Festwochen-Plakat vor sowjetischem Kriegerdenkmal verbrannt
"Das Plakat, eines der Hauptsujets der diesjährigen Festwochen, zeigte zwei junge Männer, eng umschlungen und in Liebe vereint auf einem Bett. Es handelt sich dabei um ein Zitat eines der vielleicht berühmtesten Bilder der Fotografiegeschichte: des Bed-in von John Lennon und Yoko Ono gegen den Vietnam-Krieg", heißt es seitens der Wiener Festwochen, wo man daran erinnert, dass am (heutigen) Donnerstag mit einem "Fest der Freude" am Heldenplatz das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren gefeiert wird.
Festgenommen wurde ein 33-Jähriger, teilte die Landespolizeidirektion Wien am Donnerstag auf APA-Anfrage mit. Die Staatsbürgerschaft des Mannes, der beim Eintreffen der Beamten am Hochstrahlbrunnen am Schwarzenbergplatz saß, sei demnach unklar. Der Verdächtige wurde aufgrund einer vermutlichen psychischen Erkrankung einem Amtsarzt vorgeführt und dann in ein Krankenhaus gebracht. Er erhielt eine Anzeige wegen des Verdachts der Sachbeschädigung, berichtete Polizeisprecherin Julia Schick. Ein Passant hatte am Mittwoch um 11.40 Uhr den Polizeinotruf wegen des Vorfalls verständigt. Als die Beamten eintrafen, brannte das heruntergerissene Plakat noch leicht. Die Polizisten löschten es mit dem Feuerlöscher ihres Funkwagens, erläuterte die Sprecherin.
"Es trifft uns natürlich, dass gerade an diesem geschichtsträchtigen Ort, der an den Kampf gegen Faschismus und die Opfer von Nazi-Gewalt erinnern soll, es zu Vandalismus kommt. Doch wir beantworten diesen destruktiven und unverständlichen Akt mit friedlichem Widerstand, hängen das Plakat einfach wieder auf und übernachten vor Ort, um es zu schützen", erklärt Festwochen-Intendant Milo Rau in einem Statement. "Alle, denen diese Botschaft nicht klar genug ist, laden wir ein, gemeinsam mit uns zu diskutieren. Machen wir aus dem 'Tag des Sieges' einen Tag der Liebe. Lasst uns, genau 80 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs, gemeinsam ein Bed-in machen: gegen Krieg, Hass und neuen Faschismus. Für Großzügigkeit, Toleranz - und eine Nacht voller wunderbarer Debatten und Träume am Schwarzenbergplatz."
Schon in den vergangenen Tagen hatten bekannte pro-russische Aktivisten in Wien Kritik an der Werbekampagne der Festwochen geübt: Mit "Ekelerregendes am Schwarzenbergplatz" kommentierte am Mittwoch etwa Dimitri Korenev in russischer Sprache auf Facebook ein Foto des Festwochenplakats vor dem Hintergrund des sowjetischen Kriegerdenkmals. Natallia Netschai schrieb von einem "absoluten Skandal" sowie einem "Akt grenzenloser Respektlosigkeit", dass ein solches Plakat ausgerechnet am Schwarzenbergplatz hängt. Dies sei ein Ort, der sowjetischen Soldaten gewidmet sei, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben für die Befreiung Österreichs gegeben haben.
Russland feiert "Tag des Sieges"
Korenev und Netschai sind dabei nicht nur Administratoren einer der größten russischsprachigen Facebook-Gruppen in Österreich, mit ihrem Verein "Menschen in Resilienz" organisieren sie in engem Kontakt zur russischen Botschaft für Freitag auch eine große Veranstaltung anlässlich des 80. Jahrestags des "Tag des Sieges" am Schwarzenbergplatz selbst. In Russland wird der "Tag des Sieges" über die Truppen der Nazis traditionell groß gefeiert.
Würden die Wiener Festwochen in Russland stattfinden, müssten ihre Organisatoren jedenfalls mit ernsthaften Konsequenzen rechnen: Im Zusammenhang mit einem vom Kreml lancierten Kampf für "traditionelle Werte" verbot der oberste Gerichtshof in Moskau 2023 eine "internationale LGBT-Bewegung" als extremistisch. Die öffentliche Demonstration von Plakaten wie jener der Festwochen würde aller Wahrscheinlichkeit nach als Extremismus strafrechtlich geahndet werden. Den Beteiligten würden in diesem Fall mehrjährige Haftstrafen drohen.
Festwochen-Intendant hat Einreiseverbot in Russland
Seit seinen "Moskauer Prozessen" 2013, dem Reenactment des Prozesses gegen Pussy Riot, hat Milo Rau Einreiseverbot in Russland. Die heutige Mahnwache, an der er persönlich teilnehmen wird, verstehe er auch als Kritik an der russischen Politik, der Invasion der Ukraine und der Unterdrückung von Kunst und Kunstfreiheit in Russland, hieß es seitens der Festwochen gegenüber der APA.
Nachdem um 17 Uhr Rau gemeinsam mit Mitgliedern des "Rats der Republik" und den Models der Plakatkampagne das Plakat wieder aufhängt, liest er ab 19.30 Uhr auf der Bühne des Burgtheaters bei der von ihm eingerichteten szenischen erstmaligen Lesung von Elfriede Jelineks Stück "Burgtheater" die Regieanweisungen. Danach will er ab 23 Uhr am "Bed-in der Republik der Liebe" teilnehmen, um "ein Zeichen der Liebe und der Versöhnung zu setzen in Zeiten des Kriegs und des Hasses".
Zusammenfassung
- Ein Plakat der Wiener Festwochen wurde am Schwarzenbergplatz verbrannt, was zu einer Anzeige gegen einen 33-jährigen Verdächtigen führte.
- Das Plakat zeigt zwei nackte Männer und ist inspiriert von John Lennon und Yoko Onos Bed-in gegen den Vietnam-Krieg.
- Die Wiener Festwochen planen eine Mahnwache und ein Bed-in als friedliche Antwort auf den Vandalismus.
- Pro-russische Aktivisten kritisieren das Plakat als respektlos gegenüber dem sowjetischen Kriegerdenkmal.
- Der Intendant Milo Rau, der Einreiseverbot in Russland hat, sieht die Mahnwache als Kritik an der russischen Politik.