürlichen Kräften, die sie zuletzt verloren hat, wehren zu können.
Man merkt schnell: Es geht drunter und drüber bei den Kids von "Stranger Things", die langsam zu jungen Erwachsenen werden. Allen voran aber haben die Macher der Serie das Problem, dass sie über drei Staffeln hinweg eine ziemliche große Zahl an Haupt- und wichtigen Nebencharakteren aufgebaut haben, die alle in den mehr als einstündigen Episoden bedient werden wollen. Da gibt es etwa Mikes Schwester Nancy (Natalia Dyer), die sich zur beinhart recherchierenden Jungjournalistin entwickelt hat, oder aber den früheren Schulliebling Steve (Joe Kerry), der besonders im Zusammenspiel mit Besserwissen Dustin (Gaten Matarazzo) glänzt, während Polizeichef Hopper (David Harbour) in einem russischen Gefängnis ums Überleben kämpft. All das hat zur Folge, dass vieles in den ersten Folgen wie eine bloße Aneinanderreihung einzelner Erzählungen wirkt, ohne etwas zum großen Ganzen beizutragen.
Spätestens aber, als ein neues Grauen in Hawkins einzieht und seine ersten Opfer fordert, beginnt die Geschichte an Fahrt zu gewinnen. Die je nach Sichtweise vier oder fünf Hauptstränge der neuen Staffel zielen offenbar auf ein Geheimnis aus der Vergangenheit ab, das rückwirkend die Geschehnisse in der Kleinstadt erklären soll. Und so viel lässt sich bald erahnen: Es hat wohl mit den Experimenten zu tun, denen auch Eleven als kleines Kind ausgesetzt war.
Nichtsdestotrotz heißt es für Fans zunächst mal: Geduld haben. Die ersten sieben Episoden, denen ab 1. Juli zwei weitere folgen, gehen in aller Ruhe den verschiedenen Fährten nach und skizzieren die Herausforderungen für die einzelnen Gruppen. Ob das "Größer ist besser"-Prinzip (einem Bericht des "Wall Street Journals" zufolge hat sich Netflix die neue Staffel rund 270 Mio. Dollar kosten lassen) unbedingt aufgeht, bleibt abzuwarten.
Was aber auch in diesem Durchgang wieder passt, sind die vielen popkulturellen Zitate, die detailverliebte und atmosphärisch stimmige Inszenierung und allen voran das (Zusammen-)Spiel dieser Charaktere, die man über die Jahre liebgewonnen hat. Bei so einer Chemie sind selbst Szenen, die inhaltlich nicht unbedingt überzeugen, ein Genuss. Und den sollte man ausgiebig auskosten, wurde doch das definitive Ende mit Staffel 5 angekündigt.
(S E R V I C E - www.netflix.com/at/title/80057281)
Zusammenfassung
- Drei Jahre musste Fans ausharren, um Eleven, Mike und die Bewohner von Hawkins wiederzusehen, die sich nach den Ereignissen in und unter Starcourt Mall keineswegs in Sicherheit wiegen können.
- Ob das "Größer ist besser"-Prinzip unbedingt aufgeht, bleibt abzuwarten.
- Bei so einer Chemie sind selbst Szenen, die inhaltlich nicht unbedingt überzeugen, ein Genuss.