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Mavi Phoenix ist zurück: "Wirbelsturm an Ereignissen"

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"Irgendwie war es ein Wirbelsturm an Ereignissen." Wenn Mavi Phoenix auf die vergangenen zwei Jahre zurückblickt, gibt es viel zu verarbeiten. Zu Beginn der Coronapandemie erschien sein Debütalbum "Boys Toys", nur wenige Wochen nach seinem Transouting. Mittlerweile hat er auch eine Hormonbehandlung hinter sich gebracht, was nicht nur seine Stimme beeinflusst hat. Nun ist der Sänger und Rapper wieder da und legt mit "Marlon" eine neue Platte vor.

"Es war natürlich sehr viel, nicht nur, was die Pandemie betrifft, sondern auch persönlich und musikalisch", rekapituliert Phoenix im APA-Interview das Erlebte. "Ich musste ja auch etwas finden, was zu meiner neuen Stimme passt, das ist immerhin mein wichtigstes Instrument. Ich habe mich aber auch treiben lassen und bin so dorthin gekommen, wo ich hingehöre."

Und das ist eigentlich wieder genau im musikalischen Zeitgeist: Stand Mavi Phoenix in den Anfängen für eklektischen Hip-Hop, gerne mit verfremdeter Stimme, hat mittlerweile ein breiter gefasster Popgedanke Platz gefunden. Singer-Songwriter-Ausflüge mit akustischer Gitarre stehen dem Sänger, der nun auf den Rufnamen Marlon hört, ebenso gut wie seine Rapparts und die futuristischen Beats, die im Laufe der 15 Songs aufblitzen.

Die Entwicklung sei dabei eine ganz natürliche gewesen. "Ich habe nie aufgehört mit dem Songschreiben", erzählt Phoenix. "Ich arbeite stetig an Musik, da gibt es immer ein paar Songs in der Hinterhand." Das sei auch nach "Boys Toys" der Fall gewesen, obwohl vieles davon nicht das Licht der Welt erblicken wird. "Aus vielen ist nichts geworden", schmunzelt der Musiker. "Ich habe mir natürlich die Frage gestellt: Welchen Sound hat Mavi Phoenix jetzt? Das frage ich mich übrigens jetzt schon wieder."

Eine endgültige Antwort gebe es schließlich nie. "Es ist ja auch das Schöne, dass man alles ausprobieren kann. So war auch die Gitarre enorm wichtig für mich, weil ich gemerkt habe, dass ich Musik machen kann. Ein Instrument anzugreifen, war für mich sehr wichtig." Auf diese Weise seien Stücke wie "Nothing Good" oder "Leaving" entstanden. Trotz dieses offenen Zugangs ist die neue Platte geschlossener als der Vorgänger. "Ja, das habe ich mir selbst auferlegt", nickt Marlon.

Den Umgang mit seiner neuen Stimme beschreibt der Künstler wiederum als ein "Herantasten. Ganz am Anfang gab es Momente, in denen ich gecheckt habe: Hey, ich komme nicht mehr zu den Tönen hin, mein Hirn ist ganz anders eingestellt." Die Muskelanstrengungen für ein hohes C hätten sich einfach verschoben, die Technik musste Phoenix daher teils neu lernen. "Letztlich ist es mir sehr leicht von der Hand gegangen. Früher hatte ich oft das Gefühl, dass etwas zu nah ist. Da wollte ich nicht, dass die Leute mich so hören. Auf einmal war mir das aber egal. Das ist meine Stimme, das bin einfach ich, und dazu stehe ich auch!"

Für all das sei Corona sogar hilfreich gewesen, standen 2020 doch kaum Verpflichtungen an. "Ich habe mich im ersten Jahr von Social Media sehr zurückgezogen. Da habe ich das Testosteron wirken lassen und geschaut, was passiert", lacht Marlon. "Das war sehr gut. Ich hatte das Gefühl, dass niemand etwas von mir erwartet, ich musste nicht performen und mich nicht zeigen. Meine Konzentration lag ganz darauf, was meine Identität ist. Auch als Marlon musste ich mich neu kennenlernen."

Inhaltlich lässt Mavi Phoenix die Hörer auf "Marlon" nah heran, vielfach geht es um sein Beziehungs- und Liebesleben. "Ich habe immer schon das genommen, was in meinem Leben passiert. Diesmal war es einfach Liebe und Dating. Pandemiebedingt habe ich mich erstmals auf Datingplattformen angemeldet und mich erstmals als Mann mit heterosexuellen Frauen getroffen. Das war natürlich spannend für mich, weil ich das vorher noch nicht gehabt habe. Es war einfach diese Phase, in der ich im Datingwahn war."

Dabei sei es nicht unbedingt einfach gewesen, diese doch intimen Dinge zu teilen. "Andererseits kann ich gar nicht anders, als darüber zu schreiben", überlegt Phoenix. "Außerdem ist es immer wichtig, dass man nicht alles so ernst nimmt. Am Ende des Tages haben wir alle ja dieselben Probleme. Es geht immer um dieselben Dinge, egal ob man trans ist oder nicht. Deswegen: Jeder will geliebt und gesehen werden."

Für Mavi Phoenix ist "Marlon" jedenfalls auch ein Neustart, trotz aller nationaler wie internationaler Erfolge in der Vergangenheit. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass sich die Leute nicht neu darauf einstellen müssen. Aber für mich persönlich ist dieser Restart so geil, dass es mir ein bisschen wurscht ist." Er habe zwar alte Fans verloren, aber auch neue gewonnen. "Irgendwie bin ich gefühlt ein Newcomer, aber eigentlich bin ich es nicht. Eine andere Option hätte es aber ohnehin nicht gegeben für mich."

Das neue Album soll andere jedenfalls auch zum Musikmachen anspornen. "So wie es bei mir ist, wenn ich Brockhampton oder Frank Ocean höre", sagt der Sänger. "Diese DIY-Sachen können echt inspirierend sein. Andererseits hoffe ich einfach, dass die Leute checken, dass ich ein Mann bin - das muss ich schon auch sagen", lacht Marlon. "Und dass darüber einfach nicht spekuliert wird."

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - Mavi Phoenix ab 14. April auf Österreich-Tournee, Infos und Tickets unter www.maviphoenix.com)

ribbon Zusammenfassung
  • Wenn Mavi Phoenix auf die vergangenen zwei Jahre zurückblickt, gibt es viel zu verarbeiten.
  • Zu Beginn der Coronapandemie erschien sein Debütalbum "Boys Toys", nur wenige Wochen nach seinem Transouting.
  • Inhaltlich lässt Mavi Phoenix die Hörer auf "Marlon" nah heran, vielfach geht es um sein Beziehungs- und Liebesleben.
  • Für Mavi Phoenix ist "Marlon" jedenfalls auch ein Neustart, trotz aller nationaler wie internationaler Erfolge in der Vergangenheit.

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