APA/Leykam Verlag

"Der Hai im System": Kurt Palm setzt auf Horror mit Ansage

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"Monster" hieß vor drei Jahren der letzte Roman von Kurt Palm. In ihm trieben Riesenfische, Vampire und Ewiggestrige rund um einen idyllischen See ihr Unwesen. "Der Hai im System" heißt sein neues Buch, und auf dem Cover sieht man eine Szene, wie sie im Lauf der 280 Seiten auch tatsächlich vorkommt: Ein kleines Mädchen schaut in ein Haifischbecken. Ein kleines, doch nicht unwesentliches Detail fehlt auf dem Foto jedoch. Eines der wenigen, mit denen der Autor überrascht.

Hatte Palm bisher seinen Ehrgeiz stets auf möglichst viele Überraschungsmomente gelegt und konnte man als Leser beim Durchqueren des wilden Kurtpalmistan nie wissen, was einem hinter der nächsten Ecke erwarten würde, hat er diesmal seine Technik geändert. "Der Hai im System" ist Horror mit Ansage.

Die Affäre, die ein verheirateter Polizist und werdender Vater mit einem unguten Gefühl begonnen hat, geht am Ende tatsächlich schlecht aus. Der Sieg im Sorgerechtsstreit, den eine bemühte, doch überforderte Lehrerin gegen ihren Ex-Mann erringt, wird von diesem am Ende tatsächlich nicht widerstandslos hingenommen. Das Sturmgewehr, das ein vom Leben tief Enttäuschter problemlos beim Bundesheer mitgehen ließ und in seiner Wohnung stets bereithält, wird am Ende tatsächlich in Betrieb genommen.

Es geht Palm, der das Leben mehrerer Menschen parallel verfolgt, um deren Schicksale schließlich unheilvoll miteinander zu verknüpfen, nicht um Suspense und Surprise. Es geht ihm um Psychogramme, um einzelne Tiefenbohrungen in einer Gesellschaft, die er so versumpft und verschlammt findet, dass es kein Wunder ist, das niemand mehr in ihr Halt findet. Die einen versinken in Verzweiflung und Hilflosigkeit. In den anderen entsteht Hass und Gewalt. Toxische Männlichkeit, die nicht zur Vergiftung, sondern zur Explosion führt.

Palm hat als Autor wie als Regisseur seine Verdienste - dialektisch geschult, weltanschaulich gefestigt und ohne Scheu vor dem Groben und Deftigen. Jüngst wurde am Linzer Theater Phönix seine dystopische Horrorklamotte "This is the End, my Friend" uraufgeführt. Das Sammelbecken des Scheiterns ließ das Publikum eher ratlos zurück. Ähnlich geht es auch den Lesern von "Der Hai im System". Alles ziemlich schrecklich, ja, eh. Aber das wurde schon um einiges präziser und pointierter gesagt. Der Haifisch hat zwar noch immer Zähne. Doch sie waren schon mal schärfer. Blut fließt freilich dennoch in Strömen.

(S E R V I C E - Kurt Palm: "Der Hai im System", Leykam Verlag, 304 Seiten, 23,50 Euro; Buchpräsentation am 21. September, 20 Uhr, im Wiener Rabenhof Theater.)

ribbon Zusammenfassung
  • "Monster" hieß vor drei Jahren der letzte Roman von Kurt Palm.
  • "Der Hai im System" heißt sein neues Buch, und auf dem Cover sieht man eine Szene, wie sie im Lauf der 280 Seiten auch tatsächlich vorkommt: Ein kleines Mädchen schaut in ein Haifischbecken.
  • (S E R V I C E - Kurt Palm: "Der Hai im System", Leykam Verlag, 304 Seiten, 23,50 Euro; Buchpräsentation am 21. September, 20 Uhr, im Wiener Rabenhof Theater.)