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"Rigoletto" in der Grazer Oper: Der Schmerz hinter der Maske

Heute, 08:40 · Lesedauer 3 min

Mit Verdis "Rigoletto" hat die Grazer Oper am Samstag eines der ganz großen Opernwerke auf die Bühne gehoben und in einer schlüssigen Regie gezeigt. Die Blicke hinter die zynische Maske des Hofschranzen berühren, der Kontrast zwischen dem dekadenten Leben des Herzogs und der erblühenden Liebe Gildas ist wirkungsvoll ausgeführt. Musikalisch blieben hier und da Wünsche offen, Chefdirigent Vassilis Christopoulos schuf mit den Grazer Philharmonikern aber eine solide Basis.

Regisseurin Ute M. Engelhardt ergänzte das Figureninventar um die Rolle von Rigolettos Frau, die fast durchgehend über die Bühne huscht, ein mahnender Geist, der zuletzt im Wasser versinkt. Damit soll offenbar ein Trauma im Leben des Mannes angedeutet werden, das zur Spaltung seines Wesens führte. Am Hof des Herzogs ist er der abgebrühte Spaßmacher, der seinem Herren die Frauen zuführt und deren Ehemänner verhöhnt. Zuhause ist er der beschützende Vater, der seine Tochter von jeglichem Leben in der Gesellschaft abschirmt. Genau aus dieser Diskrepanz ergeben sich die Möglichkeiten, die Titelfigur spannend zu gestalten. Das benutzte Verdi, und er ergriff die Chance, eine Oper ein wenig außerhalb der damaligen Komponierroutine zu schaffen und schon in Richtung durchkomponierte Werke zu gehen.

Bemerkenswert an dieser Inszenierung ist, dass die Regisseurin die Stelle "Pari siamo" ("Gleich sind wir beide") als eine Schlüsselstelle ernst nahm. Rigoletto besingt hier seine Ähnlichkeit mit dem Auftragsmörder Sparafucile, der genauso wie er selbst seinen Job ohne Skrupel erledigt. Folgerichtig sind die beiden Figuren auch optisch ähnlich gestaltet, im Laufe des Abends gleicht sich der gedungene Mörder dem Spaßmacher immer mehr an. Und wunderbarerweise spielt Christopoulos über diese Stelle auch nicht einfach locker darüber, wie es leider viele seiner Kollegen machen, sondern gibt diesem Moment musikalisch Raum und Tiefe.

Apropos Raum: Das Bühnenbild (Stephanie Rauch) besteht aus einer großen Treppe und einer Brücke, Rigolettos Haus wird mit einer weißen Fläche angedeutet, wo auch Gilda malerisch schaukeln kann. Alles zweckmäßig, aber auch ansprechend und stimmungsvoll, was man von den wirren Kostümen (Katharina Tasch) nicht behaupten kann.

Rigoletto-Sänger absolut top

Bei der Figur des Rigoletto vergisst man allerdings schon bald die optischen Fehlschläge, so packend gestaltete und sang Nikoloz Lagvilava diese Partie. Stimmlich großartig lotete er den Schmerz, die Verachtung, die Verzweiflung und die Liebe zu seiner Tochter aus und sorgte für erschütternde Momente. Nicht ganz mithalten konnte Ekaterina Solunya als Gilda, die eine naiv-schmerzliche Darstellung mit ihrem zarten Sopran unterstrich, dem es aber besonders bei den Koloraturen an Geläufigkeit fehlte. Der liederliche Herzog wurde von Pavel Petrov als jugendlicher Tunichtgut mit viel Elan angelegt, gesanglich überforderte ihn die Partie aber stellenweise, mehr als eine achtbare Leistung ging sich nicht aus. Wilfried Zelinka zeigte mit viel Körpereinsatz einen abgebrühten Sparafucile, und Daeho Kim hatte als Monterone, der Rigoletto verfluchte, seinen großen Moment zu nutzen gewusst. Lasziv und lässig sang und agierte Neira Muhić (Maddalena), aufhorchen ließ auch Leah Bedenko als jugendliche Giovanna.

(Karin Zehetleitner/APA)

(S E R V I C E - "Rigoletto" von Giuseppe Verdi in der Grazer Oper. Musikalische Leitung: Vassilis Christopoulos, Inszenierung: Ute M. Engelhardt, Bühne: Stephanie Rauch, Kostüme: Katharina Tasch. Besetzung: Il Duca: Pavel Petrov, Rigoletto: Nikoloz Lagvilava, Gilda: Ekaterina Solunya, Il conte Monterone: Daeho Kim, Il conte di Ceprano: Lovro Korošec, La contessa di Ceprano: Agustina Calderón, Marullo: Nikita Ivasechko, Borsa: Jianwei Liu, Sparafucile: Wilfried Zelinka, Maddalena: Neira Muhić, Giovanna: Leah Bedenko. https://oper-graz.buehnen-graz.com/ )

Zusammenfassung
  • Die Grazer Oper präsentierte am Samstag Verdis "Rigoletto" in einer neuen Inszenierung von Ute M. Engelhardt, bei der die Figur von Rigolettos Frau als mahnender Geist ergänzt wurde.
  • Nikoloz Lagvilava überzeugte als Rigoletto sowohl gesanglich als auch darstellerisch und sorgte für emotionale Höhepunkte, während Ekaterina Solunya als Gilda stimmliche Schwächen zeigte.
  • Chefdirigent Vassilis Christopoulos leitete die Aufführung mit den Grazer Philharmonikern solide, wobei insbesondere die Szene "Pari siamo" musikalisch und szenisch hervorgehoben wurde.