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"Inside": Eine Robinsonade im Nobelappartement

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Die Geschichte ist schnell erzählt: Dem professionellen Kunsträuber Nemo (Willem Dafoe) wird bei einem Einbruch ins Loft eines New Yorker Kunstsammlers durch Auslösen der Alarmanlage und den Zusammenbruch des Hochsicherheitssystems der Rückzug verwehrt. Über viele Wochen wird ihm das Appartement zum Gefängnis, in dem er ums Überleben kämpft. In "Inside" sieht man ihm dabei interessiert, wenngleich distanziert zu. Nun feierte der Film Weltpremiere auf der Berlinale.

Lichtblitze, Alarmsirenen, und die Temperatur steigt auf 40 Grad. Die Wasserzufuhr fällt aus, dann fällt die Temperatur der Klimaanlage auf einstellige Werte. Alles, was einem kriminellen Pechvogel passieren kann, tritt ein. Zudem gibt es keine Funkverbindung mehr zu den Auftraggebern des Coups.

Die Frage, warum keine Polizei, keine Feuerwehr nach dem Alarm eintrifft, scheint den Einbrecher nicht zu beschäftigen. Auch nicht die eventuelle Rückkehr des Bewohners. Erstaunlich rasch beginnt sich Nemo in seinem hermetisch abgeschlossenen Kerker einzurichten, sammelt Wasser aus der Beregnungsanlage der Zimmerpflanzen, ernährt sich aus den Beständen der Vorratskammer.

Dazwischen setzt er diverse Ideen für Ausbruchsversuche in die Tat um, baut aus Einrichtungsgegenständen einen fast symbolhaften Turm, von dem er an ein Deckenfenster gelangen will. Je länger er in seinem Nobelkerker zubringt, je mehr Ausbruchsversuche misslingen, umso mehr nutzt er Wände und Räume für verzweifelte Zeichnungen und Installationen: Kunst, die aus der Bedrängnis entsteht.

Viele Erklärungen sucht das Publikum zu geben: Wird er heimlich gefilmt? Ist das alles vielleicht ein Plan seiner ominösen Auftraggeber? Am ehesten lässt sich die Geschichte als Metapher lesen: Die Menschheit, gefangen im selbst verursachten Unglück des technologischen Fortschritts, die Entsozialisierung unserer Gesellschaft, die Grausamkeit der elektronischen Heinzelmännchen, eine Zauberlehrlingparabel.

Gesprochen wird in dem Film naturgemäß wenig. Ohne mit dem Namen des Hauptdarstellers Dafoe unnötig spielen zu wollen: Die griechisch-deutsch-belgische Produktion (Regie Vasilis Katsoupis) in der Berlinale-Sektion Panorama ist eine moderne Robinsonade mit ungewissem Ausgang. Dafoe spielt den zunehmend physisch wie psychisch belasteten Menschen glaubwürdig, doch reißt sein Schicksal letztendlich nicht recht mit. Und die Auflösung am Ende enttäuscht, weil sie viele im Film aufgeworfene Fragen nicht beantwortet.

(S E R V I C E - www.berlinale.de/de/2023/programm/202307127.html)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Geschichte ist schnell erzählt: Dem professionellen Kunsträuber Nemo wird bei einem Einbruch ins Loft eines New Yorker Kunstsammlers durch Auslösen der Alarmanlage und den Zusammenbruch des Hochsicherheitssystems der Rückzug verwehrt.
  • In "Inside" sieht man ihm dabei interessiert, wenngleich distanziert zu.
  • Dafoe spielt den zunehmend physisch wie psychisch belasteten Menschen glaubwürdig, doch reißt sein Schicksal letztendlich nicht recht mit.

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