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Regisseur Spielmann verspürte "nie eine Hollywoodsehnsucht"

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Zehn Jahre ist es her, dass mit "Oktober November" ein Film von Götz Spielmann in die Kinos kam. Mit dem ORF-"Landkrimi" "Der Schutzengel" gibt es am Dienstag um 20.15 Uhr in ORF 1 wieder einen neuen Streifen des österreichischen Regisseurs und Oscar-Nominees ("Revanche") zu sehen. Im APA-Interview klärt Spielmann darüber auf, warum dieser im Waldviertel spielt, er vieles der Vorstellungskraft der Zuseher überlässt und er trotz Angeboten nicht nach Hollywood ging.

APA: Was war zuerst da: Die Idee für den Krimistoff oder die Anfrage des ORF, ob Sie einen "Landkrimi" inszenieren möchten?

Spielmann: Die Anfrage zu einem "Landkrimi". Ich habe gleich gesagt: 'Ja, aber bitte im Waldviertel'. Ich habe dort seit ein paar Jahren ein Sommerhaus und nicht nur die Landschaft liebgewonnen, sondern auch viele interessante Menschen in unserem Dorf kennengelernt. Ich hatte Lust, mit diesen Erfahrungen eine Geschichte zu erzählen.

APA: Es gibt ja mittlerweile einige ORF-"Landkrimis". Haben Sie versucht, sich mit "Der Schutzengel" abzuheben oder bestmöglich ins Bild einzufügen?

Spielmann: Das Schöne am Format "Landkrimi" ist, dass der ORF ziemliche Freiheiten erlaubt. Ich wollte natürlich einen möglichst schönen Film in diesem Rahmen machen. Nicht um mich abzuheben, oder um mich zu unterscheiden, sondern einfach aus meiner kreativen Lust heraus.

APA: Es fällt auch auf, dass "Der Schutzengel" gewissermaßen anders ist. Der Film strahlt Gelassenheit aus, bricht mit Genrekonventionen und ist dennoch spannend. Wie macht man das?

Spielmann: Das frage ich mich selbst. Es war das schwierigste Drehbuch, das ich je geschrieben habe. Ein langer Prozess, der sich über zwei Jahre gezogen hat.

APA: Sie überlassen in "Der Schutzengel" viel der Vorstellungskraft der Zuseherinnen und Zuseher. Warum?

Spielmann: Die Fantasie des Zusehers ist komplexer und genauer als alles, was man konkret zeigen kann. Ein spannendes Erzählen ist sich dessen bewusst. Es erzählt für und mit der Fantasie des Zuschauers. Es bevormundet ihn nicht. Ich nehme meine Zuschauer ernst.

APA: In Ihrem Streifen ist es die Sexualität bzw. Untreue, die alles ins Rollen bringt und letztlich auch zu schweren Verbrechen führt. Auf dieses Thema greifen Sie immer wieder in Ihren Filmen zurück.

Spielmann: Ist das so? Muss ich überlegen... Vielleicht deshalb, weil Sexualität etwas Fundamentales im Leben ist. Man kann anhand dessen sehr viel und sehr genau über Menschen erzählen. Darin zeigt sich eine Vielfalt von Fragen, Konflikten, Chancen, Sehnsüchten, die den Menschen ausmachen. Ich betrachte sie nicht als etwas Anrüchiges, aber als etwas Intimes. Sexualität ist nie Selbstzweck in meinen Filmen, sie ist Ausdruck von etwas, wovon ich erzählen möchte. Sie ist ganz einfach ein Element meines Erzählens.

APA: In "Der Schutzengel" treibt zu Beginn eine Leiche in einem Waldteich. Auch in mehreren anderen Ihrer Filme spielt sich so manches an Gewässern ab. Was hat es mit dieser Vorliebe auf sich?

Spielmann: (Lacht) Ist mir auch schon aufgefallen. Ich habe mir gesagt, so, das ist jetzt aber der letzte Teich in deinen Filmen. Im Falle des "Schutzengels" hängt es mit der Landschaft zusammen. Ich habe die Geschichte aus dieser Landschaft heraus geschrieben. Die Teiche in den Wäldern des Waldviertels sind etwas sehr Markantes. Ich wollte viel Wald, einen Teich, auch ein Schloss in der Geschichte haben. Die gehören für mich zu dieser besonderen Atmosphäre des Waldviertels.

APA: Zwischen Ihrem letzten Film "Oktober November" und nun "Der Schutzengel" liegen zehn Jahre. Was hat Sie so lange beschäftigt?

Spielmann: Filmemachen ist ein harter Beruf. Aus einigen Projekten ist nichts geworden, weil ich manche Förderung nicht gekriegt habe und auch aus anderen Gründen. Meine Filme sind alle in einem arbeitsintensiven Prozess entwickelt worden. Durch meine Arbeit an der Filmakademie, die vor elf Jahren begonnen hat, und meine Familie, war für diese Intensität auch weniger Platz und Zeit als zuvor.

APA: Nach ihrem Erfolg mit dem oscarnominierten Film "Revanche" haben Sie wohl auch Angebote aus dem Ausland erhalten?

Spielmann: Sehr viele, ich hatte einen Topagenten in Los Angeles, ein paar wenige waren auch interessant. Dazu hätte ich aber rübergehen müssen, eine Weile dort leben. Ich bin aber damals auch Vater geworden, habe wie gesagt eine Familie gegründet. Da fand ich doch das Leben hier richtiger. Hinzu kommt, dass ich nie so eine Hollywoodsehnsucht gehabt habe wie manch andere Filmemacher. Es war für mich nie der Olymp, wo ich unbedingt hinwill. Meine künstlerische Herkunft ist der europäische Film. Kulturell gehöre ich hierher.

APA: Derzeit beschäftigt die Causa Teichtmeister die Branche stark. Für Ihren Fernsehfilm "Spiel im Morgengrauen" aus dem Jahr 2001 stand Florian Teichtmeister vor der Kamera...

Spielmann: - es war seine erste Filmrolle...

APA: Was sagen Sie dazu, dass der ORF, aber auch ZDF nun "Spiel im Morgengrauen" wie auch andere Filme mit Teichtmeister nicht mehr ausstrahlen werden?

Spielmann: Das ist natürlich schade für mich. Aber zurzeit kann man die Filme eben nicht zeigen. Schon allein deshalb, weil sie ja gar nicht mehr funktionieren. Man sieht nicht den Offiziersburschen, den er bei mir gespielt hat, oder den Kaiser Franz Joseph (Anm.: In "Corsage") oder was auch immer, man sieht nur jemanden, der privat mutmaßlich von kinderpornografischen Inhalten besessen ist, was abstößt und schockiert. Aber wir haben ein Rechtssystem, wo eine Straftat, wenn die Strafe verhängt und abgeleistet wurde, dann auch als gesühnt gilt. Die Filme muss man jetzt natürlich eine gute Weile aus der Öffentlichkeit nehmen, was denn sonst. Aber nicht lebenslänglich. Irgendwann wird man sie hoffentlich wieder zeigen und unbefangen sehen können.

APA: Abschließend: Könnten Sie sich vorstellen, dass Fritz Karl als Ermittler und Michael Steinocher als Polizist wieder aufeinandertreffen?

Spielmann: Mal schauen. Ich hätte Lust, diesen so besonderen Ermittler, den Fritz Karl spielt, weiterzuentwickeln. Vielleicht in einer ganz anderen Landschaft Niederösterreichs, am Rand der Alpen etwa, im Industrieviertel. Ich hab dazu erste spielerische Überlegungen. Aber sie sind noch nicht am Punkt.

APA: Wird nun wieder häufiger etwas von Ihnen zu sehen sein?

Spielmann: Ich hoffe es, ich liebe das Filmemachen. Die vergangenen, langen Jahre waren, was das betrifft, keine einfache Zeit.

(Das Gespräch führte Lukas Wodicka/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Zehn Jahre ist es her, dass mit "Oktober November" ein Film von Götz Spielmann in die Kinos kam.
  • Mit dem ORF-"Landkrimi" "Der Schutzengel" gibt es am Dienstag um 20.15 Uhr in ORF 1 wieder einen neuen Streifen des österreichischen Regisseurs und Oscar-Nominees zu sehen.

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