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Ukraine beim Song Contest: Eine politische Gradwanderung

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In Turin geht der 66. Eurovision Song Contest über die Bühne. Großer Favorit auf den Sieg ist die Ukraine. Überschattet wird die Favoritenstellung allerdings durch den Krieg. Es ist nicht das erste Mal, dass die Teilnahme der Ukraine von politischen Skandalen begleitet wird.

Politik-Skandale gehören genauso zum Eurovision Song Contest (kurz ESC), wie Windmaschinen und Glitzerkonfetti. Auch wenn die EBU, European Broadcasting Union, stets betont, dass der Bewerb unpolitisch sei, kam es über die Zeit immer wieder zu politischen Skandalen rund um die Kultveranstaltung. Allen voran auch durch die Ukraine. Ein PULS 24 Überblick:

Mit Folklore und Rap zum Sieg?

Das Kalush Orchestra mit ihrem Song "Stefania" wird von Buchmachern und Fans bereits als Topfavorit in Turin gehandelt. Dabei steht die Debatte im Raum, ob Europa nur aus Solidarität für die Ukraine stimmen wird. "Wenn wir gewinnen, bin ich sicher, dass wir den Song Contest 2023 in einer unabhängigen, glücklichen Ukraine feiern können", sagte Kalush-Flötist Tymofii Muzychuk bereits gegenüber österreichischen Medien.

Song Contest: Wer die größten Chancen auf den Sieg hat

Bei dem Song, der eine Mischung aus Folklore und Rap ist, handle es sich nicht um ein Kriegslied, sondern um eine Hommage an seine Mutter, betont Frontmann Oleh Psiuk. "Das Lied wurde langer vor dem Kriegsausbruch geschrieben. Er beinhaltet kein Wort über den Krieg." Aber selbstredend lesen seit der russischen Invasion viele anderes in die Textzeilen hinein. Es ist eine Gratwanderung, mit der die Ukraine bereits in der Vergangenheit spielte.

Protestsong der Orangen Revolution

Seit 2003 ist die Ukraine Teil des Song Contest Universums. Schon ein Jahr später holte die ukrainische Sängerin Russlana mit "Wild Dances" den ersten Sieg für das Land. Dadurch wurde die Ukraine 2005 zum Gastgeber des ESC. Die Ukraine schickte in diesem Jahr die Band Greenjolly mit ihrem Protestsong "Razom nas bahato" (Zu Deutsch: "Zusammen sind wir zahlreich und niemand besiegt uns") ins Rennen.

Das Lied gilt als Hymne der orangen Revolution, einer Protestbewegung, die 2004 gegen den Wahlsieg des Regierungschefs Viktor Janukowitsch demonstrierte. Da das Regelwerk vorsieht, dass keine politischen Botschaften weder verbal noch in der Performance transportiert werden dürfen, musste die Band einige Textpassagen umschreiben.

Due ukrainische Band Greenjolly sang beim ESC einen Protestsong.

"Russia, goodbye"?

Zwei Jahre später, beim ESC 2007, kam es zum nächsten Skandal, als der ukrainische Comedian Andrej Danilko, bei ESC-Fans besser als Verka Serduchka bekannt, mit seinem Song "Dancing Lasha Tumbai" antrat. Der Song wurde damals als Russland-kritischer Trash mit musikalischer Qualität bezeichnet und tatsächlich reichte es damals für Platz zwei. Kritik hagelte es für die gesungene Version des Liedes. Der Song wartete mit der sinnfreien Textstelle Lasha Tumbai auf, was von etlichen Zuschauern als "Russia Goodbye" verstanden wurde. Danilko hat eine solche Auslegung allerdings stets in Abrede gestellt.

Viele ESC-Fans hörten statt "Lasha Tumbai", "Russia, goodbye".

Krimtatarin gewinnt trotz Kritik

Die wohl meiste Kritik gab es für die Ukraine im Jahr 2016, als die Krimtatarin Susana Dschamaladinowa alias Jamala mit ihrem Lied "1944" den Contest für sich entscheiden konnte. Trotz massiver Kritik aus Russland wurde der Beitrag zugelassen. Das Lied, das die Deportation der Minderheit unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin behandelt, verletze die Regeln des Wettbewerbs nicht, beschlossen die Organisatoren. Auch die Sängerin selbst bestritt den Vorwurf. 

Jamala holte der Ukraine den zweiten ESC-Sieg.

Ein Anruf für Kalush Orchestra oder für die Ukraine?

Freilich könnte man bei einem Sieg von Kalush Orchestra nicht sagen, ob die Mehrheit sich für das Lied und die Band begeistern konnte und deswegen für sie angerufen haben, oder ob man sich im Zuge des Krieges mit der Ukraine solidarisieren wollte. Eine weitere Frage, die sich im Falle eines Sieges stellen wird: Wie und wo könnte der Song Contest im Land veranstaltet werden? Theoretisch wäre es möglich, dass eine andere Rundfunkanstalt für den ukrainischen Sender Nazionalna Suspilna Teleradiokompanija Ukrajiny einspringen würde und die Veranstaltung austragen könnte. 

Die finale Platzierung des ukrainischen Beitrags wird auf alle Fälle auch in den kommenden Tagen und Wochen für weiteren Diskussionsstoff sorgen. Mit oder ohne Sieg der Ukraine, feststeht bereits jetzt, dass der ESC in diesem Jahr trotz aller einwenden einen politischen Beigeschmack hat. Schließlich wurden Russland und Belarus aufgrund des Einmarsches in die Ukraine vom Bewerb ausgeschlossen.

ribbon Zusammenfassung
  • In Turin geht der 66. Eurovision Song Contest über die Bühne.
  • Großer Favorit auf den Sieg ist die Ukraine.
  • Überschattet wird die Favoritenstellung allerdings durch den Krieg.
  • Es ist nicht das erste Mal, dass die Teilnahme der Ukraine von politischen Skandalen begleitet wird.
  • Ein PULS 24 Überblick zur Teilnahme der Ukraine beim Eurovision Song Contest.

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