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Schräg bis düster: Festival Vienna Digital Cultures legt los

Heute, 11:34 · Lesedauer 3 min

"Model Collapse" heißt das Motto der ersten Ausgabe des neuen Festivals Vienna Digital Cultures. "Es wird dieses Jahr ein wenig dunkel, aber das ist es auch, wenn man die Nachrichten liest", sagte Kurator Nadim Samman am Montag bei einem Medientermin über die Inhalte der präsentierten Arbeiten. Die Veranstaltung an fünf Standorten, ausgerichtet von Kunsthalle und Foto Arsenal Wien, startet heute online und in der Kunsthalle am Karlsplatz und läuft bis 18. Mai.

Auf der Internetseite viennadigitalcultures.at lässt sich ein digitaler Ausflug in die "Woosphere" des Künstlers Joey Holder unternehmen - in eine Welt, "in der sich nicht-menschliche Wesen in unsere kollektive Vorstellungskraft einschreiben", wie es in der Beschreibung der Auftragsarbeit heißt. Die immersive Installation findet in der Kunsthalle am Karlsplatz eine physische Erweiterung: Man tritt also "tatsächlich" in die düstere "Woosphere" ein.

Davor, quasi als Tor zur Ausstellung, erwartet das Publikum eine ganz andere Beschäftigung mit Digital Art. Auf einem Screen ist Eva & Franco Mattes' Video "But I Like Human" zu sehen, eine Montage von TikTok-Livestreamern, die "so tun, als wären sie Roboter, die so tun als wären sie Menschen", erläuterte Samman das für Nicht-Insider schräge Treiben. "Höchst unterhaltsam", so der Kurator.

Nach dem Verlassen der "Woosphere" ändert sich das Licht radikal. Eine Installation des Kollektivs Troika taucht den Raum in die Farbtöne des RGB-Filters, eines eng mit maschinellem Sehen verknüpften Bildsystems, also in Rot, Grün und Blau. Samman schwärmte vom Besuch bei untergehender Sonne: "Da hat man fast das Gefühl, sich in einer Kamera zu befinden."

Die Halle hat aber noch mehr zu bieten, etwa "Calculating Empires", ein 24 Meter langes Diagramm von Kate Crawford und Vladan Joler, "das die historischen Verflechtungen von Technologie, Macht und Körperlichkeit über ein halbes Jahrtausend hinweg sichtbar macht". Fünf Jahre habe man daran gearbeitet und alle Illustrationen per Hand gefertigt, erzählte Crawford. Die Intention dahinter: sichtbar machen, dass KI eine lange (Vor-)Geschichte hat. So erzählt der Wandteppich u.a. von Industrialisierung, der Geburt der Biometrie und der Einführung des Telefons.

Skulpturen aus Sexpuppen

Beim Betrachten gilt es, nicht über Skulpturen zu stolpern, die Arvida Byström aus "lebensechten" Sexpuppen gefertigt hat. Die Künstlerin untersucht die Ästhetiken und Implikationen von Deepfake-Pornografie (ein Beispiel für Letzteres ist in einer Slideshow dokumentiert). Die Arbeit verweist auf eine Performance am 17. Mai im "Haus der Republik", wie das ehemalige Funkhaus während der Festwochen heißt, die sie mit einer von KI gesteuerten Sexpuppe realisiert.

Reise ins maschinelle Unterbewusstsein

Zwei Screens zeigen abschließend Mathias Gramoso, wie er sich 24 Stunden selbst im Handy-Display betrachtet. Seine Arbeit "Perpetual Echo" thematisiert digitale Formen des Narzissmus. Aus der realen wieder in die digitale Ausstellung: Auf der Festivalplattform feiert der Film "The Bastard Fields" von Most Dismal Swamp Premiere. Die halluzinatorische Reise "durch das kulturelle und maschinelle Unterbewusstsein" wird dann auch im Reaktor-Kino gezeigt.

(S E R V I C E - Vienna Digital Cultures, 5.-18.5., Festivalpass zu 25 Euro oder Tagespass zu 5 Euro; mit einer gültigen Kunsthalle-Jahreskarte sind alle Veranstaltungen ohne zusätzliche Kosten zu besuchen; Programm und Online-Arbeiten: viennadigitalcultures.at)

Zusammenfassung
  • Das Vienna Digital Cultures Festival startet mit dem Motto "Model Collapse" und läuft vom 5. bis 18. Mai an fünf Standorten in Wien.
  • Joey Holders "Woosphere" bietet eine immersive Erfahrung, die sowohl online als auch physisch in der Kunsthalle am Karlsplatz zugänglich ist.
  • Kate Crawford und Vladan Jolers 24 Meter langes Diagramm "Calculating Empires" beleuchtet die historischen Verflechtungen von Technologie und Macht.