APA/APA/Retz/Barbara Palffy

Multimedial aufbereitet: Bononcinis "Salome" in Retz

12. Juli 2025 · Lesedauer 2 min

Zum 20-jährigen Jubiläum und im zweiten Jahr seiner Intendanz beim Festival Retz hat Christian Baier mit der barocken Kirchenoper "Salome" von Antonio Maria Bononcini wieder eine schöne Rarität auf den Spielplan gesetzt. Die Premiere in der Stadtpfarrkirche St. Stephan wurde am Freitagabend mit reichlichem Beifall bedacht.

Wie schon im Vorjahr bei "Kain und Abel" setzt Baier auf multimediale Aufbereitung. Die Inszenierung von Nicole Aebersold und Jasmin Avissar verwendet großflächige Projektionen, markantes Lichtdesign und choreografische Passagen. Die 1709 für den Wiener Kaiserhof komponierte Oper - im Grunde eher ein szenisches Oratorium - mit dem Originaltitel "La Decollazione di San Giovanni Batista" enthält dramaturgisches Potenzial, das in Retz sehr tiefgehende Interpretation erfährt.

Besonders gelungen ist dabei die filmische Ebene. Unter Einbeziehung der Retzer Bevölkerung und der spezifischen Weinbau-Landschaft wird u.a. das Fresko "Das Fest des Herodes" von Filippino Lippi nachgestellt und somit in geradezu tourismusfördernder Bildsprache ein Konnex zwischen biblischer Ikonografie und idealer Gegenwart hergestellt.

Zumindest ansatzweise nachvollziehbar ist die Funktion der Figur "La danza" (verkörpert von Avissar) als Symbol einer sich im emotionalen Schleier verstrickenden Weiblichkeit. Denn die Regisseurinnen wollen einen Perspektivwechsel im bislang männlich geprägten Blick auf den "Salome"-Stoff erreichen. Ein hehres Ziel, das sich bei allen Effekten (Bühnenbild und Technik: Hartmut Schörghofer) in der sparsamen Interaktion der Charaktere nur teilweise erschließt. Doch das tut dem Gesamteindruck keinen Abbruch.

Erfreuliche Stimmen

Unter der musikalischen Gesamtleitung von Luca De Marchi musiziert das Ensemble Continuum Wien frisch und lebendig. Durchwegs erbaulich sind auch die Stimmen: Anna Piroli in der Titelpartie, Carolina Lippo als Herodias, Chiara Brunello (mit dunklem Timbre ideal als Johannes), Cornelia Sonnleitner als erfreulicher Angelo und Fernando Aaron Garcia-Campero Gómez als kraftvoller Herodes.

Weitere Programmpunkte beim Festival bilden u.a. eine Matinee am Sonntag mit "Aniada a Noar" an der Thayabrücke Hardegg, bei der bei freiem Eintritt die Festivalpartnerschaft zwischen Retz und Znojmo begangen wird, ein Liederabend mit Martin Mairinger im Stadtmuseum am 17. Juli und ein Galakonzert auf Schloss Schrattenthal am 19. Juli.

(Von Ewald Baringer/APA)

(S E R V I C E - Festival Retz, Stadtpfarrkirche: Antonio Maria Bononcini, Salome (La Decollazione di San Giovanni Batista), Regie: Nicole Aebersold und Jasmin Avissar, musikalische Leitung: Luca De Marchi. Weitere Aufführungen bis 27. Juli. Information und Tickets: www.festivalretz.at)

Zusammenfassung
  • Das Festival Retz feiert sein 20-jähriges Jubiläum mit der barocken Oper "Salome" von Antonio Maria Bononcini, die 1709 für den Wiener Kaiserhof komponiert wurde und am Freitagabend in der Stadtpfarrkirche St. Stephan Premiere feierte.
  • Die multimediale Inszenierung von Nicole Aebersold und Jasmin Avissar setzt auf großflächige Projektionen, markantes Lichtdesign und filmische Elemente, wobei auch die Retzer Bevölkerung und die lokale Weinbaulandschaft eingebunden werden.
  • Bis 27. Juli finden weitere Aufführungen sowie Programmpunkte wie eine Matinee am 14. Juli, ein Liederabend am 17. Juli und ein Galakonzert am 19. Juli statt.