APA/APA/ImPulsTanz/Sang Hoon Ok

Die neue Lebensrealität des "Homo Faber" bei ImPulsTanz

25. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Der Mensch lediglich als Komponente eines Systems, das er selbst geschaffen hat: Diesen Zustand im postindustriellen Zeitalter, in dem wir längst zum kleinen Rädchen in einer langen Dienstleistungskette geworden sind, verhandelt die südkoreanische Compagnie Unplugged Bodies in ihrem Stück "Homo Faber - The Origin", das am Donnerstag im Rahmen von ImPulsTanz im Volkstheater Premiere feierte. Am Ende die Erkenntnis: Die Autonomie von Henri Bergsons "Homo Faber" ist dahin.

Und so steht der einst "schaffende Mensch" inmitten von geometrisch auf der Bühne platzierten Versandkartons, die - beeindruckend ausgeleuchtet - das erste Bild des Abends erschaffen. Dazwischen die neun Tänzerinnen und Tänzer, die der Choreograf Kyoung Shin Kim in graue Overalls gesteckt hat. Immer deutlicher wird der Raum zu einem fensterlosen, nur von Neonröhren erleuchteten Raum, im Hintergrund große Ventilatoren, die in dieser vielleicht unterirdischen Halle, in der nicht nur die Pakete, sondern bald auch die Menschen übers Fließband huschen, als Frischluftquelle dienen.

Beschallt werden die uniform agierenden Protagonisten zunächst von Mozarts "Lacrimosa" aus dem "Requiem". Derart apokalyptisch aufgeladen werden die Kartons beiseite geräumt und Tische angeordnet, auf und mit denen getanzt wird. Immer in Bewegung, immer im Fluss, oft im Gleichschritt. Die Versuche, aus dem Trott auszubrechen, werden zum wiederkehrenden Motiv. Parallel dringt die verzerrte Erzählstimme aus dem Off, die die Entwicklung des Menschen, der einst Herr über seine Werkzeuge war, hin zu Körpern innerhalb eines Systems aus Maschinen und Abläufen, die wir schon lange nicht mehr selbst kontrollieren.

Das Agieren mit Vorschlaghammer und Amboss evoziert ein leises Echo an eine längst vergangene Realität, mahnend und perfekt ausgeleuchtet wird ein Modell des Erdballs zunächst vorsichtig, dann immer drängender in die Choreografie miteinbezogen. Es ist ein Blick aus der Welt auf die Welt, die zwischen Schöpfung und Apokalypse ins Taumeln geraten ist, begleitet von harten Industrial Sounds.

Aufbegehren gegen den Zerfall

2019 hat sich die Compagnie im Rahmen ihrer "Homo"-Trilogie bereits dem "Homo Ludens" gewidmet, Anklänge daran finden sich auch in "Homo Faber", wenn etwa ein langes Brett als Rutsche und Wippe dient und das Spiel zum Ausgleich für die Arbeit wird. Diese Körper wehren sich immer vehementer gegen ihre Objektifizierung, ihren Zerfall, ihre zunehmende Nutzlosigkeit.

In seiner choreografischen Arbeit verbindet Kim zeitgenössischen Tanz, Streetdance und indischen Kathak. Seine Arbeiten entstehen nach mehrmonatiger intensiver Recherche, jede Geste soll "emotionale und philosophische Tiefe" erlangen, wie es im Programmheft heißt. Und so wird der einstündige Abend zu einer emotionalen wie philosophischen Achterbahnfahrt, auf der es am Ende rote Rosen regnet. Stürmischer Applaus war die Folge.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - ImPulsTanz: "Homo Faber - The Origin" von Kyoung Shin Kim / Unplugged Bodies. Weiterer Termin im Volkstheater: 26. Juli, 21 Uhr. www.impulstanz.at)

Zusammenfassung
  • Die südkoreanische Compagnie Unplugged Bodies präsentierte am Donnerstag im Volkstheater im Rahmen von ImPulsTanz die Premiere ihres einstündigen Stücks "Homo Faber - The Origin" mit neun Tänzerinnen und Tänzern.
  • Die Inszenierung thematisiert, wie der Mensch im postindustriellen Zeitalter zum kleinen Rädchen im System wird, wobei die Autonomie des 'Homo Faber' nach Henri Bergson als verloren gilt.
  • Mit starken Bildern, Musik von Mozarts "Lacrimosa" bis zu Industrial Sounds und einer Mischung aus zeitgenössischem Tanz, Streetdance und Kathak wurde das Publikum emotional bewegt und mit stürmischem Applaus belohnt.