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"Seasonal Greetings": Scheirl und Knebl im Kunsthaus Bregenz

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Sie sind bunt, queer, manchmal schrill und Österreichs Vertreterinnen bei der Kunst-Biennale Venedig: Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl zeigen von 12. Dezember bis 14. März im Kunsthaus Bregenz (KUB) eigens für die Ausstellung geschaffene Werke. Die Schau "Seasonal Greetings" des in Wien lebenden Künstlerpaars wartet zur Wiedereröffnung des KUB nach dem zweiten Lockdown unter anderem mit einem Eismeer und einem Hexensabbat auf.

Zwei Etagen bespielen die KünstlerInnen gemeinsam, auf zwei Stockwerken treten sie aus ihrer gemeinsamen Schnittmenge. Es ist eine Schau wie eine Grußkarte zum Jahresende, sowohl Kommentar zu den Geschehnissen im ablaufenden Jahr als auch Ausblick auf das Kommende, das sich Bahn bricht. Dementsprechend ist der Ausstellung das Scheirl/Knebl-Zitat vorangestellt: "Aufgerüttelt durch apokalyptische Visionen, muss sich die Gesellschaft neu erfinden." So hat sich das Erdgeschoß des KUB in ein dem berühmten Caspar-David-Friedrich-Gemälde nachempfundenes Eismeer verwandelt. Zwischen den aufbrechenden Schollen Eisglas-Leuchten aus den 1970er-Jahren und ein leerer Kühlschrank, die die Installation zum Sinnbild für das Zuhausebleiben machen. Das zerberstende Schiff ist durch ein Sofa ersetzt, denn heutzutage kentert man von zuhause aus.

Etwas gemütlicher wird es im ersten Obergeschoß, wo die 1970 in Baden bei Wien geborene Jakob Lena Knebl mit "Konkret" ihre "Begehrensräume" fortgestaltet. Ihr Interieur, das 2020 ja so ein zentraler Bestandteil unseres Lebens war, besteht als Erweiterung ihrer selbst aus orangem Teppich, riesigen Strumpf-Blumen, die die Künstlerin aus ihrer Kindheit kennt, und einer Art Setzkasten, in dem historische Designstücke und Nippes miteinander in Dialog treten. Als Sarah-Kay-Figur im Jeanskleid, untersucht Knebl in Selbstporträts vor rohen Betonbauten dabei das Heimelige und die Kommunikation durch Kleidung und Einrichtung.

Auf der folgenden Etage lockt ganz in Grün eine Hexenszenerie, die titelgebende überdimensionale Postkarte "Seasonal Greetings" ähnelt mehr einem augenzwinkernden Halloween-Porno als einem Kindermärchen. Zwei Hexen im Blümchenkleid empfangen die Besucher, auch ein Häuschen und dunkle Tannen fehlen nicht. Die Hexe als "Zaunreiterin" verweist für die beiden KünstlerInnen sehr passend auf ein Leben an der Grenze, am Rand und die Zugehörigkeit zu zwei Welten, dem Vertrauten und dem Anderen. Die KünstlerInnen erklärten dazu, sie wollten sich die Vereinnahmung der Hexe und ihre Attribute ansehen, von der real verfolgten Frau bis hin zum Rolemodel für feministische und queere Lebensentwürfe.

Unbehaglich fühlt man sich auf der vierten Etage. Ashley Hans Scheirl, 1956 in Salzburg geboren und Lehrende/r an der bildenden Akademie in Wien für Kontextuelle Malerei, hat dort ein frankensteinsches Labor eingerichtet. Große Zeichnungen von Körpern und Körperteilen, auf Metallbeine gestellt und abgegrenzt durch einen Duschvorhang, muten wie in Kreation befindliche Cyborgs an. Vergrößerte Geschlechtsorgane, Münder und Beine schweben im Raum, ausschnittsartig wie Dick Picks, Instagram-Fotos oder aus dem Katalog beim Schönheitschirurgen, laden zur Transformation, hinterfragen Identitäten und Körperbilder. Das in Bregenz Gezeigte führt damit die Arbeit der Vorreiterin der Transgender-Szene fort, allerdings weniger in Film und Malerei wie bisher. Ashley Hans Scheirl erklärte dazu, man habe die KUB-Ausstellung "genützt, um mal etwas auszuprobieren".

KUB-Direktor Thomas D. Trummer bedankte sich beim Publikum, das dem KUB in dem schwierigen Jahr "famos die Treue gehalten hat". Wie bereits bei der Corona-Schau im Frühjahr, sei es wichtig, "dass zu sehen ist, dass sich hier was tut". Das Team habe unter den erschwerten Bedingungen eine hervorragende Leistung gezeigt. Man sei froh, wieder aufsperren zu dürfen. Die Knebl/Scheirl-Schau sei ein begehbares Schaufenster, es gebe eisiges Blau, giftiges Grün, Putziges und Heimeliges, aber auch Schauriges, eine "Schau voller Sensationen", warb Trummer, der auf regen Besuch hoffte. Einen Kommentar zu der Schau des Duos bilden ab Jänner im KUB Basement die Fotografien des Franzosen Marcel Bascoulard, der sich selbst in Frauenkleidern porträtierte.

(S E R V I C E - Ausstellung "Seasonal Greetings" von Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl von 12. Dezember 2020 bis 14. März 2021. Kunsthaus Bregenz. Erweiterte Eröffnung am 11. Dezember von 15.00 bis 19.00 Uhr bei kostenlosem Eintritt, www.kunsthaus-bregenz.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Sie sind bunt, queer, manchmal schrill und Österreichs Vertreterinnen bei der Kunst-Biennale Venedig: Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl zeigen von 12. Dezember bis 14. März im Kunsthaus Bregenz (KUB) eigens für die Ausstellung geschaffene Werke.
  • Die Schau "Seasonal Greetings" des in Wien lebenden Künstlerpaars wartet zur Wiedereröffnung des KUB nach dem zweiten Lockdown unter anderem mit einem Eismeer und einem Hexensabbat auf.

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