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Festspiele Reichenau: Ein "Sommernachtstraum" am Semmering

05. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Mit der Wiederbespielung des Südbahnhotels am Semmering ist den Festspielen Reichenau ein Coup geglückt. Intendantin Maria Happel hat sich einen "Sommernachtstraum" erfüllt und Shakespeares Werk in einer Spielfassung von Sebastian Huber in den altehrwürdigen Sälen des Hauses inszeniert. Bei der Premiere am Freitagabend zeigte sich: Manches ist herrlich gelungen, manches bleibt rätselhaft - wie es eben so ist zwischen Traum und Leben.

Herrlich gelungen ist jedenfalls die Handwerkerpartie, angeführt von André Pohl als grandioser Squenz, Sebastian Wendelin ist ein wunderbarer Zettel, Florian Carove, Helmut Bohatsch, Jakob Semotan und Paul Basonga komplettieren die komödiantisch aus dem Vollen schöpfende Runde. Ein würdiges spätberufenes Herzogs- bzw. Elfenherrscherpaar geben Nicolas Brieger und Barbara Petritsch.

Helmut Thomas Stippich hat die musikalische Seite des Abends inne, lässt die Elfen singen und am Schluss die Mitwirkenden ein Volkslied anstimmen. Weniger beabsichtigt sind Handy-Klingeltöne aus dem Publikum. Etwa just als Titania sagt: "Wir wollen still den Weg zur Laube finden." Originell ist die Mutation des Handwerkers Zettel zum Esel, die vom fröhlichen Jodeln in ein eindeutig orgasmisches Eselsgeschrei mündet.

Happels Intention war es auch, die Handlung in die Entstehungszeit des Hotels zu verlegen und einen Touch von Jahrhundertwende einzubringen. Dafür hat sie unter anderem die Rolle des Poeten hinzugefügt, der das Stück begleitet und kommentiert (Martin Schwab macht das höchst charmant), aber auch mit Puck (Ludwig Blochberger im Schottenrock) ins Gehege kommt, der das Haus in ein Wellnesshotel verwandeln will. Ihre Inszenierung versteht Happel nicht zuletzt als "Hommage an Max Reinhardt" im Sinne aufwandloser Schlichtheit. Denn das immer noch prächtige Ambiente spielt ohnehin die eigentliche Hauptrolle.

Dass ausgerechnet Puck - sonst eine zentrale Figur - diesmal eher im Abseits steht, zählt zu den rätselhaften Seiten dieser Inszenierung. Beim Zickenalarm zwischen Hermia (Laura Dittmann) und Helena (Pia Zimmermann) und den Eifersuchtsduellen zwischen Lysander (Sebastian Egger) und Demetrius (Johannes Deckenbach) wird viel gebrüllt, und aus den angekündigten zweieinhalb Stunden Spieldauer wurden drei Stunden. An sich kein Problem, dennoch würde manchen Szenen Straffung guttun.

Den Staub aus der Welt blasen

Die Aufführung beginnt etwas zäh im Foyer, wandert dann weiter in den Waldhofsaal und nach der Pause in den Speisesaal. Besucher sollten für die Ankunft unbedingt viel Zeit einplanen, denn die Zufahrt direkt zum Hotel ist nicht möglich. Es gibt aber einen Shuttleservice sowohl vom Bahnhof als auch von der Passhöhe (und retour), wo Parkplätze zur Verfügung stehen.

Bemerkenswert ist der Schluss: Bei der Dreifachhochzeit gibt es trotz scheinbaren Happy Ends sehr unerfreute Mienen bei Hermia und Helena. Frauen haben offenbar nicht viel zu lachen - das dürfte wohl auch ein Hinweis auf die Gegenwart sein. Und der Poet verlässt die Bühne nachdenklich, den "Staub aus dieser Welt" blasend, und lässt auch das Publikum nachdenklich zurück. Nicht der schlechteste Effekt eines Theaterabends.

(Von Ewald Baringer/APA)

(S E R V I C E - Festspiele Reichenau im Südbahnhotel Semmering: William Shakespeare, Ein Sommernachtstraum. Regie: Maria Happel. U.a. mit Nicolas Brieger, Barbara Petritsch, Martin Schwab, André Pohl, Sebastian Wendelin, Florian Carove, Helmut Bohatsch, Jakob Semotan, Paul Basonga. Weitere Aufführungen bis 3. August sind durchwegs ausverkauft, es gibt Wartelisten. Information und Bildmaterial: www.festspiele-reichenau.at)

Zusammenfassung
  • Mit der Wiederbespielung des Südbahnhotels am Semmering feiern die Festspiele Reichenau einen großen Erfolg, wobei Maria Happel Shakespeares 'Sommernachtstraum' in einer neuen Fassung inszeniert hat.
  • Die Premiere am Freitagabend überzeugte besonders durch die komödiantische Handwerkergruppe, während einige Inszenierungselemente – wie die Nebenrolle von Puck und die auf drei Stunden verlängerte Spieldauer – für Irritation sorgten.
  • Alle Vorstellungen bis 3. August sind bereits ausverkauft, die Anreise erfolgt mittels Shuttleservice, da die direkte Zufahrt zum Hotel nicht möglich ist.