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Taylor Swift: Eine von uns?

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Taylor Swift bricht gerade alle Rekorde. Warum sie so erfolgreich ist? Weil es so einfach ist, sich mit ihr zu identifizieren.

Am Dienstag startete der langersehnte Vorverkauf für Taylor Swift in Wien. Die Sängerin wird im August 2024 drei Tage hintereinander im Wiener Ernst-Happel-Stadion spielen – und es mit fast 100-prozentiger Sicherheit auch dreimal ausverkaufen. Um die Tour von keinem anderen Popstar gibt es aktuell so einen lauten Hype, wie um Taylors "Eras-Tour". Mit 33 Jahren ist sie aktuell wohl die einflussreichste Sängerin der Welt.

Der Hype um sie wirft vor allem für männliche Musik-Snobs viele Fragen auf. Die Sängerin sei "langweilig" heißt es oft. Der Hype um die heißbegehrten Karten wird als "hysterisch" betitelt – wie immer, wenn Stars vor allem eine weibliche Fanbase haben. Im "Standard" wurde sie zuletzt sogar als das "unspektakuläre Gegenstück" zu Beyoncé beschrieben.

Was diese Kritiken nicht begreifen: Taylor ist erfolgreich, weil sie basic im besten Sinne ist. Sie ist die Botschafterin einer Generation "weißer Frauen, deren schlimmstes Trauma ein gebrochenes Herz ist", wie es ein Tik Tok Kommentar zuletzt treffend formulierte. Die Erfahrungen, über die sie singt, könnten unsere sein.

I'm the problem, it's me

Mit "All too well" schrieb sie eine Hymne für alle, die mit 20 einen zehn Jahre älteren Typen gedatet haben. Mit "Midnights" widmet sie ihrer – und unserer – Insomnia und Unsicherheit ein ganzes Album. Die Songzeile "I'm the problem, it's me" aus "Anti-Hero" ziert seither die Bios ihrer Social-Media-Accounts. Die Botschaft: Taylor ist nicht irgendein Superstar. Sie ist eine von vielen jungen Frauen, die sich selbst die Schuld für alles geben.

Das unterscheidet ihr Image von dem anderer Mega-Stars unserer Zeit. Besagte Beyoncé ist als "Queen Bey" bekannt. Wenn sie die Bühne betritt, wirkt sie makellos, oft fast überirdisch perfekt. Niemand würde sich anmaßen, sich mit Beyoncé zu vergleichen. Aber bei Taylor? Da erscheint das für uns "Swifties", wie Taylors Fans liebevoll bezeichnet werden, fast möglich.

Taylors Lifestyle? Nicht gerade basic

Dabei ist diese Vorstellung natürlich illusorisch. Taylor Swift ist nicht wie wir, außer wir haben zig Millionen auf dem Konto und reisen bevorzugt mit unserem eigenen Flugzeug. 2022 stand sie öffentlich in der Kritik, weil sie häufiger als jeder andere Star mit ihrem Privatjet um die Welt flog. Alleine zwischen Jänner und August flog sie 170-mal und stieß somit 1.100-mal mehr Emissionen aus als durchschnittliche Verbraucher:innen. Die Sängerin stritt das damals ab - sie würde den Jet einfach nur so oft verleihen, hieß es. Was die Debatte auf jeden Fall sichtbar machte: Taylor ist eben doch nicht ganz wie ihre Fans.

Unter diesem Blickwinkel muss auch Taylors Entwicklung zur Feministin betrachtet werden. Gerade für Millennial-Frauen ist diese ein Anknüpfungspunkt, weil sie gemeinsam mit ihr in einer Welt erwachsen wurden, in der es ein weit weniger breitenwirksames feministisches Korrektiv gab.

Das spürte Taylor am eigenen Leib. Gerade zu Beginn ihrer Karriere war sie andauernd Slut-Shaming und sexistischen Doppel-Standards ausgesetzt. Ihre Songs würden nur von ihren Ex-Freunden handeln, lautete die Kritik. Das war damals Grund genug, sie als Künstlerin nicht ernst zu nehmen. Das Gefühl, es niemandem recht machen zu können, begleitet sie ihre ganze Karriere. Ihre Songs zeichnen auch ihre Emanzipation aus der Rolle einer "People Pleaserin" nach. Wieder ein Gefühl, das sich für die meisten ihrer Fans wohl sehr vertraut anfühlt.

"Fuck the patriarchy"

Die Sängerin für diese Entwicklung als feministische Ikone zu feiern, ist aber doch zu einfach. Ihr Feminismus ist natürlich nicht Teil einer revolutionären Bewegung zur Befreiung aller Frauen und Queers. Sie müsste gegen ihre eigenen Interessen - Privat-Jet, Mega-Villen, Hausangestellte - handeln, wenn sie es ernst mit dem Kampf gegen das Patriarchat meinen würden. Das ist eher unwahrscheinlich - und auch nicht der Anspruch einer Popsängerin.

Anders verhält es sich mit ihrem künstlerischen Erbe, das schon jetzt alle Vorstellungen sprengt. In den letzten Jahren produzierte sie Alben am laufenden Band - und erfand sich darin immer wieder neu.

Es gibt wenige Künstler:innen, die schon mit 33 eine über dreistündige Tour durch ihre verschiedenen Ären präsentieren können. Taylor Swift wirkt für uns vielleicht wie die beste Freundin, die uns betrunkene Sprachnachrichten über einen durchschnittlich nervigen Typen mit Schnauzer schickt – ihr Erfolg ist jedoch alles andere als basic.

ribbon Zusammenfassung
  • Taylor Swift bricht gerade alle Rekorde. Warum sie so erfolgreich ist? Weil es so einfach ist, sich mit ihr zu identifizieren.

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