APA/ERWIN SCHERIAU

Max Höfler bringt Anarchie mit Struktur zum Bachmann-Preis

11. Juni 2025 · Lesedauer 4 min

Bücher von Max Höfler heißen "Alles über alles - oder warum" oder "Texas als Texttitel": Dahinter verbergen sich scheinbar spielerische Versuchsanordnungen, denen mehr Theorie zugrunde liegt, als sie preisgeben wollen. Überhaupt strahlt der 47-jährige Autor eine gehörige Portion Understatement aus. Er arbeite "in einer kleinen Blase, da kennt man sein Publikum persönlich", lacht er im APA-Interview. Das wird sich mit seiner Teilnahme beim Bachmann-Preis wohl ändern.

Dass Höfler, 1978 in der Oststeiermark geboren und seit mehr als 20 Jahren einer der schillerndsten Proponenten der experimentellen Strömung der Grazer Literaturszene, überhaupt einen Text für das Klagenfurter Wettlesen eingereicht hat, ist folgerichtig einem Impuls von außen zu verdanken. "Es ist eine Möglichkeit, meine Art von Literatur herzuzeigen", schmunzelt der Autor, der 2010 mit "Vom absolut Gewöhnlichen und dem für gewöhnlich Absoluten" eine Dissertation über eine Ästhetik nach Wittgenstein vorgelegt hat.

"Eigentlich wollte ich immer auf der Uni bleiben: lesen, lernen, forschen", so Höfler, der ursprünglich für ein Toningenieur-Studium nach Graz kam und dann auf der Germanistik hängen blieb. Doch es kam anders: Ein Dissertationsstipendium ermöglichte ihm die Arbeit an seinem im Ritter Verlag erschienenen literarischen Debüt, der damit gewonnene Rosegger-Preis den Abschluss der Dissertation. An eine Uni-Karriere war da aber schon nicht mehr zu denken: "Da war ich schon in die Literatur reingerutscht. Und das ist, wie wenn man einmal im Häf'n gewesen ist - da bekommt man nie wieder eine andere Arbeit", sagt er und lacht.

Nach Klagenfurt eingeladen wurde Höfler von Klaus Kastberger, über den Text selbst verrät er nur soviel: "Er ist eigentlich so wie meine anderen Texte. Ich arbeite mit dem Hohen und mit dem Niedrigen und versuche, beides auf eine gemeinsame symbolische Ebene zu bringen". Will heißen? "Es ist ein anarchischer Text, aber streng strukturiert", so der Autor, dessen lange Dreadlocks seit jeher sein Markenzeichen sind. Live-Auftritte liegen ihm besonders am Herzen: "Bei einer Lesung passiert plötzlich etwas, da steht im besten Fall etwas auf dem Spiel."

"Ich habe eher Angst, dass sie den Text gut finden"

Der Jury-Diskussion sieht er gelassen entgegen. "Das ist mir total egal. Ich weiß, was man dieser Art von Literatur, die ich schreibe, unter Anführungszeichen 'vorwerfen' kann. Das sind dann halt so Argumente wie: 'Naja, diese Avantgarde, das hat's ja schon alles gegeben.'" Dass sein Text durchfallen könnte, macht ihm keine Sorgen: "Ich habe eher Angst, dass sie den Text gut finden - weil ich damit schwerer umgehen kann, als wenn sie sagen: 'Das ist scheiße, was soll das?' Dann fühle ich mich total bestätigt in dem, was ich mache. Wenn sie aber sagen: 'Großartiger Text, auf den haben wir gewartet', wäre das emotional schwieriger für mich als umgekehrt."

Wie Höfler schreibt, steht durchaus in der Tradition von Werner Schwab oder Wolfgang Bauer. Als er kurz vor der Jahrtausendwende nach Graz kam, habe er eine Stimmung wie in den 1960ern und 70ern - "großes Rambazamba" - erwartet, und war dann etwas enttäuscht. Schließlich fand er in Helmut Schranz, den vor zehn Jahren verstorbenen Mitherausgeber der Literaturzeitschrift "perspektive", einen Freund und Mentor. "Er war einer der letzten Anarchisten. Der hatte mal Hausverbot im Literaturhaus, weil er zu viel gelacht hat - oder an den falschen Stellen." Schranz' Tod habe in der experimentellen Grazer Literaturszene eine Lücke gerissen. Umso mehr freut er sich, dass mit Verlagskollegin Natascha Gangl noch eine weitere Autorin "aus der Grazer experimentellen Blase" dabei ist.

Auch als Kurator und Musiker aktiv

In Graz ist Höfler aber nicht nur als Autor bekannt, er übernahm auch kuratorische Aufgaben in der Grazer Szene, kuratierte er doch das Literaturprogramm im Forum Stadtpark, betreibt Projekte wie das Leinwandliteratur-Magazin "Glory Hole", das literarische Kurztexte nachts auf die Außenleinwand des Forums projiziert oder startete vor 20 Jahren mit der "Eigenheimgalerie GG44" eine Art semi-öffentliches Netzkunstprojekt. Als Mitbegründer der Kunstgruppe "R.A.P 1.2" besetzte er einmal das Literaturhaus Graz. "Ich versuche, Kunst so frei wie möglich zu spielen. Und deswegen behaupte ich manchmal, dass es keine Kunst ist - dann tut man sich leichter beim Schreiben."

Aber nicht nur schreibend bewegt er sich in der Kunst, auch als Musiker ist er mit der Formation "Lil Franz" in Erscheinung getreten, derzeit ist gerade eine neue Single in Arbeit. Aber so genau zwischen den Disziplinen trennen will Höfler gar nicht: "Schreiben ist für mich ja auch ein musikalischer Prozess: Es geht um Rhythmus, Dramaturgie, Tonart - das sind Prinzipien, die allen Künsten zugrunde liegen. Ich schreibe musikalisch."

(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)

Zusammenfassung
  • Max Höfler, 47-jähriger Autor aus der Oststeiermark, zählt seit mehr als 20 Jahren zu den wichtigsten Vertretern der experimentellen Grazer Literaturszene.
  • Für den Bachmann-Preis 2024 wurde Höfler von Klaus Kastberger eingeladen und bringt einen Text ein, den er als „anarchisch, aber streng strukturiert“ beschreibt.
  • Seine literarische Arbeit ist theoretisch fundiert, etwa durch seine 2010 abgeschlossene Dissertation über Ästhetik nach Wittgenstein.
  • Neben der Schriftstellerei ist Höfler auch als Musiker mit der Formation „Lil Franz“ aktiv und sieht Schreiben als musikalischen Prozess.
  • In Graz kuratierte er zahlreiche Projekte, darunter das Literaturprogramm im Forum Stadtpark und das Magazin „Glory Hole“.