APA/Andreas Stangl

Frischer Wind beim "Theaterland Steiermark"

28. Mai 2025 · Lesedauer 5 min

Obwohl sie ihre neuen Posten erst mit Beginn nächsten Jahres antreten, haben sie bereits alle Hände voll zu tun: Verena Kiegerl und Gero Tögl werden künftig die Veranstaltungsplattform "Theaterland Steiermark" als künstlerische Leiterin, beziehungsweise als kaufmännischer Leiter führen. Ihre Ideen, die als kultureller Nahversorger in den Regionen fungierende Plattform zu modernisieren und noch schlagkräftiger zu machen, erläuterten sie der APA im Interview.

"Wir haben in Richtung Profilschärfung gedacht", sagt Kiegerl. "Für uns gibt es drei Säulen, mit denen wir unsere Arbeit als Theaterland begreiflich machen wollen: Wir wollen weiträumig möglichst viele Menschen mit vielseitigem und interessantem Theater infizieren. Wir wollen andererseits als Plattform ein verlässlicher Partner für die steirische Theaterszene sein. Und die dritte Säule sehen wir in der Qualitätssicherung der steirischen Theaterszene. Da geht es um Fortbildung, internationale Vernetzung und Nachwuchsförderung."

Dieses Drei-Säulen-Modell verstehen Tögl und Kiegerl als eine Art Arbeitskompass. "Ausgehend davon haben wir überlegt, welche Angebote können wir entwickeln, was können wir in welche Schiene packen, welche Ressourcen gehen wohin, mit welcher Zielsetzung. Letztlich geht es auch darum, Prioritäten setzen zu können, wenn das nötig ist."

Eine der zentralen Änderungen für das "Theaterland Steiermark", die das neue Führungsduo plant, betrifft die verschiedenen Orts regelmäßig stattfindenden Theatertage. Diese sollen künftig nicht mehr inhaltliche Schwerpunkte wie Figuren- oder Tanztheater haben, sondern überall einheitlich gestaltet sein. "Wir denken an ein Prinzip Theatertage, wie es jetzt in Weißenbach ist, wo es darum geht, ein möglichst breites Angebot an unterschiedlichen Genres für die Region zu bespielen."

"Mobiles Wohnzimmer" als Dialogformat

Die einzelnen Theatertage - es sollen wie bisher pro Jahr fünf bis sieben solcher mehrtägiger Festivals sein - sollen jeweils auch mit einer Künstlerresidenz verknüpft sein und mit einer Art Theaterwerkstatt aufwarten, wie sie bisher nur alle zwei Jahre in Oberzeiring stattfand. Dabei sollen auch im Dialog mit der örtlichen Bevölkerung Theater-Miniaturen entstehen, die am Ende der Theatertage aufgeführt werden können. "Das ist so gedacht, dass daraus wiederum Produktionen entstehen, die dann vielleicht bei anderen Theatertagen gezeigt werden können," präzisiert Tögl.

Als fixes Element der Theatertage ist ein "mobiles Wohnzimmer" geplant, das dem Dialog mit der jeweils ansässigen Bevölkerung dienen soll. In einem künstlerisch definierten Raum könnten dort unterschiedliche Vermittlungsformate wie Künstlergespräche, Workshops oder Diskurse stattfinden, aber auch Musikformate oder Ausstellungen.

Recherchetool für die Künstler

Das "mobile Wohnzimmer" soll nach der Vorstellung Kiegerls und Tögls von Kunstschaffenden auch als Werkzeug zur Recherche dienen, um so entstehende Projekte auch inhaltlich mit der jeweiligen Region zu verbinden. "Wir denken in Kreisläufen", sagt Kiegerl, "die konkrete Fragestellung eines Künstlers vielleicht, einer Künstlerin in die Region zu tragen, dieses Material dann auch wieder zurückzuspielen. Dann entsteht vielleicht ein Text draus, oder jemand entwickelt eine Performance, die dann ein Jahr später wieder in die Region zurückkommt. Das mobile Wohnzimmer könnte auch eine Art Recherchetool für die Künstlerinnen sein."

An welchen Orten die Theatertage in Zukunft stattfinden ist ebenfalls noch nicht ganz klar, da einige bisherige Standorte wie Straden oder Wies vermutlich wegfallen werden. Kiegerl und Tögl sind mit den verschiedenen Regionen bereits in Gesprächen. In Oberzeiring, einer der regionalen Theater-Hotspots der Steiermark, soll es auch nach dem Ende der Ära des dortigen und bisherigen künstlerischen Leiters von "Theaterland-Steiermark", Peter Faßhuber, weitergehen.

Zwei neue Festivals

Als Krönung des neuen "Theaterland"-Konzepts soll es zwei neue, alternierend alle zwei Jahre stattfindende Festivals geben. Tögl: "Das eine soll in der Region Weiz angesiedelt werden und eine Art Vernetzungsfestival der jüngeren Generation von Professionellen oder sich gerade professionalisierenden Theatermachern sein. Das wäre für uns in diesem Nachwuchs-Jugend-Bereich der Kulminationspunkt. Und damit alternierend, auch biennal, soll als Nachfolger für das Best-of-Styria-Format eine Art Fringe- und Diskurs-Festival für die freie Szene in Graz entstehen. Bei letzteren wollen wir auch die während der Residenzen bei den Theatertagen entstandenen Produktionen zeigen, und zwar im jeweiligen Entwicklungsstand, also sowohl eine halb fertige Produktion, als auch eine schon mehrfach erprobte."

Den Fokus ihrer Arbeit wollen Tögl und Kiegerl auf das Nachwuchsfestival in der Oststeiermark legen. Dieses dürfte realistischerweise erstmals 2027 über die Bühne gehen. "Weil es um die neue Generation geht, um sicherzustellen, dass die Steiermark international am Puls der Zeit bleibt, dass die heimische Szene international mitmischen und sich gleichzeitig international austauschen kann", betont Kiegerl.

Fördersituation relativiert Pläne

Ob und wie viele ihrer Ideen sie im Rahmen des Theaterland Steiermark auch tatsächlich umsetzen können, hängt, wie derzeit bei praktisch allen Kulturschaffenden in der Steiermark, von der künftigen Kulturförderpolitik ab. "Die Förderungen von Bund und Land sind die zwei großen offenen Baustellen. Wir werden natürlich versuchen, dort wo es sinnvoll ist, auch zusätzliche Gelder, beispielsweise von der EU, aufzustellen", sagt Tögl.

Kiegerls Argument im drohenden Verteilungskampf um die knapper werdenden Gelder in der Kulturförderung: "Den Dialog mit den Leuten in den Regionen, die Auseinandersetzung mit den Themen vor Ort, den partizipativen Prozess, in der Präsentation Formen und Formate zu finden, das kann nur die freie Szene, auch diese Überschneidung von Profis und Nicht-Profis. Das kann kein Ensemble eines Stadttheaters, das für eine Woche an einen Ort geschickt wird." Ergänzung ihres Kollegen Tögl: "Ich glaube, das ist auch eine Qualität, die spezifisch die steirische Theaterszene hat."

(Das Gespräch führte Andreas Stangl/APA)

Zusammenfassung
  • Verena Kiegerl und Gero Tögl übernehmen ab Anfang nächsten Jahres die künstlerische und kaufmännische Leitung von 'Theaterland Steiermark' und setzen auf ein Drei-Säulen-Modell für die Modernisierung der Plattform.
  • Künftig sollen jährlich fünf bis sieben einheitlich gestaltete Theatertage mit breitem Genre-Angebot und Künstlerresidenzen in verschiedenen steirischen Regionen stattfinden.
  • Als neues zentrales Element ist ein 'mobiles Wohnzimmer' geplant, das den Dialog mit der Bevölkerung fördert und als Rechercheformat für Künstler:innen dient.
  • Zwei neue Festivals sind vorgesehen: ein Nachwuchsfestival in der Oststeiermark, das erstmals 2027 stattfinden soll, und ein biennales Fringe- und Diskurs-Festival in Graz.
  • Die Umsetzung der geplanten Neuerungen hängt maßgeblich von der zukünftigen Förderpolitik und der Verfügbarkeit von Bundes-, Landes- und EU-Geldern ab.