APA/APA/Volkstheater Wien/Nikolaus Ostermann

Jandls "Der Raum" im Volkstheater als grelles Lichtballett

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"sehr hell sehr sehr hell", schrieb Ernst Jandl. Und: "zu pulsieren beginnend / lichtstöße / tief hinein in / zuschauerraum / zuschauergefühl: augenschock". Das ist nur eine der 51 Szenen von Ernst Jandls Stück "Der Raum. Szenisches Gedicht für Beleuchter und Tontechniker" aus dem Jahr 1970, das sich Volkstheater-Indendant Kay Voges für die Eröffnung seiner Intendanz vorgenommen hat. Mit einigen Monaten Verspätung hat es am Freitagabend Premiere gefeiert.

Es ist schon ein wenig gespenstisch, eine halbe Stunde lang auf eine leere - also von Schauspielern nicht bevölkerte - Bühne zu starren und sich Licht und Ton ganz hinzugeben. Zumal, wenn auch die Reihen des Theaters coronabedingt nur spärlich gefüllt sind. Alle tragen Masken, manche wenige Eingeweihte auch eine Sonnenbrille. So viel sei verraten: Das könnte nicht schaden. Denn das Lichtballett, das Paul Grilj zu Jandls auf zwei dicht bedruckte A4-Seiten passenden Text ersonnen hat, ist grell. Auf jener Höhe, wo sonst Schauspielerköpfe zu sehen sind, finden sich Scheinwerfer, die ihr Licht gnadenlos in den Zuschauerraum werfen, bevor sie im Kreis tanzen, Wände, Boden und Decken ableuchten und manchmal jäh erlöschen, um einer anderen Attraktion Raum zu geben. Bei Jandl klingt das so: "hellstens / funkelndst / zu schweben scheinend / in kopfhöhe eines dort nicht / stehenden".

Nicht minder intensiv ist das Sounddesign von Michael Sturm, das den Volkstheater-Saal immer wieder erzittern lässt. Jetzt versteht man, welche auch unsichtbaren Renovierungsarbeiten im vergangenen Jahr getätigt wurden. Ein Dolby-Surround-System, das alle Stücke spielt. Bei Jandl liest sich das so: "das theater erschütternd / von resonanzdauer des / (nicht gesprochenen) wortes leer / zuschauergefühl: überschallknall".

Und so wechseln sich Dröhnen, Stampfen und Kreischen mit Lichtblitzen und wenigen Schriftzügen ("bleibt leer") ab, viel Nebel kommt dazu, da ist man wieder für die FFP2-Maske dankbar. Hinzu kommen - zu Beginn und am Schluss - von Anke Zillich und Andreas Beck auf Band gesprochene Textfetzen, die angesichts der Multimediashow in den Hintegrund rücken.

Für Jandl war "Der Raum" die Übertragung der konkreten Poesie auf das Theater: einen einzelnen Aspekt des Theaters, nämlich seine räumliche Erfahrung, in den Mittelpunkt zu stellen. In Zeiten, in denen man nach Monaten der geschlossenen Theater wieder in diesen Raum kommt, ist es eine Rückbesinnung auf das, was Theater kann: erschrecken, verzaubern, entzaubern. Allein durch Licht und Ton. Der lang anhaltende Applaus richtete sich diesmal nach hinten, wo die Verantwortlichen sich hinter ihren Pulten versteckten. Aber immerhin: Sie ließen die Scheinwerfer eine Verbeugung andeuten.

(S E R V I C E - "Der Raum" von Ernst Jandl im Volkstheater. Regie: Kay Voges, Lichtdesign: Paul Grilj, Sounddesign: Michael Sturm, Stellwerk: Paul Eisemann und Michael Wurmitzer. Keine weiteren Termine in dieser Saison. Infos unter www.volkstheater.at)

ribbon Zusammenfassung
  • "sehr hell sehr sehr hell", schrieb Ernst Jandl.
  • Und: "zu pulsieren beginnend / lichtstöße / tief hinein in / zuschauerraum / zuschauergefühl: augenschock".
  • So viel sei verraten: Das könnte nicht schaden.
  • Denn das Lichtballett, das Paul Grilj zu Jandls auf zwei dicht bedruckte A4-Seiten passenden Text ersonnen hat, ist grell.
  • Regie: Kay Voges, Lichtdesign: Paul Grilj, Sounddesign: Michael Sturm, Stellwerk: Paul Eisemann und Michael Wurmitzer.

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