Emotionaler Salzburg-Morgen mit den Wiener Philharmonikern
Kommen Sie wegen Mahler, bleiben Sie wegen Schostakowitsch, galt mutmaßlich für viele Besucher des Großen Festspielhauses, lockte doch Mahler voraussichtlich zunächst mehr Zuhörer. Doch gerade die Interpretation des russischen Kraftwerks durch die Wiener fiel interessant aus. Die Streicher der Philharmoniker bringen unvermeidlich eine ungewohnte Wärme in die 1953 entstandene Schostakowitsch-Partitur, die, in der Endphase der Stalin-Herrschaft entstanden, ein Dokument der Angst vor der Willkürherrschaft und deren Überwindung darstellt.
Nelsons, der mit seinem Boston Symphony Orchestra eine Referenzeinspielung des symphonischen Schaffens von Schostakowitsch vorgelegt hat, imitiert diese Interpretation nicht mit den Wienern, sondern setzt auf deren Stärken, respektive weiß deren Eigenheiten einzubinden. Gerade die Bläser, die Tiefen des Orchesters lässt Nelsons glänzen.
Eine Katze im Tanz
Wie eine zum Sprung bereite Katze, treibt er die "Mäuse" vor sich her, die gebannt seinem Tanz folgen. Bei Schostakowitsch boxt er wörtlich das Blech zu Höchstleistung, schraubt sich in die Glissandi hinein, lädt zum Tanz mit den Philharmonikern. Und der 46-jährige Lette macht damit eine Zeit nahbar, als der symphonischen Musik noch solch eine Kraft von der Macht zugebilligt wurde, dass man sie unterdrücken wollte.
Am Beginn des Konzertmorgens stand hingegen mit Gustav Mahler ureigenstes Repertoire der Wiener Philharmoniker. Transparenter Klang war hier gepaart mit Pathos. Die Mahler'sche Überspanntheit, Überreizung des Fin de Siècle wurde fein ziseliert spürbar, ohne zu überziehen. Die Geigen gingen hier den bisweilen in der Intonation wackelnden Bratschen voran. In Summe keine leichte Kost zum Tagesauftakt, sondern ein emotionaler Schlag in die Magengrube zum Aufwachen.
(S E R V I C E - www.salzburgerfestspiele.at/p/wiener-philharmoniker-nelsons-2025)
Zusammenfassung
- Das Salzburger Festspielwochenende startete am Samstag mit einem Konzert der Wiener Philharmoniker, die unter Andris Nelsons Mahlers Adagio aus der unvollendeten 10. Symphonie und Schostakowitschs 10. Symphonie aufführten.
- Schostakowitschs 1953 entstandene Symphonie, ein Werk aus der Endphase der Stalin-Herrschaft, wurde von den Wiener Philharmonikern mit ungewohnter Wärme interpretiert und als Dokument der Angst und Überwindung beschrieben.
- Nelsons, 46-jähriger Lette, setzte gezielt auf die Stärken der Wiener Philharmoniker, insbesondere bei den Bläsern, und sorgte damit für einen emotionalen und kraftvollen Konzertmorgen im Großen Festspielhaus.