APA/APA/dpa/Hendrik Schmidt

Krise und Dialekt zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse

0

Sehr gemischt gestaltete sich am Mittwochabend die offizielle Eröffnung der Leipziger Buchmesse im Gewandhaus. Während die deutschen Redner einerseits große Erleichterung über das Messe-Comeback nach dreijähriger Coronapause zeigten, andererseits kritische Töne zu Krise und Krieg darunter mischten, holte sich Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit launigen, im Plauderton gehaltenen Betrachtungen über Dialekt und Hochsprache viele Lacher.

Dass der mit vier Buchhandelslehrlingen im Zug angereiste Bundespräsident sich zu einer kleinen Lektion in Sachen Kaunertal-Dialekt hinreißen ließ, hat seine Gründe im Motto des österreichischen Gastland-Auftrittes "meaoiswiamia". Also meinte Van der Bellen nicht nur, er habe als Gastgeschenk "ein Packerl" an hervorragenden Autorinnen und Autoren mitgebracht, sondern beschäftigte sich ausführlich mit den Unterschieden der gleichen Sprache, die in Österreich und Deutschland gesprochen werde. Wenn in Österreich etwa ein Politiker mit den Worten "Schaumamal" scheinbar etwas in Aussicht stelle, bedeute dies in Wahrheit genau nichts, gab Van der Bellen austriakisches Insiderwissen zum Besten. Von Bedeutung sei dagegen, dass Österreich in den letzten 15 Jahren zweimal den Literaturnobelpreis bekommen habe, sagte er. Als sich nach einer Kunstpause dazu Applaus einstellte, meinte er: "Danke. Ich bin daran ganz unschuldig!"

Ähnlich locker war bei der über zweieinhalbstündigen Eröffnungsfeier, die vom Gewandhausorchester unter der Leitung des greisen Herbert Blomstedt mit Musik aus Österreich, nämlich Franz Schuberts 6. Sinfonie, untermalt wurde, nur die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die sich "mit ganzem Herzen" über die erste Leipziger Buchmesse seit 2019 freute und Österreich als Gastland "ganz besonders herzlich willkommen" hieß. Sie lobte die "beeindruckend engagierte" künstlerische Leiterin des Gastland-Auftrittes, Katja Gasser, und hob Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher sowie Büchner- und Kleist-Preisträger Clemens J. Setz hervor. Letzterer hat morgen Nachmittag vier Stunden nach der Eröffnung des Gastland-Standes Chancen auf den erneuten (nach 2011) Gewinn des Leipziger Buchpreises.

Den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung konnte im Rahmen der heutigen Eröffnung die 50-jährige Lyrikerin Maria Stepanova entgegennehmen. Die in Moskau geborene Autorin lebt seit dem Ukraine-Krieg in Berlin und fand in ihrer Dankesrede äußerst kritische Worte: "Ich bin durch meine Geburt und meine Staatsangehörigkeit mit einem Land verbunden, das jetzt versucht, Europa zurück in die Vergangenheit zu werfen - zurück zu einem Punkt Mitte des 20. Jahrhunderts, an dem die Sprache des Hasses versucht hatte, universell zu werden."

Während in der Ukraine russische Soldaten auf ukrainisch wie russisch sprechende Menschen schießen würden, sei die Sprache der Gewalt international. "Um sie zu beherrschen, genügt es, sich zu weigern, die anderen Menschen zu hören und zu verstehen." Als außerordentlich hob sie aber den Umstand hervor, dass der Preis erstmals an einen Gedichtband ("Mädchen ohne Kleider", 2022) vergeben wurde: "Könnte es sein, dass sich Gedichte (...) als wichtig, ja sogar notwendig erweisen, und zwar gerade in Zeiten von Katastrophen?"

(S E R V I C E - https://www.leipziger-buchmesse.de/; https://gastland-leipzig23.at/meaoiswiamia/)

ribbon Zusammenfassung
  • Sehr gemischt gestaltete sich am Mittwochabend die offizielle Eröffnung der Leipziger Buchmesse im Gewandhaus. Während die deutschen Redner einerseits große Erleichterung über das Messe-Comeback nach dreijähriger Coronapause zeigten, andererseits kritische Töne zu Krise und Krieg darunter mischten, holte sich Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit launigen, im Plauderton gehaltenen Betrachtungen über Dialekt und Hochsprache viele Lacher.

Mehr aus Entertainment