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"Leibniz": Edgar Reitz' kleine Alterspreziose

Heute, 04:44 · Lesedauer 2 min

Es ist ein kleines Schatzkästchen, das der große Regisseur Edgar Reitz für sein Alterswerk "Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes" geschaffen hat. Das Kammerspiel ist gleichsam das Gegenstück zur monumentalen "Heimat"-Chronik des Filmemachers, die auf 31 Teile und flankierende Stücke kommt. Der 93-jährige Reitz fokussiert ganz auf ein Atelier, wenige Protagonisten und die philosophischen Grundfragen der Kunst. Ein Gustostück für Edgar Selge. Ab Freitag im Kino.

Das Sujet ist dabei schnell umrissen. Nachdem sich sein Zögling, die preußische Königin Sophie Charlotte (Antonia Bill), ein Porträt ihres alten Lehrmeisters Gottfried Wilhelm Leibniz (Edgar Selge) wünscht, sitzt der Universalgelehrte zunächst dem (fiktiven) Hofmaler Delalandre (Lars Eidinger) Modell. Dieser reist mit weitgehend vorgefertigten Bildern an, in die er nur mehr das Gesicht des Philosophen einfügen möchte. Doch das Hinterfragen durch Leibniz vertreibt den Auftragsmaler alsbald.

Dessen Part übernimmt die als Mann auftretende, junge Malerin Aaltje van de Meer (Aenne Schwarz), die dem Genie auf Augenhöhe begegnen kann. Zwischen beiden Denkern entspinnt sich ein Pingpongspiel der philosophischen Reflexion und auf der Leinwand ein Beispiel in angewandter Philosophie. Enthält ein Gemälde im Sinne eines Bildes den gefrorenen Augenblick oder alle Zeit, die bis zu dessen Entstehung vergangen ist? Was ist überhaupt das Abbild? Welches Verhältnis hat der konkrete Körper zum abstrakten Geist?

Reitz und sein Co-Regisseur Anatol Schuster wagen es, einen Diskurs des Geistes als solches auf die Leinwand zu bannen. Der Fokus liegt dabei fast ausschließlich auf dem im Chiaroscuro-Stil ausgeleuchteten Atelier, bei dem Reitz die Farb- und vor allem Lichtgebung des Barocks nachzeichnet. Auch das Bildkader orientiert sich am Porträtformat. In dieser Theatralität gemahnt "Leibniz" an Arbeiten von Peter Greenaway oder Derek Jarman. In nur wenigen Zwischenschnitten aus dem Schlosspark weitet sich der filmische Raum kurzzeitig. Hier soll eben nichts vom Denken ablenken.

(S E R V I C E - www.filmladen.at/film/leibniz-chronik-eines-verschollenen-bildes)

Zusammenfassung
  • Der 93-jährige Regisseur Edgar Reitz bringt mit 'Leibniz - Chronik eines verschollenen Bildes' ein philosophisches Kammerspiel als Gegenstück zu seiner 31-teiligen 'Heimat'-Chronik ins Kino.
  • Im Zentrum des Films steht der Gelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (Edgar Selge), der im Atelier mit einer jungen als Mann auftretenden Malerin (Aenne Schwarz) grundlegende Fragen über Kunst, Abbild und Zeit diskutiert.
  • Das minimalistische Setting im Barockstil und die Konzentration auf wenige Figuren und das Atelier unterstreichen den Fokus auf den geistigen Diskurs, Kinostart ist am Freitag.