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Tanz den Raimund: "Der Bauer als Millionär" in Gutenstein

10. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Manches ist neu in Gutenstein. Das Theaterzelt etwa ist ebenso runderneuert wie seine Lüftung. Dass die Premierengäste der Raimundspiele heuer nicht in stickiger, tropischer Luft arg ins Schwitzen gerieten, lag aber auch daran, dass durch den Wetterumschwung am Mittwoch nicht mehr brütende Hitze, sondern eine kühle Brise das Piestingtal beherrschte. Weniger frischer Wind wehte durch die Inszenierung von "Der Bauer als Millionär" - trotz der Jugend der Regisseurin.

Intendant Norbert Gollinger hatte zu seinem Einstand im Vorjahr den "Verschwender" in die Hände von Routinier Helmut Wiesner gelegt. Heuer blieb Gollinger zwar seinem Konzept "Raimund pur" treu, ging aber den gegenteiligen Weg, vertraute die Regie der Debütantin Lea Dalfen an, die Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien studiert und bisher nur bei Kurzfilmen selbst Regie geführt hat. Der fast 200 Jahre alte Raimund-Klassiker ist ein Brocken, der unter diesen Umständen kaum zu stemmen ist.

Was am meisten verblüfft: Dass die alte Geschichte eines einfachen Menschen, der von seinem unverhofften Reichtum verdorben wird, auch ohne allfällige Umbenennung in "Der Benko als Millionär" einen hoch aktuellen Kern hätte, vermittelt sich nicht einmal in Ansätzen. Dalfen setzt ganz auf Zeitlosigkeit und Märchenhaftigkeit. Es geht um gute Geister und die Kraft der Liebe. Deshalb führt sie einen Bewegungschor ein, der die Feenwelt auch tänzerisch präsent sein lässt, und setzt auf Kostüme, die in der langen Rezeptionsgeschichte dieses "Original-Zaubermärchens" schon vielfach eine Rolle gespielt haben könnten.

In Verbindung mit einem mit Versatzstücken arbeitenden und wenig originellen Bühnenbild ergibt das eine über Gebühr konventionelle, mitunter am Rande der Selbstpersiflage wandelnde Raimund-Aufführung, die durch Straffung Ballast abzuwerfen sucht und durch eine neue Bühnenmusik Wolfgang Schlögls neue Akzente setzen möchte und dabei dennoch im Ungefähren verbleibt.

Talentproben und Routine

Doch nichts gegen die Jugend. Denn die sorgt für ein paar Momente, die alles andere vergessen lassen. Vor allem ist es die 1995 geborene Carmen Kirschner, die einen überaus erfrischenden Auftritt als die Jugend hat, bei "Brüderlein fein" auch stimmlich glänzt und als Neid kurz andeutet, dass sie auch anders kann. Eine Talentprobe gibt auch Chiara Schmölz (Jahrgang 2000) als sehr natürliches und mutiges Lottchen am Weg in die Selbstbestimmtheit.

Rund um sie wird mit einigem Engagement und viel Routine darauf geschaut, dass die Liebesgeschichte trotz aller dramaturgischen Stolpersteine unfallfrei zu einem guten Ende kommt. Gerhard Kasal als Fortunatus Wurzel und Rudi Roubinek in der dankbaren Doppelrolle als schwäbischer Magier Ajaxerle und als bodenständiger Kammerdiener sind daran ebenso beteiligt wie Chris Pichler als huldvolle Fee Lakrimosa, die von Anna Hoss ins große, glitzernde Abendkleid gesteckt wurde, oder William Mang, der das Hohe Alter ebenso wie den Hass mit prägnanten rollenspezifischen Eigenschaften ausstattet.

Was bleibt am Ende? Viel Applaus, zufriedene Gesichter bei den Besuchern und beim hoch engagierten örtlichen Team, das zum Gelingen der Raimundspiele stark beiträgt, ein Fast-Vollmond bei der Heimfahrt durch das zauberhafte nächtliche Tal - und ein kräftiger Zweifel daran, ob "Raimund pur" wirklich das ultimative Zukunftskonzept dieses Sommerfestivals ist. Um das Erbe des Dichters lebendig zu halten, sollten Ideen wichtiger sein als Purismus. Gute Ideen.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Der Bauer als Millionär" von Ferdinand Raimund, Regie: Lea Dalfen, Bühne: Simina Nicolaescu, Kostüm: Anna Hoss. Raimundspiele Gutenstein. Aufführungen bis 3. August, Karten: 0676 / 840023200. www.raimundspiele.at )

Zusammenfassung
  • Die Premiere von "Der Bauer als Millionär" bei den Raimundspielen Gutenstein fand in einem runderneuerten Theaterzelt mit neuer Lüftung und kühlerem Wetter statt.
  • Regisseurin Lea Dalfen, die bisher nur Kurzfilme inszeniert hatte, setzte bei ihrem Debüt auf Märchenhaftigkeit, einen Bewegungschor und klassische Kostüme, stieß jedoch auf Kritik wegen fehlender Originalität.
  • Junge Talente wie Carmen Kirschner (Jahrgang 1995) und Chiara Schmölz (Jahrgang 2000) überzeugten das Publikum, während erfahrene Schauspieler und das engagierte Team für einen gelungenen Abend sorgten.