APA/APA/Salzb. Festspiele/Ruth Walz

"One Morning Turns into an Eternity" begeisterte in Salzburg

28. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Mit "One Morning Turns into an Eternity" begeisterten die Salzburger Festspiele am Sonntagabend in der Felsenreitschule mit einem neu geschaffenen Musiktheaterprojekt. Regisseur Peter Sellars und Dirigent Esa-Pekka Salonen kombinierten Arnold Schönbergs Monodram "Erwartung" und "Der Abschied" aus Gustav Mahlers "Das Lied von der Erde" zu einem gut einstündigen Abend über Verlust, Erinnerung und inneren Aufruhr.

Der Abend hatte aber keine Handlung im klassischen Sinn, dafür eine starke innere Dramaturgie. Der Titel entstammt einem Vers des chinesischen Lyrikers Wang Wei, der Mahler als Inspirationsquelle diente, und wurde zum Leitmotiv einer Reise in seelische Grenzbereiche. Schönbergs "Erwartung", ein fiebriges Solo einer Frau auf der Suche nach ihrem Geliebten, bildete den Auftakt.

Ausrine Stundyte performte die Partie mit großer stimmlicher und darstellerischer Intensität, mehr erlebt als erzählt, mehr gespürt als gesungen. Dass nicht jede Silbe verständlich blieb, geriet dabei zur Nebensache, denn die emotionale Wucht übertrug sich. Sellars ließ die Sängerin durch ein szenisches Gerüst aus verspiegelten Metallsäulen irren, die als Bäume gedacht waren, neben großen Steinen und eingefasst von Stacheldraht. Die Bühne blieb sonst offen, die Mittel reduziert. Licht und Farben – etwa blutrot, als Stundyte die blutigen Hände besang – untermalten die Wirkung, ohne aufdringlich zu werden. Die Naturkulisse der Felsenreitschule tat ihr Übriges: Sellars überformte sie nicht, er integrierte sie mit ihrer eigenen Wirkung.

Als Überleitung zu Mahler hatte man Weberns "Fünf Stücke" gewählt. Sie wirkten im Anschluss wie ein Innehalten, ein Nachklang, ein kurzes Atmen nach dem psychischen Ausnahmezustand. Die Wiener Philharmoniker unter Esa-Pekka Salonen gestalteten die Miniaturen mit großer klanglicher Differenzierung und Momenten zwischen Fragment und Erinnerung.

Ein Abend mit nachhaltiger Wirkung

In Mahlers "Abschied" übernahm Fleur Barron mit ruhigem Ton, melancholischem Ausdruck und großem stimmlichen Farbenreichtum. Sie wirkte auf der Bühne zurückhaltend, aber innerlich bewegt. Ihr warmer Mezzo verlieh dem Abschied Würde und Weite ohne Pathos. Salonen hielt den großen Bogen, ließ das Orchester fließen, gestalten, und aus der Stille heraus leuchten. Wo Mahler das Ende nur noch flüstern lässt, führte Salonen mit kontrollierter Emotionalität und klarem Klangbild dorthin.

Ein Abend ohne Pause, ohne Effekt, aber mit nachhaltiger Wirkung. Was in seiner Anlage beinahe kammermusikalisch wirkte, entfaltete in der Summe große Tiefe. Das Publikum in der voll besetzten Felsenreitschule reagierte mit stiller Aufmerksamkeit und langem Applaus. Sellars und Salonen haben kein plumpes Spektakel geschaffen, sondern ein klug gebautes Ritual des Erinnerns.

(Von Larissa Schütz/APA)

(S E R V I C E: "One Morning Turns into an Eternity" – Musikalische Leitung: Esa-Pekka Salonen, Regie: Peter Sellars, Bühne: George Tsypin, Kostüme: Camille Assaf, Licht: James F. Ingalls, Dramaturgie: Antonio Cuenca Ruiz. Auf der Bühne: Ausrine Stundyte (Eine Frau), Fleur Barron (Alt), Karlheinz Schütz (Soloflöte), Wiener Philharmoniker. Weitere Termine: 2., 10., 15., 18. August, www.salzburgerfestspiele.at)

Zusammenfassung
  • Die Aufführung dauerte gut eine Stunde, verzichtete auf klassische Handlung und setzte stattdessen auf starke innere Dramaturgie, wobei Ausrine Stundyte und Fleur Barron mit intensiven Darbietungen überzeugten.
  • Das Publikum in der voll besetzten Felsenreitschule reagierte mit stiller Aufmerksamkeit und langem Applaus, weitere Termine sind am 2., 10., 15. und 18. August geplant.