APA/APA/Landestheater Vorarlberg/Anja Köhler

Landestheater Vorarlberg mit starkem "Wunsch und Widerstand"

Warum ein Theaterstück über das Leben des Vorarlbergers Max Riccabona? Die Antwort fällt nach der Uraufführung am Samstag am Landestheater Vorarlberg in Bregenz leicht: Weil die Biografie des in Feldkirch geborenen Riccabona so viele entscheidende Momente der Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Nicht jeder kann oder mag in dieser Form erinnert werden. Trotzdem schien die Umsetzung den meisten Zuschauern zu gefallen.

Riccabona (1915-1997) wird von Historikern als Künstler, als "universalinteressierter Geschichtenerzähler und vielleicht auch Fabulierer" beschrieben. Als Überlebender des Konzentrationslagers Dachau führte er ein bewegtes Leben als Rechtsanwalt, Collagist und Autor. 2016 zeichnete das vorarlberg museum mit zahlreichen Fotos, Texten, Tondokumenten und auch sehr privaten Objekten aus Familienbesitz ein spannendes und gleichzeitig intimes Porträt der Riccabonas.

Dem Regisseur Stefan Otteni ist es gelungen, Aspekte aus Riccabonas schwieriger Lebensgeschichte auf abwechslungsreiche Art auf die Bühne zu bringen. Autor Thomas Arzt stellt mit seinem Text Fragen zu Max Riccabonas Leben. Es geht um seine Familie, das Verhältnis zu seinen Eltern, seine Zeit als Soldat bei der Wehrmacht und Begegnungen, die Riccabona beschreibt, von denen man aber weiß, dass sie so nicht passiert sein können.

In der Inszenierung in Bregenz sitzt Riccabona in einer Bar - platziert vor der Bühne - und tauscht sich mit dem Barkeeper aus. Er wird zu den Ereignissen aus seinem Leben gefragt. Manches erzählt er, anderes lässt er aus, manchmal lenkt er auch einfach ab. Riccabona betrachtet die Geschehnisse aus seinem Leben, die sich auf der Bühne vor ihm abspielen. Manchmal unterbricht er das Spiel im Spiel und hinterfragt oder zweifelt. Das einschneidende Erlebnis in Riccabonas Leben war, als er zum "jüdischen Mischling" erklärt und ins KZ Dachau gebracht wurde. Danach wird ihm als Überlebender das eigene Leben unbegreiflich. Über das, was er während des Lageraufenthalts erlebt und gesehen hat, kann und will er nicht sprechen. In der Realität war Riccabona tatsächlich bis zu seinem Tod in psychiatrischer Behandlung.

Dietmar Pröll ist das erste Mal am Landestheater zu sehen und überzeugt als älterer Max Riccabona. Er ist sehr präsent und dem Publikum sehr nah. Er spielt die Figur in vielen Facetten - zerrissen, vielschichtig, aber vor allem suchend. Den jüngeren Riccabona - an verschiedenen signifikanten Lebensstationen - verkörpert sehr gelungen Lucian Hirzel. Das restliche Ensemble mit Maria Lisa Huber, Julian Sark, Nurettin Kalfa und Silke Buchholz kann ebenso glänzen, vor allem mit seiner enormen Wandelfähigkeit - die Schauspieler verkörpern immerhin fast 20 verschiedene Figuren. Ergänzend dazu kommt noch Oliver Rath als wunderbarer Livemusiker auf der Bühne. Er ist generell verantwortlich für die Musik der Produktion.

Beim Bühnenbild durfte Matthias Strahm manchmal tief in die Trickkiste greifen, es gibt vor der Bühne die erwähnte Bar, auf der Bühne selbst eine Drehbühne und mehrmals schweben Darsteller herein oder davon. Ein wunderbarer, manchmal auch etwas magischer Rahmen für die schwermütige Geschichte.

Trotz des eher längeren Theaterabends (über zweieinhalb Stunden inklusive Pause) bleibt trotzdem vieles über die Person Riccabona ungesagt oder nur angedeutet. Als Begleitprogramm gibt es deshalb als Kooperation von Landestheater Vorarlberg mit Franz-Michael-Felder-Archiv und vorarlberg museum "Max Riccabona revisited", eine Tagung am 23. Februar ab 14.00 Uhr mit ausgewiesenen Experten zum Thema. Ergänzend dazu steht am 24. Februar Autor Thomas Arzt für eine Lesung und Gespräch zur Verfügung.

(S E R V I C E - "Wunsch und Widerstand. Eine Überlebensgeschichte" von Thomas Arzt. Uraufführung. Mit Silke Buchholz, Luzian Hirzel, Maria Lisa Huber, Nurettin Kalfa, Dietmar Pröll, Julian Sark und Oliver Rath. Inszenierung: Stefan Otteni. Bühne und Kostüm: Matthias Strahm. Musik: Oliver Rath. Weitere Aufführungen: 14., 17., 22. und 25. Februar jeweils um 19:30 Uhr sowie am 26. Februar um 17 Uhr, Großes Haus, Vorarlberger Landestheater. Karten unter +43(0)5574 42870 600 und unter https://landestheater.org)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Antwort fällt nach der Uraufführung am Samstag am Landestheater Vorarlberg in Bregenz leicht: Weil die Biografie des in Feldkirch geborenen Riccabona so viele entscheidende Momente der Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.
  • Autor Thomas Arzt stellt mit seinem Text Fragen zu Max Riccabonas Leben.
  • Er ist sehr präsent und dem Publikum sehr nah.
  • Ergänzend dazu steht am 24. Februar Autor Thomas Arzt für eine Lesung und Gespräch zur Verfügung.