APA/APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/DAVE KOTINSKY

Kurt Schwertsik vor 90. Geburtstag im Musikverein gefeiert

02. Juni 2025 · Lesedauer 3 min

Da hat sich doch der alte Schelm Kurt Schwertsik in den Abend hineingeschummelt. Wenn auch nicht ganz zu Unrecht, schöpft sein Werk "Muertes en Relajo" doch aus der Musik Mexikos, was letztlich ja auch Amerika darstellt. Insofern traf die Überschrift "Dreimal Amerika" über dem Konzert der Filharmonie Brno am Sonntag im Wiener Musikverein letztlich zu. Deren Chefdirigent Dennis Russell Davies hatte dafür die Werke dreier seiner Freunde aufs Programm gehoben.

Schließlich war der langjährige Linzer Musikchef mit Leonard Bernstein befreundet und ist es noch mit Philip Glass und eben Kurt Schwertsik. Der nach dem Tod von Friedrich Cerha zum Doyen der heimischen Komponistenriege aufgestiegene Tonsetzer war denn auch persönlich im Goldenen Saal erschienen, um der Interpretation seines Werkes "Muertes en Relajo" zu lauschen - und hernach im fliegenden Schritt die Ovationen des Publikums entgegenzunehmen, nachdem der Jahresjubilar, der am 25. Juni seinen 90. Geburtstag feiert, behände die Bühne erklommen hatte.

In "Muertes en Relajo" bezieht er sich auf einen Eintrag aus Frida Kahlos Tagebuch. Das 2023 von Dennis Russell Davies im Gewandhaus uraufgeführte, siebensätzige Werk ist zwar ein Nachtstück und doch keine verschattete Musik, sondern eine Arbeit, die der Logik der Träume entstiegen ist. Der stets augenzwinkernde, Zitate liebende Schwertsik flicht Ironie ein, die mit traumwandlerischer Leichtigkeit daherkommt.

Nahtloser Übergang von Bernstein

Mit seiner jazzigen Attitüde, seinem harten Kontrast aus verdunkelter Grundierung und lyrischem Flirren passte Schwertsik letztlich nahtlos zum Auftakt des Abends, der von Bernsteins "Symphonic Dances from West Side Story" bestimmt war, auch wenn der Wiener eher an Bernsteins Zeitgenossen Aaron Copland erinnert. Wie Schwertsik mexikanische Klänge einarbeitet, sind es bei Bernstein puerto-ricanische.

Und doch zeigen Davies und die Brünner ihre Qualitäten hier vornehmlich in den lyrischen Passagen, die das Orchester unschmalzig, fein gesponnen nimmt. Die energetischeren Tanznummern überzieht man hingegen vollends. Möglicherweise dank der Unkenntnis der akustischen Bedingungen des Goldenen Saals, wird hier die Filharmonie Brno zum reinen Lärmorchester, gleitet ins vollends Undifferenzierte ab.

Das Lebensstück "Mishima"

Deutlich stilsicherer zeigte man sich dann zum Abschluss des Abends, der von einem Auftragswerk der Brünner dominiert war, das seine Wiener Erstaufführung erlebte: Philip Glass' neues Klavierkonzert "Mishima", basierend auf der Musik, die der Komponist 1985 zum gleichnamigen Avantgardefilm über den japanischen Dichter schrieb. Das Stück lässt das Künstlerpaar Davies und Maki Namekawa nicht los, hat es die renommierte Pianistin doch bereits in der Soloversion in Linz aufgeführt respektive in der jetzigen Wiener Besetzung beim Ars Electronica Festival gezeigt.

Glass orientiert sich bei der Konzertfassung weniger am bereits existierenden Streichquartett oder der Filmpartitur, sondern an seiner in den vergangenen Jahren entwickelten großen Symphonik. Weniger das in der kleineren Fassung auf die asiatische Harmonik Reflektierende als Anklänge an die Hochzeit der Klassik dominieren. Glass transponiert das Bestehende nicht in eine symphonische Form, sondern beleuchtet die damaligen Motive neu. Das Klavier tritt mal in die Reihe des Orchesters zurück, um dann sogar zu einer langen Solokadenz anzusetzen. Und Maki Namekawa, wie stets im extrovertierten Designerkimono, fliegt mit dem Stück bar jeder asiatischer Zurückhaltung. Stehender Applaus war am Ende die Quittung.

(Von Martin Fichter-Wöß/APA)

(S E R V I C E - www.musikverein.at/konzert/?id=0006048d)

Zusammenfassung
  • Kurt Schwertsik wurde im Wiener Musikverein anlässlich seines bevorstehenden 90. Geburtstags mit der Aufführung seines Werks "Muertes en Relajo" gefeiert, das 2023 uraufgeführt wurde.
  • Das Konzert unter dem Motto "Dreimal Amerika" präsentierte Werke von Schwertsik, Bernstein und Glass, dirigiert von Dennis Russell Davies, der mit allen drei Komponisten befreundet ist.
  • Philip Glass' neues Klavierkonzert "Mishima" wurde in Wien erstmals aufgeführt und von der Pianistin Maki Namekawa gespielt, was beim Publikum stehenden Applaus auslöste.