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"Salonfähig": Hirschls Einblick in die "Generation Slim Fit"

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Wer einen Roman von Elias Hirschl zur Hand nimmt, kann sich üblicherweise auf Einiges gefasst machen: In seinem 2016 veröffentlichten Werk "Meine Freunde haben Adolf Hitler getötet und alles, was sie mir mitgebracht haben, ist dieses lausige T-Shirt" ging es um absurde Zeitreisen, im Jahr darauf widmete er sich dem alltäglichen Wahnsinn eines Zivildieners. Mit "Salonfähig" legt der immer noch junge Wiener nun einen grotesk überhöhten Einblick in die "Generation Slim Fit" vor.

Sein namenloser Ich-Erzähler ist ein engagiertes Jung-Parteimitglied der "Mitte Österreichs", dessen Parteiobmann Julius Varga er mit all seinen Fasern zum bevorstehenden Wahlsieg verhelfen will. Dabei setzt alles daran, seinem großen Idol zumindest optisch nachzueifern. So verbringt er Stunden vor dem Spiegel, um seine Mimik zu trainieren, doch der Weg zu einem "authentischen Lächeln" ist ein weiter, wie er immer wieder im Freundeskreis erfahren muss, obwohl er von sich selbst sagt: "Ich lache wie eine regelmäßig gewartete Rolltreppe." Sein direktes Umfeld besteht - erraten - ausschließlich aus weiteren jungen, engagierten, gut gekleideten Parteimitgliedern, die sich zwischen wilden Kokainexzessen die Sohlen ablaufen, um ihren Messias zum Strahlen zu bringen. Allesamt waren sie bereits bei der Jugendorganisation "Junge Mitte", in der man - je nach Geschlechtspartner und dessen Status - Punkte sammeln konnte.

Dabei lässt Hirschl kein Klischee aus; vielmehr zeichnet er durch die wahnwitzige Überhöhung eine Welt, die man sich irgendwann auch tatsächlich als realistisch vorstellen kann. Zwischen seinen zahlreichen Aufgaben - vom Flyer-Verteilen über das Blumengießen in des künftigen Kanzlers Wohnung - konsultiert der Erzähler abwechselnd seine Psychotherapeutin und seine Rhetoriktrainerin. "Meine Rhetoriktrainerin sagt, eine der einfachsten und besten Übungen für sicheres freies Reden ist das Selbstgespräch", heißt es. Mit einem solchen hat man es schließlich in einem endlosen Stream of Consciousness in Romanform zu tun.

Von der Gesellschaft scheinbar erwartete Charakterzüge will sich der junge Parteisoldat akribisch antrainieren. Wie tolerant er ist, zeigt sich etwa folgendermaßen: "Was den Inhalt der Filme angeht, war ich nie sonderlich wählerisch und habe keinerlei Präferenz, was Herkunft oder Alter betrifft. Mir geht es nicht darum, aus welchem Land eine Person kommt oder was für eine Orientierung sie hat, sondern was eine Person in und für einen Porno zu leisten bereit ist." Weniger als bei Pornos kennt er sich allerdings in zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Wie man sich auf einem Date verhält, muss er erst googeln - und wundert sich dann, wenn sich seine neue Freundin ob der abgespulten Beziehungstipps über seine Falschheit echauffiert.

Hirschl, 1994 in Wien geboren und zunächst als Poetry-Slammer erfolgreich, hat mit "Salonfähig" erneut gezeigt, dass er ein Faible für absurde Plots hat, die er gerne aus dem Ruder laufen lässt. Dass der junge Erzähler nicht umsonst in Psychotherapie ist, zeigt sich gegen Ende seines Berichts, in dem sich die Realitätsebenen immer mehr verschieben. Wer ist wer? Und warum? Das fragt sich am Ende auch der Leser. Vielleicht bedeutet es aber auch nur: irgendwie sind sie alle gleich.

(S E R V I C E - Elias Hirschl: "Salonfähig", Zsolnay Verlag, 255 Seiten, 22,70 Euro. Buchpräsentation am 28. August, 18 Uhr, Buschenschank Hans & Fritz Wien)

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  • (S E R V I C E - Elias Hirschl: "Salonfähig", Zsolnay Verlag, 255 Seiten, 22,70 Euro.

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