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Strauss-Operette "Waldmeister" im Heimatfilm-Ambiente

26. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Liebes- und Verwechslungsgeschichte mit Skandalen und Happy End: Genuss von mit Alkohol zur Bowle verarbeitetem "Waldmeister" lässt in der gleichnamigen Operette von Johann Strauss mit Konventionen brechen, Hüllen fallen und Paare zusammenfinden. Der Niederösterreicher Josef E. Köpplinger hat das musikalisch reiche Stück peppig inszeniert. Das tolle Ensemble erntete am Freitag im MQ nach der Premiere des Gastspiels des Münchner Stadttheaters am Gärtnerplatz ausgiebig Beifall.

Strauss war bereits 70 Jahre alt, als er die Musik nach einem Libretto von Gustav Davis für die Operette in drei Akten komponierte. Der Walzerkönig ließ es sich nicht nehmen, am 4. Dezember 1895 bei der Uraufführung im Theater an der Wien selbst die Ouvertüre seines neuen Werkes zu dirigieren. Nach Erfolgen - der Walzer "Trau, schau, wem!" ist ein echter Ohrwurm - fristete das Stück später eher ein Schattendasein und wird daher von den Organisatoren des Strauss-Festjahres als "besondere Operetten-Rarität" bezeichnet. Humorvoll ist es allemal.

Eine fidele Gesellschaft flüchtet, so die Handlung in aller Kürze zusammengefasst, von einem Unwetter überrascht, in die sogenannte Waldmühle. Als dort ein strenger Oberforstrat auf der Suche nach seinen Schülern auftaucht, die sich unerlaubt vom Dienst entfernt haben, sind bereits einige Techtelmechtel am Laufen. Bei einer Verlobungsfeier in sittenstrengem Hause geht es mit den Liebeleien munter weiter. Befeuert vom Genuss einer Waldmeister-Mischung erlebt die bürgerliche Gesellschaft, unter die sich lebenslustige junge Leute, allen voran Sängerin Pauline, gemischt haben, einen Befreiungsschlag. "Waldmeister" ist purer Klamauk und Loblied auf die Sinnesfreuden gleichermaßen.

Die "Süddeutsche Zeitung" urteilte unlängst, "Waldmeister" sei "von erlesener Blödheit": "Dekolleté, bildungsbürgerliche Scherze und zum Sexismus noch ein bisserl Homophobie", hieß es da. Da kommt die Überarbeitung von Köpplinger, der in den ursprünglichen Text eingegriffen hat, gerade recht. Er verlegte die Geschichte in die 50er-Jahre und in den Wienerwald. In seiner Inszenierung sind viele Klischees mit Augenzwinkern liebevoll überzeichnet, von Homophobie keine Spur. Die Frauen ziehen die Fäden, während die Männer jedem Klischee gerecht werden.

50er-Flair und Österreich-Charme

Die Heimatfilm-Assoziation weckt bereits ein Vorspann mit Titel und Besetzungsangaben in alter Schrift, der über den Vorhang "flimmert", während das Orchester die wohlbekannte Ouvertüre intoniert. Das Bühnenbild gefällt und ist so farbenprächtig wie die Kostüme, beides mit 50er-Flair und etwas Österreich-Charme (inklusive Wegweiser nach St. Pölten und einem alten SPÖ-Plakat). Die Geschichte mit all ihren Frivolitäten und Verwechslungen braucht keinen Tiefgang, in Zeiten wie diesen kann man rund zwei Stunden auch gerne mal nur unterhalten werden.

Im Museumsquartier wurde geschmunzelt und mitunter laut gelacht, wenn honorige Personen nach dem Konsum der Waldmeister-Bowle Frühlingsgefühle entwickeln und bürgerliche Konventionen ebenso wie immer mehr Bekleidung ablegen. Der zweite Akt gipfelt buchstäblich in eine (jugendfrei inszenierte) Orgie. In einem im Programmheft abgedruckten Interview sagt Köpplinger, das Stück könne zu einem Spiegel der heutigen Verhältnisse werden: "Wir engen uns selber ein, beziehungsweise manche möchten uns einengen in Konventionen, die wir schon als erledigt abgehakt hatten." Dem schallte es im Stück entgegen: "Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie dekolletiert und mit wem wir uns durch die Stadt bewegen!"

Lob für gesamtes Ensemble

Lob verdient bei dieser Screwball-Operette das gesamte Ensemble, dem neben Kammerschauspieler Robert Meyer viel rot-weiß-rotes Personal wie Sophia Keiler als perfekte Pauline, Kammersänger Daniel Prohaska, Matteo Ivan Rašić, dem tenorale Topleistungen abverlangt werden, und Regina Schörg angehören. Das Orchester des Gärtnerplatztheaters unter dem Dirigat des Österreichers Michael Brandstätter, der im Zuge der Rekonstruktion auf die Originalpartitur zurückgreifen konnte, musizierte mit Verve und Bravour. Der Applaus war lange und laut.

(Von Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E - "Waldmeister" von Johann Strauss im Museumsquartier, Halle E, Museumsplatz 1, 1070 Wien, Gastspiel des Münchner Staatstheaters am Gärtnerplatz. Musikalische Leitung: Michael Brandstätter, Regie und Licht: Josef E. Köpplinger, Bühnenbild: Walter Vogelweider, Kostümbild: Uta Meenen. Besetzung: Christof Heffele - Robert Meyer, Malvine - Regina Schörg, Freda - Andreja Zidaric, Tymoleon Gerius - Daniel Gutmann, Botho Wendt - Matteo Ivan Rašić, Pauline Garlandt - Sophia Keiler, Erasmus Friedrich Müller - Daniel Prohaska, Jeanne - Anna-Katharina Tonauer, Danner - Caspar Krieger, Martin/Sebastian - Erwin Windegger, Erich - Alexander Findewirth, Regina - Riccarda Schönerstedt. Weitere Aufführungen am 27. und 28. April. https://www.johannstrauss2025.at/event/waldmeister)

Zusammenfassung
  • Die Operette 'Waldmeister' von Johann Strauss wird im Museumsquartier Wien vom Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz aufgeführt.
  • Josef E. Köpplinger inszeniert das Werk neu, indem er es in die 50er-Jahre und den Wienerwald verlegt, und verzichtet auf homophobe Elemente.
  • Das Ensemble, darunter Robert Meyer und Sophia Keiler, erhält viel Lob für seine Darbietung.
  • Die Musik unter der Leitung von Michael Brandstätter wird als mitreißend und brillant beschrieben.
  • Das Bühnenbild und die Kostüme spiegeln das Flair der 50er-Jahre wider, und die Inszenierung wird als humorvoll und klischeeüberzeichnet gelobt.