Holzobjekte blicken vom Vorhang auf die Staatsopern-Besucher
Für Staatsoperndirektor Bogdan Roščić ist die heurige Ausgabe der Ausstellungsreihe, bei der eine mit Magneten auf dem "Eisernen" befestigte, jährlich wechselnde Arbeit das Orpheus und Eurydike zeigende Original verdeckt, eine besondere, wie er bei seiner Rede betonte. So fallen die beiden Gedenkjahre - 80 Jahre Kriegsende und 70 Jahre Staatsvertrag - auch mit der Zerstörung respektive der Wiedereröffnung des Hauses zusammen. Der damals von Rudolf Eisenmenger (1902-1994) gestaltete Eiserne Vorhang erinnere daran, dass zahlreiche Nazis nach Ende des Krieges ungehindert weiter beschäftigt wurden - so auch an der Staatsoper. Umso wichtiger sei es, sich der Vergangenheit zu stellen und Zeichen des Gedenkens an die Opfer der Naziherrschaft zu setzen, so Roščić.
"El Anatsui verbindet in seiner Arbeit seit jeher Menschen und Kulturen", charakterisierte Kaspar Mühlemann Hartl, Geschäftsführer von museum in progress, die Arbeit des Künstlers. "Objekte haben oft mit Erinnerung zu tun, sie sind durch die menschliche Berührung aufgeladen", ergänzte Hans-Ulrich Obrist als Teil der Jury. Für den Künstler selbst gibt es in seiner Kreation einen starken Zusammenhang mit Musik, wie er sagte. Die Märkte, von denen die Tabletts stammen, seien "pulsierende Bühnen des täglichen Lebens und Austauschs", nun treten die "Rhythmen der westafrikanischen Alltagserfahrung" in den Dialog mit der Staatsoper und ihrem Publikum.
Anatsui wurde 1944 geboren und studierte am College of Art der Kwame Nkrumah University of Science and Technology in Kumasi, ab 1975 lehrte er an der University of Nigeria in Nsukka, wo er sich der Nsukka-Künstlergruppe anschloss. Seine bevorzugten Materialien sind Holz und Ton, mit denen er Objekte kreiert, die auf traditionellen ghanaischen Mythen beruhen. Seine Arbeiten wurden bereits u.a. im Metropolitan Museum of Art in New York, der Biennale in Venedig oder auf der Osaka Triennale ausgestellt. Der von ihm gestaltete Eiserne Vorhang ist bis zum Saisonende im Juni zu bestaunen.
(S E R V I C E - www.mip.at/projects/eiserner-vorhang)
Zusammenfassung
- Der ghanaische Künstler El Anatsui (81) gestaltete den neuen Eisernen Vorhang der Wiener Staatsoper und schuf aus Markttabletts und Holzabfällen auf 176 Quadratmetern Skulpturen, die menschlichen Figuren gleichen.
- Die 28. Ausgabe des von museum in progress initiierten Projekts wurde am Dienstag präsentiert und verdeckt das Original, während sie anlässlich 80 Jahre Kriegsende und 70 Jahre Staatsvertrag ein Zeichen des Gedenkens setzt.
- Anatsuis Installation, die bis Juni zu sehen ist, verbindet laut Künstler die 'Rhythmen der westafrikanischen Alltagserfahrung' mit der Musik und dem Publikum der Staatsoper.